Bach, J. S. (Form)

Recovered Chamber Concerts


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 03.02.2023

(Pan Classics / Note 1 / CD / 2022 / Artikelnr. PC 10445)

Gesamtspielzeit: 67:51

Internet:

Aux Pieds du Roy



IM URSPRUNG BACH

Ein ertragreiches Gedankenexeperiment ist es, das der Flötist und Ensembleleiter Michael Form da wagt: Aus der unbestrittenen Tatsache, dass viele der Instrumentalkonzerte in der überkommenen Form bereits Umarbeitungen von des Meisters eigener Hand sind, macht der Ensembleleiter sich auf die Suche nach dem vereintlichen Ausgangsmaterial und spekuliert hierzu, ob Bach usprünglich nicht eher Concerti da camera im Sinn hatte, also Kammerkonzerte für mehrere Soloinstrumente ohne Orchesterbegeleitung. So entsteht aus dem Concerto für drei Cembali BWV 1063 ein solche Kammerkonzert für Blockflöte, Oboe, Violine, Viola und B.C. Das Schwesterwerke BWV 1064 ist als Konzert für drei Violinen bereits hinlänglich bekannt. Eine andere Spielart wird im Concert B-Dur (BWV 525) präsentiert, das von der Orgeltriosonate in Anlehnung an eine Besetzungstradition bei Vivaldi zur Sonata in der Art eines Concerto für Blockflöte, Oboe und Fagott wird.

Besonders verblüffend wird es im Brandenburgische Konzert Nr. 2: Hier verzichtet Form auf das Ripieno im Orchester, also die Mehrfachbesetzung von Stimmen mit nicht solistisch bedachten Instrumente. Das rückt das Stück deutlich ab vom Concerto grosso und gibt auch ihm einen kammermusikalischen Anstrich. Zugleich ersetzt er die extrem hohe Trompetenstimme durch ein Corno da caccia, das eine Oktove tiefer liegt, so dass die Spreizung der Stimmen geringer ausfällt. Man mag das spekulativ nennen, aber das Resultat verblüfft auf erstaunliche Weise und legt jedenfalls klangfarblich ein "So könnte es gewesen sein!" tatsächlich nahe.

Und das ist dann auch der eigentlich wunderbare Charakterzug dieser Einspielung: Sie kommt ganz undogmatisch und unakademisch daher, sondern vermittelt neben der Freude am Experiment und der Entdeckung eine große Musizierfreude. Die Musiker:innen von Aux Pieds du Roy interagieren so lustvoll wie behende miteinander. Das Klangbild hat durch den Verzicht auf allzu gewichtige Bass-Stimmen einen hellen, heiteren Charakter mit tänzerischer Anmutung. Am Ende ist das alles damit also nicht nur pfiffig erdacht, sondern auch genau so serviert.



Sven Kerkhoff



Trackliste
Concerto da Camera a 6 BWV 1063r für Blockflöte, Oboe, Violine, Viola, Cello & Bc; Konzert B-Dur nach BWV 525 & 1032 für Blockflöte, Oboe & Fagott; Concerto da Camera D-Dur BWV 1064r für 3 Violinen, Viola & Bc; Concerto da Camera a 5 G-Dur nach BWV 592 & 592a für Blockflöte, Violine, Viola, Fagott & Bc; Passacaille nach BWV 78 für Blockflöte, Oboe, Violine, Viola & Bc; Konzert a 6 d-moll BWV 1059r (Rekonstruktion eines Fragments für Blockflöte, 3 Violinen, Viola & Bc); Concerto da Camera a 5 F-Dur BWV 1047r (Originalversion des Brandenburgischen Konzerts Nr. 2 für Blockflöte, Oboe, Horn, Violine & Bc)
Besetzung

Aux Pieds du Roy

Michael Form: Blockflöte & Ltg.


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