Musik an sich


Reviews
Klaus Schulze

La Vie Electronique 1 – 1968-1972


Info
Musikrichtung: Elektronik

VÖ: 06.02.2009

(Revisited Records SPV 306522 3CD - REV 108)

Gesamtspielzeit: 234:48

Internet:

http://www.klaus-schulze.com


Elektronikpionier Klaus Schulze war in letzter Zeit sehr umtriebig und so erschienen gleich mehrere neue brillante Werke wie Farscape und Rheingold zusammen mit Lisa Gerrard. Daneben wird aber auch fast der komplette Backkatalog in hervorragenden Editionen über Revisited Records / SPV neu aufgelegt. Bei La Vie Electronique 1 – 1968-1972 handelt es sich nun um den ersten Teil, der Werke aus den vergriffenen Historic Edition und Jubilee Edition auf drei CDs vereint, aber auch bisher unveröffentlichte Werke zugänglich macht. Teil 2 wird zeitgleich veröffentlicht und weitere Teile werden in diesem Jahr noch folgen.

Es ist immer wieder faszinierend, mit welchen geringen Mitteln damals gearbeitet werden musste und welche Kreativität notwendig war, um diese Musik zu entwickeln. Gleich das erste Stück auf CD 1 “I was Dreaming I was Awake and then I Woke Up and Found Myself Asleep“ (aufgenommen 1970/71) ist so ein wunderbares Beispiel. Aufgenommen noch bevor die erste Platte Irrlicht erschien liefert es ein dem Titel entsprechendes düsteres pulsierendes Werk, das mit nicht viel mehr als einer Teisco-Orgel, Hallspirale, Mikrofonen, einem kleinen Echomixer und einem Fender- Gitarrenverstärker aufgenommen wurde. Heute nahezu unvorstellbar. Mit viel Experimentierfreude stürzte sich Klaus Schulze ins kalte Wasser und schuf bis an die Schmerzgrenze intensive pulsierende Musik und einen völlig neuen Klangkosmos.

“The Real McCoy“ (aufgenommen 1968/71) ist weniger düster ausgefallen mit mehr Klangflächen, die sich immer mehr steigern und mit kleinen Gesangseffekten abwechslungsreich gestaltet sind. “Tempus Fugit“ (aufgenommen 1968/71) ist ähnlich gelagert. Musik in die man sich fallen lassen muss.
“Dynamo“ (aufgenommen 1970/71) nimmt wieder die Stimmung des ersten Stücks auf und ist dabei wieder deutlich rhythmischer ausgefallen. Abgeschlossen wird die erste CD mit einem kurzen Interview-Schnipsel von 1970 mit einem kurzen Statement zur Entstehung/Entwicklung der elektronischen Musik.

Die zweite CD beginnt mit dem halbstündigen “Traumraum“ (aufgenommen 1970). Untergliedert ist das Stück in vier unterschiedliche Teile. Der zweite Teil “Es ist Abend“ zaubert dabei wieder eine düstere Atmosphäre, die in das pulsierendes “Ob es regnet“ übergeht, um eine völlig neue Traumwelt zu schaffen. Die mit gut sieben Minuten kurze “Study For Brian Eno“ (aufgenommen 1970/71) ist wieder melodiöser ausgefallen mit zum Teil sphärischen Klängen. “Cyborgs Traum“ ist wieder eine symphonische Komposition in vier Sätzen von knapp vierzig Minuten, die wieder Traumlandschaften im Kopf entstehen lässt. Im sehr rhythmischen zweiten Teil “Hasten Slowly“ ist noch deutlich zu hören, dass Klaus Schulze ursprünglich vom Schlagzeug her kommt.

Höhepunkt bildet für mich allerdings CD 3 mit dem knapp 65-minütigen “Die Kunst, hundert Jahre alt zu werden“ (aufgenommen 1971/72). In dem achtteiligen Werk wechseln epische Breiten, verschiedene Klangkosmen und blubbernde Sounds in nahezu perfekter Weise ab und bilden ein Gesamtkunstwerk, wie es in dieser Form und Intensität eigentlich nur Klaus Schulze schaffen kann. Abgerundet wird die CD mit der “Study for Tery Riley“ (aufgenommen 1971/72) und mit dem wieder sehr rhythmischen “Les jockeys camouflés“ (aufgenommen 1972).

La Vie Electronique 1 – 1968-1972 gehört in jede Sammlung elektronischer Musik. Ein großes Lob ans Label Revisited Records / SPV für die herausragende Aufbereitung von Klaus Schulzes Backkatalog. Die Liner Notes von Klaus D. Müller sind wie immer sehr interessant und die Verpackung im Digipack sehr gelungen. Erstaunlich, welche Schätze noch immer auf ihre breite Veröffentlichung warten. Höchste Empfehlung!



Ingo Andruschkewitsch



Trackliste
CD 1:
I was Dreaming I was Awake and then I Woke Up and Found Myself Asleep (bisher unveröffentlicht) [24:51]
1. I Was Dreaming I Was Awake [07:10]
2. AndThen I Woke Up [08:15]
3. And Found Myseself Asleep [09:26]

4. The Real McCoy (Historic Edition, CD 10) [12:54]

Tempus Fugit (Historic Edition, CD 4) [26:24]
5. Time Never Dies [13:10]
6. The Age Of Shopping [13:14]

7. Dynamo (Historic Edition, CD 7) [14:19]

8. Interview 1970 [00:24]

CD 2:
Traumraum (Historic Edition, CD 10) [31:36]
1. Mit jungen Augen [09:30]
2. Es ist Abend [05:48]
3. Ob es regnet [07:37]
4. Heißer Tag [08:41]

5. Study For Brian Eno (Jubilee Edition, CD 16) [07:20]

Cyborgs Traum (Jubilee Edition, CD 7) [39:15]
6. Fuzzy Logic [09:39]
7. Hasten Slowly [10:39]
8. Feed your Head [07:38]
9. Electric Dream [11:19]

CD 3:
Die Kunst, hundert Jahre alt zu werden (Jubilee Edition, CD 10) [64:09]
1. Frühlicht [03:28]
2. Etude pour une fin du monde [10:06]
3. Bruitismus [09:58]
4. Die Kultpumpe [03:33]
5. Loch im Meer [01:53]
6. Maschinenspiele [15:11]
7. Die grüne Leiche [07:08]
8. Gesang zur Dämmerung [12:52]

9. Study for Terry Riley (Jubilee Edition, CD 17) [05:08]

10. Les jockeys camouflés (Jubilee Edition, CD 10) [08:03]
Besetzung

Besetzung:
Klaus Schulze


 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>