Xtasy

Second Chance


Info
Musikrichtung: Melodic Rock / Melodic Metal

VÖ: 28.09.2018 (2017)

(The Junction)

Gesamtspielzeit: 50:04

Internet:

http://www.xtasyband.com


Der Albumtitel läßt vermuten, dass es sich um den Zweitling von Xtasy handelt, und diese Vermutung stellt sich zumindest in bezug auf Full-Length-Alben auch als korrekt heraus, wobei der Rezensent weder das Debüt Revolution noch den zwischenzeitlich ebenfalls erschienenen Drittling Eye Of The Storm besitzt und auch die Debüt-EP Stronger nicht. Fokussieren wir die Betrachtung also auf Second Chance, das hier in der ein Jahr nach dem (vom spanischen Label The Fish Factory übrigens auch als LP veröffentlichten) Original erschienenen Pressung des deutschen Labels The Junction vorliegt, die mit „You“ einen Bonustrack aufweist, der die Gesamtspielzeit auf fast genau 50 Minuten bringt und sich stilistisch nahezu perfekt in das einpaßt, was seine elf Brüder und Schwestern zuvor geboten haben.
Nur bleibt die Frage, wie man das klassifiziert. Xtasy positionieren sich nämlich ziemlich genau auf der Grenze zwischen Melodic Rock und Melodic Metal, allerdings hat man das Gefühl, dass sie den letzteren am liebsten die Oberhand gewinnen lassen, etwa wenn Drummer Miguel Ángel Sicilia in „One In A Million“ zwar etwas hintergründig, aber doch oft die Doublebass anwirft oder wenn er gleich den Opener „Into The Fire“ mit einem unwiderstehlichen Vorwärtsdrang ausstattet, ohne das Tempo aber auch nur in die Nähe der Speedgrenze zu bringen. In den Mittachtzigern hätte man dem Gebotenen wahrscheinlich noch bedenkenloser den verbalen Metalmantel umgehängt, aber auch da schon darauf hingewiesen, dass das Quintett sein Herz einerseits an recht kompakte Arrangements und daraus resultierende Songs um die Vierminutenmarke hängt – allein fünf der zwölf laufen zwischen 3:51 und 4:04 ins Ziel –, andererseits aber instrumental die Nummern ziemlich „vollstopft“. Das kennt man beispielsweise von den klassischen Ten-Alben, wo Vinny Burns auch dazu neigte, noch eine und noch eine und noch eine Melodiegirlande um den Korpus der Songs zu legen, und das gibt es in ähnlicher Form auch auf Second Chance zu hören. Da Gitarrist, Keyboarder und Projektkopf Jorge Olloqui die Scheibe auch noch in seinem Studio aufgenommen hat und als Produzent fungierte, hat er seinem diesbezüglichen Spieltrieb also offensichtlich freien Lauf gelassen, wobei hier und da ein Paar externer Ohren durchaus nutzbringend gewesen wäre, um etwa festzustellen, dass das Refrainarrangement von „Under The Gun“ harmonisch äußerst merkwürdig anmutet, allerdings nicht im positiven Sinne von „des Merkens würdig“. Dass er knackige Refrains in Szene setzen kann, hat gleich „Into The Fire“ unter Beweis gestellt, wohl sowas wie der Hit der Platte, wenngleich auch da vielleicht die Leadstimme noch ein wenig stärker hätte hervortreten dürfen. Selbige gehört übrigens Jorges Angetrauter Silvia Idoate, die eindrucksvoll unter Beweis stellt, was sie kann. Dem Rezensenten ist noch nicht eingefallen, an wen ihre Stimmfärbung ihn erinnert, aber Sharon den Adel und Charlotte Wessels sind nicht gar zu weit entfernt, und nachdem man sich einige Songs lang gewünscht hat, die Vokalistin möge auch mal etwas stärker nach oben gleiten, erfüllt sie einem diesen Wunsch in „Fallen Angels“ für den etwas stärker ätherischen Bereich (obwohl der Unterbau hier im klassischen Melodic Rock bleibt) sowohl im Hauptteil als auch im fragilen Outro-Arrangement und dann im zupackenden Refrain des leicht mit modernen Elementen spielenden, aber trotzdem urtraditionell bleibenden „Get Out!“, mit nur knapp über drei Minuten einer von zwei Songs dieser sehr kompakten Kategorie, dem der knapp fünfeinhalbminütige Titeltrack auf dem Fuße folgt, der sozusagen das andere Ende der Fahnenstange markiert, gleich mit der einleitenden Gitarrenmelodie den Hörer ergreift, ihn rhythmisch etwas stärker fordert als sonst, ohne freilich mit der Vokabel „progressiv“ belegt werden zu müssen, einen dramatischen Mittelteil mit Marschtrommeln einbaut und in der Gesamtbetrachtung tatsächlich am weitesten aus dem Rahmen fällt, so dass seine herausgehobene Stellung als Titeltrack durchaus gerechtfertigt ist. Und das ist ganz klar Metal, ohne Zweifel – dazu auch noch solcher, den Erik Mårtensson, der Mix und Mastering erledigt hat, durchaus auch bei Work Of Art hätte unterbringen können, wenngleich das Ende der kreativen Fahnenstange bei Xtasy hier sicher noch nicht erreicht ist. Wer übrigens hinter „Speed Of Light“ titelgemäß eine total flitzefingerige Nummer erwartet, liegt größtenteils falsch: Der Leadgitarrist, also entweder Olloqui oder sein Instrumentenpartner Chema Herrero, ist in der Tat wie der Blitz unterwegs, der Trommler allerdings wirft nur im Solo mal die Doublebass an und hält den Grundbeat im gehobenen, aber keinesfalls lichtgeschwindigkeitsverdächtigen Areal. Balladen sind andererseits aber auch nicht am Start – „Open Your Eyes“ täuscht zwar eine solche an, aber bald entspinnt sich wieder „normaler“ Melodic Rock, bevor „Never Surrender“ als Closer der Originalpressung noch einmal etwas mehr Dramatik ins Spiel bringt, wieder mehr Metal auffährt und ganz kurz orientalische Elemente in der Gitarrenarbeit aufblitzen läßt, während das Grand Piano naturgemäß ein wenig an Savatage denken läßt, die ansonsten aber keine Spuren im Sound des spanischen Quintetts hinterlassen haben. Der erwähnte Bonustrack, ebenfalls mit ein paar balladesken Elementen durchwirkt, aber phasenweise auch zupackend, schließt die erweiterte Pressung ab und ändert nichts am Gesamturteil, hier eine durchaus hörenswerte Scheibe im erwähnten Grenzbereich vor uns zu haben, der man als Ten-Anhänger, als Liebhaber female-fronted Metals oder als Experiment, wie eine melodicmetallischere bis melodicrockige und dafür weniger symphonisch angehauchte Version von Delain oder Within Temptation klingen könnte, durchaus sein Ohr leihen darf, zumal die Scheibe auch hübsch gestaltet ist und es an der technischen Komponente erwartungsgemäß nichts zu deuteln gibt. Ist übrigens auch eine recht aktive Liveband – der Rezensent hat die 2018er Tour von Eclipse, auf der Xtasy (mit Gari Irazu als Neuzugang am Drumkit) als Support auch in seiner Nähe gespielt haben, aber leider verpaßt.



Roland Ludwig



Trackliste
1Into The Fire3:57
2One In A Million3:51
3Under The Gun3:58
4Said And Done3:13
5Broken Heart4:01
6Fallen Angels4:47
7Get Out!3:16
8Second Chance5:21
9Speed Of Light4:29
10Open Your Eyes4:04
11Never Surrender4:37
12You4:21
Besetzung

Silvia Idoate (Voc)
Jorge Olloqui (Git, Keys)
Chema Herrero (Git)
David Clavero (B)
Miguel Ángel Sicilia (Dr)



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