Stallion

Christmatized


Info
Musikrichtung: Metal

VÖ: 3.12.2021 (27.11.20)

(High Roller)

Gesamtspielzeit: 14:56

Internet:

http://www.facebook.com/heavymetalstallion, www.hrrecords.de


Weihnachtsplatten sind im Metal mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr, ob nun mit oder ohne ironische Neigungen. Stallions Christmatized-EP zählt offenkundig zur ersten Kategorie, will aber musikalisch durchaus ernstgenommen werden. Es dürfte ein Corona-Produkt sein: Kurz vor Jahresende 2020 erschien das Werkchen als eigenproduziertes und auf die eigenartige Stückzahl von 275 limitiertes Vinyl, ein Jahr später legten High Roller eine CD-Version nach, die nunmehr auf die auch nicht gerade häufig zu findende Zahl von 700 limitiert ist.
Enthalten sind auf beiden Versionen jedenfalls die gleichen Songs, nämlich eine Eigenkomposition und fünf Coverversionen, wobei von letztgenannten drei zu einem Medley zusammengefaßt worden sind, das dann einen eigenständigen Titel erhielt und der EP den Namen gab. Den Auftakt bildet allerdings die Eigenkomposition: „Santa (Can You Hear Me)“ bietet musikalisch den klassischen Metalstoff, den man auch von den regulären Alben der Süddeutschen her kennt, und bezieht seinen Ironiefaktor zum einen aus dem kinderliedartigen Zwischenspiel (mickey-mouse-artige Stimmen singen „Santa Claus Is Coming To Town“) und zum anderen aus dem Text, in dem sich Vokalist Paul „Pauly“ Ehrenhardt in seiner typischen, leicht kreischigen Art mit dem Weihnachtsmann unterhält und angibt, nur den Wunsch nach einem bestimmten weiblichen Wesen zu hegen, ansonsten mit Geschenken und weihnachtlichen Traditionen aber wenig anfangen zu können, obwohl er diese Strukturen nicht völlig ablehnt, da er ansonsten nicht auf die Idee gekommen wäre, einen Weihnachtssong zu schreiben (für dessen Musik Gitarrist Alexander „Äxxl“ Stöcker verantwortlich zeichnet).
Der Reigen der Coverversionen hebt mit „No Presents For Christmas“ an – King Diamond zu covern muß man sich auch erstmal trauen. Instrumental liegen Stallion gar nicht so weit vom Original entfernt (sie agieren vielleicht einen Tick basischer), aber Paulys Stimme ähnelt der von Herrn Petersen nun ganz und gar nicht, und der Deutsche versucht gar nicht erst, in die Falsettlagen des Dänen vorzustoßen, sondern bleibt die eine oder andere Oktave drunter bei seiner leicht kreischigen Normalmetalstimme und setzt auch die diversen im Text aufgezählten Trickfilmfiguren nicht gesondert in vokale Szene, von einem kurzen Wechsel in eine Art Sprechgesang abgesehen. Markante Unterschiede müssen sich bei „Christmatized“, das den Untertitel „A Very Merry Medley“ trägt, im ersten Teil zwangsweise ergeben, denn das ist Mariah Careys „All I Want For Christmas Is You“, und aus Pauly ist beim besten Willen keine Frauenstimme herauszuholen. Die Nummer ist durchaus mit Geschmack metallisiert worden, allerdings überzeugt in dieser Hinsicht der zweite Teil noch mehr, wenn Stallion John Lennons „Happy Xmas – War Is Over“ in eine feiste dreiertaktige Doomwalze umwandeln. Dieser Teil hätte durchaus noch länger ausfallen dürfen, aber der dritte, eine Speedversion von Paul McCartneys „Wonderful Christmas Time“, klopft schon an die Tür und schlägt sie nach reichlich einminütigem Gastspiel bereits wieder zu (ob man die dialektierten Backingeinwürfe kurz vor Schluß witzig findet, liegt im Ohr des Hörers). Für „Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!“ hätte sie freilich auch geschlossen bleiben dürfen – die Umsetzung des Refrains ist in harmonischer Hinsicht ziemlich mißglückt und erinnert ungewollt an Punkrock, was sicherlich nicht das ausgerufene Ziel war und einem den Hörspaß ziemlich verleidet, dem interessanten Solo zum Trotz. Zum Glück dauert die Nummer nur zweieinhalb Minuten. Wer sich Christmatized zulegen und Freude beim Hören empfinden will, programmiere seinen CD-Player also so, dass er nach Track 3 zu spielen aufhört, auch wenn man dann nur reichlich 12 statt knapp 15 Minuten Musik zu hören bekommt. Die High-Roller-Version kommt im Jewelcase plus Schuber, und auf dem Cover sieht man wieder das bandtypische untote Pferd, diesmal aber in Weihnachtsoptik und mit einer geringelten Zuckerstange zwischen den Zähnen, was dem Motto „No Presents For Christmas“ zwar offenkundig widerspricht, aber sei’s drum. Immerhin hat das Bandlogo eine weiße Erhöhung verpaßt bekommen, die man wahlweise als Schnee oder als Engelsflügel interpretieren kann.



Roland Ludwig



Trackliste
1Santa (Can You Hear Me)4:12
2No Presents For Christmas3:37
3Christmatized (A Very Merry Medley)4:39
4Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!2:26
Besetzung

Pauly (Voc)
Äxxl (Git)
Clode (Git)
Stämpfe (B)
Aaron (Dr)



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