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Stream of Passion

Embrace the Storm


Info
Musikrichtung: Gothic / Prog

VÖ: 21.10.2005

(InsideOut / SPV)

Gesamtspielzeit: 53:58

Internet:

http://www.streamofpassion.com


Vor gut zehn Jahren gebar eine holländische Band einen neuen Trend. The Gathering verbanden düsteren Metal mit einer hellen Frauenstimme. Die metallische Variante von Die Schöne und das Biest war angetreten und verzauberte nicht zuletzt die harten Nieten bewehrten Headbanger, öffnete aber auch weiblichen Fans eine neue Identifikationsmöglichkeit mit dem härteren Musiksegment. In den Jahren danach wurde das Konzept erweitert, variiert, banalisiert und wiederholt – so oft und so hemmungslos, dass sich viele Fans mit einigem Recht schon abzuwenden begannen, wenn eine Band mit Frontelfe überhaupt nur am Horizont auftauchte.

Jetzt treten Stream of Passion an. Der Bandname, ein düsteres Cover mit zartem Frauenkopf und die Besetzung „berühmter Musiker (Arjen Anthony Lucassen) schmückt sich mit Sängerin" dürften vor diesem Hintergrund bei etlichen Menschen schon den ersten Fluchtimpuls auslösen. Und die zarte, zerbrechliche Stimme von Frau Bovio, die gelegentlich auch schon mal ins Jammernde abdriftet, scheint dem wiederum ein gewisses Recht zu geben.

Aber vor der Flucht sollte man erst einmal genauer hinhören. “Spellbound“ präsentiert die hohe zerbrechliche Stimme vor dramatischer Prog-Kulisse. “Passion“ fügt diesem fesselnden Wechsel eine treibende Rhythmik hinzu. “Deciever“ ist treibender Melodic Prog mit groovendem Bassfundament, ein feines Stück garniert mit einer ruhigen Zigeunervioline. “I’ll keep on dreaming“ beginnt sehr ruhig, wacht dann aber sich dramatisch steigernd mit viel Piano auf. In dem ruhigen Goth-Prog Song “Hautend“ - zarte Stimme plus harte Gitarren – kann die Mexikanerin mit spoken Words in Spanisch Akzente setzen.

Bis hierhin ist es der von Bovio (Kompositionen und Texte) und Lucassen (Produktion) geleiteten Band gelungen eines der atmosphärischten, frischten und lebendigsten Gothic-Alben seit den ersten Erfolgen von The Gathering abzuliefern. Ab “Out in the real World” knüpfen sie an dieses Level auch wieder an. Insbesondere die dramatische Abschlusshymne weiß – mit punktuellen Savatage-Anklängen – zu gefallen.

Bis die Endphase der CD erreicht ist, muss sich der Hörer allerdings durch die Niederungen der Mitte arbeiten, in denen sich Stream of Passion in die Legion der identitätslosen The Gathering-Clones einzureihen droht. Hier sind die Stücke ausdrucksloser, haben weniger Druck und Atmosphäre. Hier finden sich auch die Phasen, in denen die Stimme von Marcela Bovio eher auf die Nerven geht.
Ausnahme im Mittelfeld ist der kraftvolle Melodic Prog Rocker “Embrace the Storm“, dem zu Recht die Ehre des Titeltracks zugesprochen wurde.

Keine Frage: Embrace the Storm ist – wenn auch nicht ohne Schwächen – ganz sicher keine Scheibe zum davonlaufen, sondern eine neue Perle in einem Genre, das für viele Beobachter schon verendet zu seien schien.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Spellbound 3:35
2Passion 5:20
3Deceiver 5:07
4I'll keep on dreaming 3:45
5Haunted 4:30
6Wherever you are 5:08
7Open your Eyes 5:13
8Embrace the Storm 4:11
9Breathing again 3:38
10Out in the real World 4:30
11Nostalgia 3:08
12Calliopeia 5:40
Besetzung

Marcela Bovio (Voc, Violine)
Lori Linstruth (Lead Git)
Arjen Anthony Lucassen (Git)
Davy Mickers (Dr)
Alejandro Millán (Klavier)
Johan van Stratum (B)



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