Musik an sich


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Biber- Tunder – Weckmann u. a. (Van der Velden)

Harmoniae Sacrae


Info
Musikrichtung: Barock Geistliche Musik

VÖ: 19.02.2010

(Ramée / Codaex CD / DDD / 2009 / Best. Nr. RAM 0905)

Gesamtspielzeit: 62:59



HERBE SCHÖNHEIT

Schier unerschöpflich ist das Repertoire an geistlicher Musik aus dem 17. Jahrhundert. Und diverse Aufnahmen dieser meist unter „kleinmeisterlich“ verbuchten Musik haben inzwischen gezeigt, dass sich darunter zahlreiche Meisterwerke befinden, die ohne weiteres mit der katholischen und protestantischen Kirchenmusik des 18. Jahrhunderts mithalten können.

Vorliegende Produktion unter dem Titel Harmoniae Sacrae bietet einen kleinen, aber feinen Querschnitt durch das inzwischen nicht mehr ganz so unbekannte Repertoire. Zu einem regelrechten Hit hat sich mittlerweile Wie liegt die Stadt so wüste von Matthis Weckmanns entwickelt. Es handelt sich um eine Klagelied-Vertonung (nach dem Propheten Jeremias), eine düstere biblische Mediation von suggestiver Kraft. Ähnlich verhält es sich mit Franz Tunders Motette An Wasserflüssen Babylon, eine Vertonung des 130. Psalms. Unbekannter sind die Kompositionen von Johann Valentin Meder oder Benedictus Buns (a Sancto Josepho). In ihrer herben Moll-Tonalität und dem kontemplativen, grüblerischen Grundaffekt freilich ähneln ihre Stücke den beiden anderen Werken, unabhängig von der konfessionellen Zugehörigkeit.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg brauchte Deutschland sehr lange, um den kulturellen Anschluss an das übrige Europa zu finden. Die desolaten Verhältnisse nach der militärischen und religiösen Katastrophe schlugen sich in einer inbrünstigen, verhaltenen und kleinbesetzten Musik nieder. Dafür ist auch Christoph Bernhards „Oster-Oratorium“ Sie haben meinen Herrn hinweggenommen ein schönes Beispiel. Die Klage Maria Magdalenas über das leere Grab färbt das ganze Stück und noch der konzertierende Osterjubel bei der Christusbegegnung hat etwas eigentümlich Gedämpftes und Elegisches.
Das Ensemble L’Armonia Sonora setzt unter der Leitung der Gambistin Mieneke van der Velden abgesehen von zwei Violinen und der Continuo-Violone vor allem auf den Reiz der älteren Streichinstrumente: Der warme Gambenklang dominiert diese Einspielung und fügt sich bestens zu den herbstlichen Harmonien der Musik. Vorzüglich sind auch die beiden Vokalparts besetzt: Hana Blazikovas schwereloser, aber substanzreicher Sopran glänzt wie altes Silber oder Perlmutt. Dagegen setzt Peter Kooij seinen immer noch satten, erdig-dunklen Bass. Beide zeichnen sich überdies durch sehr gute Diktion und eine angemessen ausdrucksvolle, aber nicht theatralische Darstellung aus.



Georg Henkel



Trackliste
1Franz Tunder: An den Wasserflüssen Babylon
2 Johann Valentin Meder: Gott hilf mir / Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn
3 Matthias Weckmann: Wie liegt die Stadt so wüste
4 Heinrich Ignaz Franz von Biber: Sonata IV
5 Christoph Bernhard: Sie haben meinen Herrn hinweggenommen
6 Benedictus Buns (a Sancto Josepho): Obstupescite
Besetzung

Hana Blazikova: Sopran
Peter Kooij: Bass

L’Armonia Sonora
Mieneke van der Velden: Gambe & Leitung



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