Musik an sich


Reviews
Bob Dylan

Shadows in the Night


Info
Musikrichtung: Singer / Songwriter

VÖ: 30.01.2015

(Columbia / Sony)

Gesamtspielzeit: 35:22

Internet:

http://www.bobdylan.com


Eine eher überraschende Kombination. Shadows in the Night ist ein persönlicher Tribut von Bob Dylan an Frank Sinatra. Der kantige, raue, manchmal schroffe, fast immer unbequeme Grantler verbeugt sich vor dem Charmeur und Crooner, dem Liebling der High Society, der mit Mafia und Präsidenten verkehrte. Ist der rebellische Geist des Greenwich Village und von Woodstock dem klebrigen Leim von Broadway und Las Vegas erlegen?

Zehn Mal erklingen Stücke, die Frankie Boy einst in die Mikrofone geschmalzt hat. Davon aber ist nichts mehr zu hören. His Bobness stript die Stücke deutlich runter, reduziert sie auf ihre Kerne. Die Politur verschwindet. Aber er verwandelt sie auch nicht einfach in Dylan-Stücke.

So weich und melodisch, so zärtlich hat man Dylan selten erlebt. Das wird dem einen oder anderen Kritiker und Fan zahnlos und müde vorkommen. Ein Urteil, das angesichts eines recht provokationsfreien Albums vordergründig berechtigt zu sein scheint. Aber wie so oft, lohnt sich ein zweiter Blick.

Es muss die elegant zuvorkommende Attitüde Sinatras sein, die den Songwriter fasziniert hat. Aber er kopiert sie nicht. Er inkorporiert sie in seinen ureigenen Stil. Das Ergebnis wirkt im Vergleich zu seinen klassischen angriffslustigen Sticheleien abgeklärt und altersweise. Dylan ruht so sehr in sich selber, wie nie zuvor.

Ob der Schnitt zwischen seinem bisherigen Werk und Shadows in the Night so grundlegend ist, wie der legendäre Übertritt vom akustischen Folkie zum elektroverstärkten Songwriter mag die Geschichte beurteilen. Wahrscheinlich ist dem – gerade wegen des Tribut-Charakters des aktuellen Albums - nicht so. Es sei denn, Dylan würde damit ein Phase ähnlich arrangierter Alben einläuten.

Dann macht die Bandbreite von Shadows in the Night Lust auf die Zukunft. Hier kann er es sehr puristisch, wie in dem Opener „I'm a Fool to want you“. „Some enchanted Evening” wiegt sich im Walzertakt. „The Night we called it a Day”, eins der Highlights des Albums, verbindet das melodisch Weiche mit einer rauen Säuferstimme. „Stay with me” antwortet darauf sofort rau aber zärtlich. Daneben gibt es fast schnulzige Balladen.

Wie immer man das Album und sein Konzept beurteilt, eins macht Bob Dylan damit deutlich: Er hat noch lange nicht alles gesagt, was er (musikalisch) zu sagen hat.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1I'm a Fool to want you 4:51
2 The Night we called it a Day 3:24
3 Stay with me 2:57
4 Autumn Leaves 3:01
5 Why try to change me now 3:38
6 Some enchanted Evening 3:28
7 Full Moon and empty Arms 3:27
8 Where are you? 3:38
9 What'll I do 3:20
10 That lucky old Sun 3:37
Besetzung

Bob Dylan (Voc)
Tony Garnier (B)
Donny Herron (Pedal Steel)
Charlie Sexton (Git)
Stu Kimball (Git)
George C. Receli (Perc)

Gäste:
Francisco Torres (Posaune <1,2>)
Andrew Martin (Posaune <1,10>)
Alan Kaplan (Posaune <2>)
Daniel Fornero (Trompete <10>)
Larry G. Hall (Trompete <10>)
Dylan Hart (Horn <1>)
Joseph Meyer (Horn <2>)



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