Lycanthro

Mark Of The Wolf


Info
Musikrichtung: Metal

VÖ: 18.06.2021

(Alone)

Gesamtspielzeit: 43:10

Internet:

http://www.facebook.com/lycanthrokills


Offensichtlich ist das Lycanthro-Debüt Four Horsemen Of The Apocalypse, welches das Material der gleichnamigen EP um vier Demotracks auf Albumlänge erweiterte und damit das gesamte Frühwerk der Kanadier erschließt, gut genug angekommen, um die Griechen von Alone Records zu überzeugen, auch das erste „richtige“ volle Album der Band herauszubringen. Das heißt Mark Of The Wolf und ließ den Hörer in gespannter Erwartung, welchen der diversen durch die apokalyptischen Reiter und ihre Vorläufer gewiesenen Pfade die Formation nun beschreiten würde.
Schauen wir erstmal auf die Formalia: Acht Songs stehen hier wie da zu Buche, aber der Neuling bringt es nur noch auf 43 Minuten Spielzeit statt auf 52. Noch etwas aber fällt auf: Lycanthro haben drei der alten Demotracks nochmal neu eingespielt, lediglich „Break Through The Fire“ wurde diese Gunst nicht zuteil. Mit „Crucible“ lassen sie einen dieser drei Songs die Platte sogar eröffnen, was einen gewissen Fingerzeig assoziieren könnte, dass vielleicht auch das neue Material generell stärker in den klassischen US-Metal tendieren könnte. Von der grundsätzlichen Anlage her unterscheidet sich die Neueinspielung nicht von der Frühfassung, lediglich der im Erstlingsreview erwähnte leichte Touch des Intros in Richtung des King-Diamond-Debüts Fatal Portrait ist hier praktisch verschwunden.
Wie geht es also weiter? „Fallen Angels Prayer“ führt zunächst erst einmal eine andere „Tradition“ fort, nämlich die der harmonisch nicht immer gängigen Vorstellungen folgenden Gesangslinien, und bietet sonst Midtempo-Metal, der auf halbem Wege zwischen US-Metal und Epic Metal lagert, schwenkt dann aber plötzlich in ein Klavierbreak um und läßt danach den Ottawa Capital Chamber Choir ziemlich schrill das Wort „Sanctuary“ als Ostinato einwerfen, während sich die Stimme von Bandkopf James Delbridge immer weiter nach oben schraubt. Die in diesem Song auch noch hinzutretenden Gäste an Flöte und Geige hingegen üben keine sonderlich prägenden Wirkungen aus, und auch eine Rückkehr zum Ausgangsthema, die man in gängiger Songwritingmanier eigentlich erwarten würde, findet letztlich nicht statt.
Damit ist der Gipfel der Experimentierfreudigkeit aber schon erreicht. Der Titeltrack (und nicht „Enchantress“, das die Tracklist und auch die Lyric-Seiten im Booklet irrtümlich statt seiner an Position 3 verorten) balanciert abermals auf dem Grat zwischen US- und Epic Metal, ist aber in galoppierendem Tempo unterwegs, das richtige „Enchantress“ an Position 4 geht geringfügig langsamer zu Werke, plaziert die Gesangslinien abermals recht unabhängig vom instrumentalen Unterbau, erweitert dieses „Prinzip“ aber auch noch auf die erste Hälfte des Gitarrensolos, wo man sich nicht so richtig sicher ist, ob es wirklich zu diesem Song gehören sollte. Deutlich geschickter mutet die gelegentliche Einstreuung düsterer Akustikelemente an. Bei „In Metal We Trust“ wiederum wundert man sich, wieso Lycanthro hier keine große manowarkompatible Hymne draus gemacht haben, sondern einen flotten, aber nicht weiter weltbewegenden Banger – bis dann plötzlich doch noch ein breiter Fäustereck-Part kommt, bei dem die Mitsingparts gleich vorgezeichnet sind. „Into Oblivion“ verliert in seiner Neueinspielung den latenten Metal-Church-Touch zu großen Teilen und gerät eher zu angedüstertem Power Metal mit unauffälligem, aber wichtigem Hammondorgelteppich dahinter, kurzem Baßsolo und aufgrund einiger Drumverschleppungen sogar leicht modernem Touch. „Ride The Dragon“ paßt sich in der neuen Fassung auch ein wenig stärker dem gängigen Gestus an – der Euro-Metal-Gedanke ist immer noch da, aber die Geschwindigkeit wurde geringfügig gesenkt (ohne den vorwärtsdrängenden Tempus der Rahmenteile zu beeinträchtigen), dafür die atmosphärischen Zusätze leicht verstärkt, und das mit den seltsamen Gesangslinien gilt natürlich auch hier. „Evangelion“ als Closer mixt Iron Maiden (man glaubt hier wirklich bisweilen Bruce Dickinson am Mikro zu hören) abermals mit klassischem US- und nicht weniger klassischem Epic Metal, schleppt sich durchaus interessant durch die Lande und kann auch im Solo mit guten Ideen aufwarten. In diesem Song und den beiden vorgelagerten ist der neue Leadgitarrist Forest Dussault noch nicht zu hören – in welche Richtung er die Band beeinflußt, wird dann nur das nächste Album verraten.
Mark Of The Wolf wirft derweil mehr Fragen auf, als es beantwortet, so dass zum Blindkauf nur dem geraten werden kann, der schon mit Four Horsemen Of The Apocalypse klargekommen ist. Auch der Neuling ist wieder auf 500 Exemplare limitiert, allerdings sollen die ersten 100 noch einen Patch enthalten. Das hier befindliche Exemplar trägt die Nummer 94, aber ein Patch war nicht drin. Dafür ist der Kleber des Numerierungszettelchens so gut, dass man diesen nicht unfallfrei von der Einschweißfolie abkriegt, was auch nicht im Sinne des Erfinders gewesen sein dürfte.



Roland Ludwig



Trackliste
1Crucible7:17
2Fallen Angels Prayer4:48
3Mark Of The Wolf5:03
4Enchantress6:54
5In Metal We Trust5:07
6Into Oblivion3:25
7Ride The Dragon4:04
8Evangelion6:25
Besetzung

James Delbridge (Voc, Git, Keys)
David Shute (Git)
Forest Dussault (Git, 1-5)
Carlo Côte (B)
Nathan Shuman (Dr)



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