Musik an sich


Reviews
Feldman, M. (The Group for Contemporary Music)

String Quartet (1979)


Info
Musikrichtung: Neue Musik

VÖ: 02.01.2006

Naxos / Naxos
CD DDD (AD 1994) / Best. Nr. 8.559190


Gesamtspielzeit: 78:35



GEFROSTETE KLÄNGE

Das 1979 komponierte String Quartets des amerikanischen Komponisten Morton Feldman eröffnete die Reihe seiner überlangen Stücke. Die Uraufführung des Werks dauerte über anderthalb rekordverdächtige Stunden und sowohl Ausführende wie Zuhörer an ihre (Gedulds)Grenzen geführt. Bei der zweiten Aufführung 1981 erschien das gespannt-überforderte Publikum dem amerikanischen Komponisten wohl nicht von ungefähr wie eine „lynchwütige Meute“.
„Ich lasse die Dinge los,“ sagte Feldman bei Gelegenheit zu seinen extrem langen Stücken, denen er sich seit Anfang der 80er Jahre mit wachsender Konsequenz widmete. Sein String Quartet II (1984) sollte schließlich viereinhalb bis fünf Stunden dauern!

Es ist eine seltsame "losgelassene" Klangwelt die Feldman hier entstehen lässt. Die vier Streicher spielen die ganze Zeit mit Dämpfer, so dass die Musik wie mit einem harten Bleistift gezeichnet wirkt, ein aschfahler Grau-in-Grau-Klang.
Es gibt kein klassisches „Thema“, das hier „verarbeitet“ würde. Vielmehr folgen Klangbausteine scheinbar wahllos aufeinander. Ausgehend von einer chromatischen Zelle aus drei oder vier benachbarten Tönen formuliert und kombiniert Feldmann ein Kaleidoskop von immer neuen, feinst abschattierten und orchestrierten Patterns, meist an der unteren Lautstärkegrenze. Diese Bausteine sind für sich genommen leicht zu identifzieren: ein Pizzicato-Komplex, eine Glissando-Fläche, eine Formation unterschiedlicher Cluster, ineinander verwobene Linien, rhythmisches Pulsierens, Einzeltöne … Diese Muster sind abstrakt und konkret zugleich. Auf die Dauer des ganzen Werks verliert man die Orientierung. Das ist Feldmans Absicht. „Echte“ und „scheinbare“ Wiederholungen erzeugen die Illusion von größeren Zusammenhängen oder schenken kurze Augenblicke des Wiedererkennens, die sich schnell als Täuschung entpuppen. Ganz sicher kann man sich da aber nie sein.

In dieser 1994 entstandenen und zuerst bei Koch Schwann veröffentlichten sehr kompetenten Einspielung von The Group for Contemporary Music dauert das exotische Werk rund 80 fasziniernd-enervierende Minuten. Es ist zur Zeit die Einzige erhältliche Aufnahme und als Einstieg in das esoterische Spätwerk Feldmans sehr gut geeignet.



Georg Henkel



Trackliste
String Quartet (1979) 78:35
Besetzung

The Group for Contemporary Music
Benjamin Hudson & Carol Zeavin: Violine
Lois Martin: Viola
Joshua Gordon: Cello


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