Tüür, E.-S. (Üksvärav, E.)

Canticum Canticorum Caritatis. Chorwerke


Info
Musikrichtung: Neue Musik / Chor

VÖ: 03.03.2023

(Alpha / Note 1 / CD / DDD / 2014-2021 / Alpha 917)

Gesamtspielzeit: 61:04



VERSÖHNTE GEGENSÄTZE

Der estnische Komponist Erkki-Sven Tüür, Jg. 1959, komponiert eine Musik der versöhnten Gegensätze zwischen Moderne und Tradition. Das Ergebnis ist eine Postmodernität, die zeitlos wirkt. Tüürs Musik kennzeichnet ein starkes Formbewusstsein, dass es dem Komponisten gestattet, die verschiedenen musikalischen Kräfte in einem oft durch Zahlen und proportionale Entwicklungen bestimmten „vektoriellen“ Prozess zu integrieren, aus dem dann das jeweilige Werk hervorgeht.
Die klanglichen Mittel der Avantgarde, die erweiterte Klangvorstellungen jenseits der Tonalität bis hin zum Geräusch integriert hat, finden sich da in selbstverständlichen Miteinander mit einer Harmonik, die auf modalen oder diatonischer Skalen bzw. Dreiklängen beruhen kann. Abstrakte Vorgänge verbinden sich so mit unmittelbar sinnlichen und fasslichen Klangwirkungen, die mit den Hörenden kommunizieren.

Dabei gibt es einen stark introvertierten Zug. Die Musik vermeidet expressionistische Gesten und äußerlicher Effekte zugunsten einer starken, wenngleich durchaus spannungsvollen Hinwendung nach innen, ohne dadurch lediglich einen spirituell anmutenden Eskapismus zu bedienen.

Dafür sind die auf diesem Album versammelten A-Capella-Chorwerke Tüürs ein gutes Beispiel. Tüür achtet die meist geistlich inspirierten Textvorlagen und formt die Musik ausgehend von den Worten, die von den Zuhörenden verstanden werden sollen. Die häufig verwendete lateinische oder auch griechische Sprache sorgt für eine gewisse Universalität. Unter anderem finden sich auf dem Album neben der traditionellen Heilig-Anrufung „Trisloglosson Trishagion“ eine „Missa Brevis“ und eine Vertonung des Paulus-Wortes über die Liebe im Korntherbrief, „Canticum Canticorum Caritatis“. Ein etwas früheres, stilistisch noch etwas anders geartetes Werk ist „Rändaja Öhtulaul“, das abenliche Lied eines Wanderes über ein Gedicht von Ernst Enno. Hier macht sich der Einfluss von Tüürs älterem Landsmann Arvo Pärt und seinem Tintinnabuli-Stil bemerkbar.

In allen Fällen besticht die Produktion nicht zuletzt aufgrund der reine, klangschönen und engagierten Interpretation durch den „Collegium Vocale Chamber Choir“ unter der Leitung von Endrik Üksvärav. Sie realisieren die Intentionen des Komponisten auf authentische Weise.



Georg Henkel



Trackliste
Triglosson Trishagion
Missa Brevis
Omnia Mutantur
Canticum Canticorum Caritatis
Rändaja Ohtulaul (dedicated to Tonu Kaljuste & Estonian Philharmonic Chamber Choir)
Besetzung

Collegium Vocale Chamber Choir

Endrik Üksvärav, Leitung



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