Bach, J. S. (Ribeiro, C.)

Lemniscate (Die Kunst der Fuge)


Info
Musikrichtung: Barock / Ensemble

VÖ: 03.02.2023

(Ramée / Note 1 / CD / DDD / 2022 / RAM 2208)

Gesamtspielzeit: 73:56



FARBIGE KONTRAPUNKTE

Bachs „Kunst der Fuge“ als Ensemblekomposition für wechselnde Besetzungen – das gab es schon häufiger. Doch mehr noch als die Vorgänger versucht das „New Collegium“ unter der Leitung von Claudio Riberiro, die stilistischen Synthesen, die Bach in Form abstrakter Kontrapunktkonstruktionen vollzogen hat, hörbar zu machen.

Die „Kunst der Fuge“ ist bei ihnen eine experimentelle Spielmusik, die unter Hintanstellung der akademischen Debatten um die finale Gestalt und korrekte historische Besetzung mit Fantasie und Lust am Klang interpretiert wird. Dabei folgt das Ensemble Bachs Autographen, der noch nicht alle Stücke der späteren posthumen Druckfassung enthält und wählt für jeden Kontrapunkt eine eigene instrumentale Fassung.

Zwar verwendet das Ensemble barocke Instrumente: neben dem Cembalo und diversen Streich- auch Blasinstrumente wie die Oboe da Caccia, Travers- bzw. Blockflöte, Cornetto oder Posaune. Doch die Kombinationen atmen ebenso wie die Verwendung von zusätzlichen Verzierungen und dynamische Aussteuerung eine gewisse Freiheit und dienen vor allem dazu, die einkomponierten Referenzen hörbar zu machen. Zum Beispiel den zeremoniösen französischen Ouvertüren-Ton bei Kontrapunkt Nr. 6. Oder den virtuosen italienischen Konzertcharakter von Nr. 9, der hier den Beititel „Spirituoso“ erhält. Ähnlich assoziativ sind „Es ist ein Ros entsprungen“ für Nr. 10a – tatsächlich gibt es hier keine Choralmelodie, die das rechtfertigen würde, es geht mehr um eine atmosphärische „tröstliche“ Wirkung, die die Ausführenden so empfunden haben.

Zwar spürt man bei den ersten vier, strenger gesetzten Fugen noch etwas mehr von der „Arbeit im Kontrapunktwerk“ – aber mit jedem neuen Stück des Zyklus klingt die Musik ungezwungener. So spannt sich ein großer Bogen vom eröffnenden Cembalo-Solo bis hin zur groß besetzten finalen Fuge, die zwar unvollendet blieb, hier aber als krönender Schluss angemessen „orchestral“ zelebriert wird.



Georg Henkel



Besetzung

New Collegium

Claudio Ribeiro, Cembalo & Leitung



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