Echonald

Tíz Év Echonald


Info
Musikrichtung: Symphonic Metal

VÖ: 15.10.2016

(Nail Records)

Gesamtspielzeit: 63:28

Internet:

http://www.echonald.hu


Auf dem in Goldtönen gehaltenen triumphalen Cover prangt u.a. eine große edelmetallene 10, und der Ungarischkundige kann den Titel der CD auch problemlos übersetzen: „Tíz Év“ heißt soviel wie „10 Jahre“ – wir haben es also mit einer Jubiläums-CD zu tun, die einen speziellen Markstein im Schaffen von Echonald setzt. Im Verlaufe der bisherigen Bandkarriere sind zwar etliche Tonträger erschienen, nämlich fünf EPs und drei Full-Length-Alben, aber allesamt als Eigenproduktionen, bevor mit Nail Records nun ein Sublabel des ungarischen Metal-Branchenprimus Hammer Records zugegriffen hat. Tíz Év Echonald, erschienen anno 2016, stellt also die erste Labelveröffentlichung des Quartetts dar und scheint gut genug angekommen zu sein, um die Plattenfirma zu bewegen, die Band zu halten und mit Változunk 2018 ein weiteres Album herauszubringen, das dem Rezensenten allerdings noch nicht zu Ohren gekommen ist.
Konzentrieren wir uns also erstmal auf das 2016er Werk – eine Formulierung, die gleichfalls nicht eindeutig ist, denn die letzte Eigenproduktion Színvilág datiert aus dem gleichen Jahr, so dass wir zur Unterscheidung also besser vom Jubiläumsalbum sprechen sollten. Für selbiges haben sich die singenden und die Rhythmusgruppe stellenden Krajczár-Brüder sowie ihre beiden Kompagnons etwas Spezielles einfallen lassen: Sie haben kein komplettes neues Werk aufgenommen (das hatten sie mit Színvilág, übrigens ein Benefizalbum, dessen Erlöse an die Kinder- und Jugendstiftung des Komitats Pest gehen, ja gerade erst getan), aber auch keine klassische Best Of ihrer bisherigen Veröffentlichungen zusammengestellt, sondern eine ganz andere Variante gewählt. Die 17 Songs wurden allesamt 2016 aktuell neu eingespielt – zehn von ihnen stammen aber von den EPs aus den Jahren 2009 bis 2011. Ob die Besetzung damals noch eine andere war, müssen genaue Bandkenner entscheiden, und der Rezensent kann auch nicht explizit sagen, ob es sich bei den sieben übrigen Songs um Neukompositionen aus dem Jahr 2016 oder aber um weiteres Altmaterial handelt, das zwar aus der Frühzeit der Band stammt, jedoch nicht auf einem der bisherigen Werke verewigt wurde (oder es gibt noch weitere Werke, deren Existenz dem Rezensenten bisher unbekannt ist). Fest steht eines: Wüßte man nicht um den Fakt, dass das hier quasi eine Compilation ist, man könnte die Scheibe problemlos für ein geschlossenes Studioalbum halten – die Songs wirken wie aus einem Guß und passen stilistisch problemlos zueinander, und dass auch das Klangbild anhand der aktuellen Neueinspielung ein homogenes darstellt, versteht sich praktisch ja von selbst.
Ein Faible für Neueinspielungen besaßen Echonald allerdings auch in ihren Frühzeiten schon: Diverse Nummern finden sich auf mehreren Veröffentlichungen, so dass „Fagyos Mennyország“ auf der Jubiläumsscheibe schon zum dritten Mal veröffentlicht wird und „Sötét Angyal“ auch. Das wird die internationale Gefolgschaft, die mit der Jubiläumsscheibe erstmals auf die Band aufmerksam geworden ist (ob Echonald schon zu Eigenproduktionszeiten größere Popularität außerhalb Ungarns genossen haben, darf bezweifelt werden – das schaffen schon die ungarischen Metalgrößen eher selten), wohl kaum stören, zumal die Nummern perfekt in den stilistischen Rahmen des Bandschaffens passen. Selbiger ist irgendwo im Symphonic-Metal-Bereich aufgebaut, wobei das Quartett den Fokus deutlich auf dem metallischen Aspekt setzt – es besitzt keinen Keyboarder, und die Gitarren dominieren das Gesamtbild klar, wenngleich die Tastensounds für die Verfeinerung des eigenen Stils natürlich trotzdem hochgradig wichtig sind, weshalb es rätselhaft bleibt, warum das Booklet nirgendwo angibt, wer denn für diese Komponente verantwortlich zeichnet. Dass der besagte Mensch schon mal Nightwish gehört hat, dürfte er kaum bestreiten können oder wollen – er bringt jedenfalls so manchen Sound zum Einsatz, den man auch auf den früheren Werken der Finnen kennen- und schätzen lernen konnte. „Élj Úgy“ darf hierfür als treffendes Beispiel gelten – das schlittenglockenartige Klimpern hat der Gourmet von „Walking In The Air“ noch in bester Erinnerung. Einer der vier im Booklet abgebildeten (und nicht per Unterschrift kenntlich gemachten) Musiker sieht zu allem Überfluß auch noch ein bißchen aus wie Jukka Nevelainen, inclusive Bandana. Das soll freilich nicht bedeuten, wir hätten hier etwa Kopisten vor uns – die Unterschiede sind überdeutlich. Erstens beschäftigen Echonald keine Sängerin, nicht mal gasthalber – Bassist Ferenc Krajczár steuert den klaren, halbhohen Leadgesang bei, sein hinter dem Schlagzeug wirkender Bruder Márió die Backings. Zweitens dominiert wie bereits beschrieben im Gesamtbild klar die Gitarre, und es gibt zwei Bediener dieses Instruments, auch die Songs sind eher von den Gitarren her gedacht als von der sinfonischen Seite her. Drittens zeigt die Songwritingfraktion eine deutliche Neigung zu eher kompakt gehaltenen Arrangements: Von den siebzehn Songs landen gerade drei in der Nähe von fünf Minuten, zwei weitere knacken zumindest die Vierminutengrenze, alle anderen aber schaffen das nicht, und vier kommen nicht mal bei der Dreiminutenmarke an, was für Symphonic Metal äußerst ungewöhnlich ist. Trotzdem kommt nie der Verdacht auf, hier einer künstlichen Verknappung zu unterliegen – epische Breite ist eben die Sache Echonalds nicht, und sie haben auch in den kürzeren Songs einiges mitzuteilen und beschränken sich keineswegs auf simple Strophe-Refrain-Solo-Refrain-Schemata. „Ha Megállna Az Ido mit seinem völlig überraschenden, aber beim zweiten Hören durchaus nicht unlogisch wirkenden Tempowechsel kann als Beispiel für eine gute, nicht auf der Hand liegende Idee gelten, und davon gibt es noch ein paar mehr auf der Scheibe. Und der mit einigen Orchestertürmen bestandene Fünfminüter „Mélyol“ stellt unter Beweis, dass Echonald auch die etwas größeren Formen durchaus mit interessantem Leben füllen können, wenn sie das denn wollen. Das schnelle „Az En Életem“ erinnert ein wenig an die Großtaten, die die Finnen VIP auf Maasta Olet Tullut vollbracht haben, besonders die mitreißenden Speedpassagen weisen einige kleine Parallelen auf, und Ferencs Gesang erinnert auch in anderen Songs bisweilen ein wenig an den von Jussi Pajunpää. Halbballaden können Echonald auch, wie sie mit „Nem Engedlek El“ zeigen, in dem sie einen verträumten Strophenteil mit recht kernigen Zwischenteilen koppeln, in denen Rhythmusgitarrist János Tóth völlig selbstverständlich die gleichen fetten Riffs zum Einsatz bringt wie in den härteren Nummern. Auch das vierte Bandmitglied muß noch Erwähnung finden: Leadgitarrist Ádám Kurucz besitzt ein feines Händchen dafür, die Songs mit Melodiegirlanden zu behängen, wenn das nicht bereits durch die Keyboards geschieht. Nur an wenigen Stellen schießen die Ungarn dann doch übers Ziel hinaus, etwa in den ein wenig seltsam wirkenden, ein eher unpassendes Rock’n’Roll-Feeling erzeugenden Nanana-Backings in „Szívembol Szol“, das allerdings vielleicht durchaus gewollt gewesen sein könnte, bastelt doch auch der Leadgitarrist ins Solo ein paar Rock’n’Roll-Anklänge ein, was er sonst eigentlich nicht zu tun pflegt. Gut, das ist auch eine der alten Nummern, und nur Besitzer der frühen Scheiben wissen, wie die stilistische Zusammensetzung dieser Werke war: Zwar wurden alle fünf Songs der 2010er EP Sötet Angyal neu eingespielt, aber vom 2009er Achttracker Fagyos Mennyország und vom 2011er Fünftracker Egyedül fehlen Nummern, und vom 2008er Debüt Vándor wurde gar keiner seiner vier Songs für die Neueinspielung ausgewählt. Da der Rezensent keine dieser Scheiben besitzt, kann er also nur Theoriewissen beisteuern und zählt daher hier jetzt nur noch die sieben Songs auf, die entweder 2016er Neukompositionen sind oder aus anderen, bisher nicht bekannten historischen Quellen stammen: „Minden Más Lesz“ (was für ein Melodienfeuerwerk!), „Hosszú Évek“, „Élj Úgy“, „Ha Megállna Az Ido“, „Mélybol“, „Nem Engedlek El“ und „Ngyon Fáj“ – der Leser kann jetzt also gerne selber Nachforschungen anstellen, woher diese Songs stammen. Interessanterweise bietet das Booklet lediglich vier Texte, darunter von den sieben genannten Songs nur „Minden Más Lesz“, dazu zwei der drei EP-Titeltracks, nämlich „Egyedül“ und das dort noch mit dem Untertitel „Nem Én Kiáltok“ versehene „Sötet Angyal“, sowie als vierter Text noch „Figyelj Rám“, den das Booklet noch mit einem Ausrufezeichen versieht. Was das alles zu bedeuten hat, darf der geneigte Anhänger jetzt selbst ergründen – er kann sich aber auch auf das Genießen der 17 Songs beschränken, die sich aufgrund der erwähnten eher kompakten Songwritingschule nur etwas über 63 Minuten im Player drehen. Das ist natürlich für Genrefans trotzdem eine gute Zeit, und wer die Band mit diesem Werk kennenlernt und dann Appetit bekommen hat, steht vor der Wahl, ob er erstmal das neue Album besorgt oder sich der vermutlich schwieriger zu lösenden Aufgabe widmet, die alten Alben aufzutreiben.

Roland Ludwig



Trackliste
1Rendületlenül3:48
2 Fagyos Mennyország4:05
3 Minden Más Lesz2:49
4 Sötét Angyal5:13
5 Hosszú Évek3:06
6 Egyedül3:24
7 Hallgasd A Dalt4:17
8 Élj Úgy4:59
9 Ha Megállna Az Ido3:42
10 Figyelj Rám3:49
11 Az En Életem2:52
12 Ha Elfelednénk3:25
13 Mélybol5:01
14 Nem Engedlek El3:26
15 Szívembol Szól2:55
16 Ngyon Fáj3:42
17 Zenének Élek2:49
Besetzung

Ferenc Krajczár (Voc, B)
Ádám Kurucz (Git)
János Tóth (Git)
Márió Krajczár (Dr, Back-Voc)



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