Musik an sich


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Diverse franko-flämische Komponisten u. a. (Mezzaluna)

Recorders greate and smale. Musik für das Blockflötenkonsort des englischen Hofes


Info
Musikrichtung: Barock instrumental

VÖ: 20.01.2010

(Ramée / Codaex CD / DDD / 2008 / Best. Nr. RAM 0907)

Gesamtspielzeit: 66:09



FILIGRANE SCHÖNHEITEN

Recorders greate and smale - diese CD ist ein Hörerlebnis der angenehmen Art, was bei diesem Repertoire vielleicht nicht unbedingt zu erwarten war: Auf der Platte befinden sich 30 Stücke, die vom Ensemble Mezzaluna auf zwei unterschiedlichen Blockflötenkonsorts dargeboten werden. Das klingt nach eintöniger Kost, sozusagen nach gehobenem Musikschulrepertoire. Aber sowohl die Auswahl der Stücke wie auch ihre Besetzung und damit der Klangcharakter sind recht unterschiedlich. Man vergleiche nur das funkelnde verspielte vierstimmige Eröffnungstück von Antoine de Févin mit den dunklen Farben, die das Ensemble einer fünfstimmigen Komposition von Adriaan Willaert (Nr. 16) beigegeben hat. Ganz anders wieder ein reich figuriertes, fast schon konzertant barock anmutendes Werk von Orlando di Lasso (Nr. 20), das in vollklingender Sechsstimmigkeit vorbeizieht.
Ein großes, aus sechs Flöten bestehendes Ensemble war ursprünglich allein den fürstlichen Ohren vorbehalten. Womit wir beim Setting sind, in der diese Musik – möglicherweise! – erklungen ist: dem englischen Hof.
Der Untertitel „Musik für das Blockflötenkonsort des englischen Hofes“ mag angesichts der oben angeführten frankoflämischen Komponisten verwundern. Doch lag gerade deren Musik im 16. Jahrhundert auf der Insel im Trend. Was seinerzeit genau gespielt wurde, lässt sich nicht mehr eruieren, doch Adrian Brown führt im Beiheft genügend Indizien für eine schlüssige Werkzusammenstellung an.

Eigene Stücke wurden für diese sehr beliebte Besetzung wohl nicht oder kaum geschrieben. In der Regel griff man auf bekannte Kompositionen zurück, Vokalmusik zumeist, die dann arrangiert wurde. Févins Stück ist eigentlich ebenso wie dasjenige Lassos eine geistliche Motette (Adiutorium nostrum bzw. Lauda Jerusalem) und Willaerts Komposition ein weltliches Madrigal. Aber auch reine Instrumentalsätze, die ursprünglich für Posaunen und Zinken geschrieben wurden, sich auf den Blockflöten aber sehr gut ausführen lassen, wurden in das Programm aufgenommen. Bei den Allemanden, Pavanen oder Galliarden handelt es sich um Tänze aus dem Fitzwilliam Wind Manuscript, die sich mit den vokalen Vorlagen zu einem stimmigen Ganzen verbinden. So könnte es in der Tat gewesen sein, wenn die Royal Recorders ihr anspruchsvolles Publikum unterhielten.

Und was das Spiel von Mezzaluna angeht, ist es über jeden Zweifel erhaben. Keine Schwebung trübt das kontrapunktische Geflecht, alles klingt punktgenau und volltönend. Die Schönheiten des filigranen Satzes werden ganz selbstverständlich vor den Ohren des Hörers ausgebreitet. Ein wahrhaft königliches Niveau, das auf dem Nachbau zweier prächtiger Renaissance-Flötenensembles mit teilweise eindrucksvollem Bassformat präsentiert wird.



Georg Henkel



Besetzung

Mezzaluna


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