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Musik an sich
 
Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni
(Naxos)
Oper
Giovanni
 

Skovhus, Pieczonka, Schörg, Nicolaus Esterházy Sinfonia, Michael Halász

"Don Giovanni" bietet alles: Party, Sex & Crime, dazu die Schilderung der ganzen Bandbreite menschlicher Emotionen und nicht zuletzt ein Feuerwerk musikalischer Einfälle Mozarts.

Ob man das Werk als philosophisch zu deutendes Welttheater begreift oder als Bühnenspektakel sondergleichen - hier kann jeder seinen Spaß haben.

Die Einspielung unter Halász betont allerdings mehr den Charakter als Spektakel, was dem Werk ganz gut bekommt und vor bedeutungsvoller Überfrachtung bewahrt. Insgesamt nimmt die Aufnahme was die Wahl der Tempi, die dramatische Gestaltung und die zahlenmäßige Besetzung des Orchesters angeht, eine Mittelstellung zwischen den traditionellen Aufnahmen, wie etwa unter Karajan, und den historisierenden, wie z.B. unter Gardiner, ein. Sie zeichnet sich durch ein hohes Maß an Lebendigkeit aus, das (unzutreffend) die Vermutung nahelegt, es könnte sich um einen Live-Mitschnitt handeln.

Der Orchestersound läßt hinsichtlich der Streicher manchmal die notwendige Schärfe vermissen, dafür aber sind Klang und Spiel der Bläser ohne Makel.

Bo Skovhus in der Titelrolle gibt einen latent aggressiven Edelmann, der wenig schmeichlerisch-verführerisches an sich hat. Ungewohnt sicherlich, aber nicht unvertretbar. Und in dieser Art füllt er die Rolle auch angemessen aus.

Renato Girolami ist ein wunderbar pfiffiger und stimmlich sicherer Diener Leporello, der sich mit seinem Herren heftige Wortgefechte liefert. Auf die Gestaltung dieser - wie insgesamt aller - Rezitative legt Halász erfreulich großen Wert.

Bei den Frauenrollen besticht Adrianne Pieczonka als Donna Anna mit einer schönen Sopranstimme, doch leider scheint sie bei der Aufnahme etwas unglücklich plaziert gewesen zu sein, so daß diese nicht ganz zur Geltung kommt. Regina Schörg´s Donna Elvira klingt metallisch, was aber bei einer derart hysterischen Person nicht verfehlt ist.

Ein Glücksgriff ist Torsten Kerl als Ottavio. Er singt diese blasseste aller Mozart-Rollen mit soviel tenoralem Schmelz, daß fast die Grenze der Lächerlichkeit erreicht wird. Dadurch indes wirkt die Figur als genau das, was sie ist: Ein aufgeblasener Möchtegern-Held. Nur so kann man die Partie vermutlich überhaupt retten.

Ihre stärksten Momente hat die Aufnahme in der Ensembledarstellung. Die Finalszenen lassen den Hörer die Bühnenaktion unmittelbar mitempfinden. Das Chaos am Ende des ersten Aktes ist furios dargeboten, weil Halász dem Geschehen einfach seinen Lauf läßt. Die Höllenfahrt Don Giovannis im zweiten Akt gerät ähnlich überzeugend und sein letzter Aufschrei geht einem tatsächlich durch Mark und Bein.

Als Anhang bietet die Aufnahme ergänzend einige Stücke aus der Wiener Fassung der Oper, die von der Prager Ur-Fassung abweicht. Eine editorische Idee, die schon Gardiner verfolgte und das überzeugender, weil sich dort die Stücke jeweils auf der entsprechenden CD befinden und so der Käufer "seine" Fassung am CD-Player programmieren kann, während er hier zu diesem Zweck die CDs mühsam wechseln müßte.

Die Klangqualität genügt nicht unbedingt allerhöchsten Ansprüchen an eine Studio-Aufnahme, ist aber noch zufriedenstellend, das Booklet begnügt sich mit recht kurzen Informationen und das italienische Libretto bleibt (wie gewohnt) ohne Übersetzung.

Insgesamt eine Aufführung, deren Qualität in dieser Preiskategorie konkurrenzlos überragend sein dürfte und die jeden, der nicht gerade in einer Kulturmetropole lebt, erfreuen würde, bekäme er sie auf der Bühne seines Heimatortes geboten.

Repertoire: 4 Punkte
Klang: 3 Punkte
Interpretation: 4 Punkte
Edition: 4 Punkte

Gesamt: 15 Punkte

Sven Kerkhoff

 

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