Musik an sich


Reviews
Koechlin, Ch. (Van Raat)

Les heures persanes


Info
Musikrichtung: Klassische Moderne Klavier

VÖ: 02.01.2012

(Naxos / Naxos / CD / DDD / 2010 / Best. Nr. 8.572473)

Gesamtspielzeit: 56:44



ATMOSPHÄRISCH & VIRTUOS

Was bei dieser Einspielung von Charles Koechlins Klavierzyklus Les heures persanes sofort auffällt, ist der virtuose, klangvolle Zugriff des niederländischen Pianisten Ralph van Raat. Anders als Michael Korstick, der die Musik gleichsam durchweg ‚aus der Ferne‘ und wie eine Fata morgana erscheinen lässt, sie dabei aber zugleich sehr strukturbewusst und mit kühlen, kristallinen Klangfarben inszeniert, geht Van Raat mit mehr pianistischem Ausdruck und Feuer an diese gar nicht immer so impressionistisch-zarten Miniaturen heran. Er benötigt rund 56 Minuten für die 16 Stücke, bei Korstick währt die Reise durch das ferne Persien ganze 10 Minuten länger! Wo bei Korstick die Musik einen geheimnisvollen Schwebezustand wahrt, gewinnt der ferne Orient bei Raat schärfere Konturen; die Szenen, die bei Korstick wie Stilleben wirken, bekommen in der Einspielung Dramatik und Lebendigkeit, die Kontraste treten stärker in den Vordergrund. Interessant auch, wie sehr bei Raat Koechlins Harmonik und Gestik manchmal an einige der späten Klavieretüden von György Ligeti erinnern (Z. B die Stücke L’Escalade obscure oder Roses au soleil de midi, denen man Ligetis Etüden Nr. 3 „Cordes a Vide“ oder Nr. 5 „Arc-en-ciel“ an die Seite stellen kann).

Korstick fordert den Hörer durch seine Kunst der Langsamkeit heraus, die klanglich-harmonischen Verläufe und die Konstruktion der Musik in großen Bögen zu hören, van Raat betont demgegenüber überzeugend den malerischen Gestaltreichtum der Musik. Eine wertvolle Ergänzung!
Leider vermag die Aufnahme klanglich nicht ebenso für sich einzunehmen: Hintergründig lässt sich immer wieder ein ominöses dumpfes Klirren vernehmen (die Pedalmechanik?), das sich wie Mehltau über den Klavierklang legt.



Georg Henkel



Besetzung

Ralph van Raat: Klavier


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