Musik an sich


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Brahms (Sandmann/Vierlinger)

Die Boten der Liebe (Brahms-Raritäten)


Info
Musikrichtung: Kammermusik / Romantik

VÖ: 19.10.2005

Amadeo / Universal Music (CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. 4763089)

Gesamtspielzeit: 74:46

Internet:

Lydia Vierlinger

Doerthe Maria Sandmann



BRAHMS MEETS HÄNDEL

Händel-Bearbeitungen von Mozart kennt man gemeinhin, aber wer weiß schon etwas über die besondere Beziehung von Johannes Brahms zu Händel? Und doch bemühte sich Brahms nicht nur als Direktor der Wienr Singakademie um die Wiederbelebung der sog. Alten Musik, sondern wandte sich ihr auch kompositorisch zu. Neben den Händel-Variationen op. 24 sind die von Brahms instrumentierten Kammerduette Frucht dieser intensiven Auseinandersetzung mit der Epoche des Barock. Schon 1870 setzte der Komponist die händelschen Baßbezifferungen in eine Klavierbegleitung für insgesamt sieben Duette um, 1880 folgten weitere sechs Werke. Aus beiden Gruppen werden hier Stücke vorgestellt und es zeigt sich, dass Brahms bei den früher instrumentierten Werken noch stark der Konvention verhaftet bleibt, die Ausarbeitung der Begleitung später (hier in "Beato in ver chi può" und "Fronda leggiera e mobile") hingegen wesentlich moderner und teils tatsächlich romantisch geraten ist.

Lydia Vierlingers knabenhafte Altstimme passt wunderbar zu dieser Musik, während der Sopranistin Doerthe Maria Sandmann die Gesangslinien manchmal ein wenig zu hart geraten. Beide Sängerinnen bevorzugen in Betonung des kammermusikalischen Charakters eine schnörkellose Art der Darbietung, die das mittlerweile an der historischen Aufführungspraxis geschulte Ohr überraschen mag, der Musik aber viel von ihrer ganz natürlichen Leuchtkraft zurückgibt.

Gegenübergestellt werden diesen Werken einige volksliedhafte Duette. Meisterhaft verschmelzen hier Volkston und satztechnische Kunstfertigkeit. Die dramatischen Möglichkeiten des Duetts weiß Brahms zu nutzen, um bei aller scheinbaren Schlichtheit eine beachtliche Binnenspannung zu erzeugen.
Hier sind Vierlinger und Sandmann ganz in ihrem Element, schattieren geschickt und abwechslungsreich, wandern mit großer Sicherheit auf dem schmalen Grat zwischen Volks- und Kunstlied. Das Lied "Wir Schwestern zwei" mag man da programmatisch verstehen, denn die beiden Sängerinnen zeigen sich in Ansatz und Interpretation von so geschwisterlicher Eintracht, dass diese Duette wirklich Freude bereiten.
Russell Ryan begleitet am Klavier zurückhaltend, aber souverän.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-3 Händel/Brahms: Tanti strali al sen mi scocchi XII
4 Brahms: Wir Schwestern zwei op 61/1
5 Brahms: Die Meere op. 20/3
6 Brahms: Guter Rat
7 Brahms: Phänomen op. 61/3
8-9 Händel/Brahms: Langue (XIII)
10 Brahms: All mein Gedanken
11 Brahms: Da unten im Tale
12 Brahms: Hüt Du Dich
13 Brahms: Am Strande op. 66/3
14-15 Händel/Brahms: Se tu non lasci amore (XIV)
16 Brahms: Dort in den Weiden steht ein Haus
17 Brahms: Soll sich der Mond nicht heller scheinen
18 Brahms: Klosterfräulein op. 16/2
19 Brahms: Die Boten der Liebe op. 61/4
20 Händel/Brahms: Beato in ver chi può
21 Brahms: So will ich frisch und fröhlich sein
22 Brahms: In stiller Nacht
23 Brahms: Jägerlied op. 66/4
24 Brahms: Klänge I op. 66/1
25 Brahms: Klänge II op. 66/2
26-27 Händel/Brahms: Fronda leggiera e moblie (Nr. 5)
Besetzung

Doerthe Maria Sandmann, Sopran
Lydia Vierlinger, Alt

Russell Ryan, Klavier



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