Solstice

Alimentation


Info
Musikrichtung: Jazz/Fusion

VÖ: 09.12.2016

(Two Rivers Records)

Gesamtspielzeit: 63:18

Internet:

http://www.solstice-music.co.uk/
http://www.brigitteberaha.com/default.html
http://wildkatpr.com/news/


Die letzte Veröffentlichung der britischen Saxofonistin Tori Freestone hatte ich bereits für eine Rezension vorliegen. Und nun habe ich eine CD von Solstice vorliegen. Man könnte annehmen, dass es sich um eine weitere Veröffentlichung der Künstlerin handelt, ist sie im Lineup doch auch als erste gelistet. Dabei handelt es sich bei der Formation um eine Ansammlung von sechs Musikern der Jazz-Szene East London’s. Und auch Alle haben mindestens eine Komposition beigesteuert. Diese Platte ist ihr Debütalbum.

Betrachtet man die Titel näher, könnte hier ein vertontes Kochbuch vorliegen. Laut Pressemitteilung soll sich die Band aus einer Reihe von Dinner Partys entwickelt haben, wobei die sechs Freunde füreinander kochten. Insoweit sollen die Kompositionen von Geselligkeit, leckerem Essen und Kochkunst inspiriert sein. Hoffen wir, dass es nicht zutreffen möge, dass viele Köche den Brei verderben. Nun, ich kann beruhigen, das ist sicher nicht passiert. Aufgefallen ist mir jedoch etwas Anderes. Bei neuzeitlicher Ausrichtung von Jazz, angefangen von Duo- oder Trio-Formationen ist zusehends eine Entwicklung eingetreten, wo mehr das Kollektiv soundbestimmend ist. In der Regel muss nicht zwangsläufig mehr ein Star sein, der alle anderen Musiker verdrängt oder schlimmstenfalls zu Statisten verkommen lässt. Auch dieses ist nicht zu bemängeln.

Und – soweit ich von „Mangel“ spreche, ist das zunächst einmal subjektiv zu betrachten.
Ausgehend von der Idee des musikalischen Kollektivs mit gleichberechtigtem Status Aller scheint mir bei dieser Produktion eine sehr starke Ausrichtung auf die Sängerin Brigitte Beraha vorzuliegen. So habe ich eben den Eindruck, dass sie auf fast allen Songs überproportioniert präsent ist. Allerdings muss man sich hierzu von konventioneller Betrachtungsweise freimachen. Denn Stimme bringt man in der Regel damit in Verbindung, dass Texte vorgetragen werden und zwischendurch Solisten Freiraum für Soli nutzen. Bei Brigitte Beraha ist es so, dass sie ihre Stimme bei dieser Platte vorwiegend als “voice“ einsetzt, und so ist sie auch nicht mit “vocals“ aufgeführt. Das heißt, dass sie die Stimme überwiegend als Instrument einsetzt, und das mag dazu führen, dass der Eindruck entsteht, dass möglicherweise ein recht starker Akzent auf die Stimme vorliegt.
Man mag unterschiedlicher Auffassung hierüber sein. Stimme als Instrument, das kennt man vom Scatten, nur hier werden letztlich auch nur die Texte ersetzt.

Ziehe ich “Chasing Rainbows“ von Babelfish, auch mit Brigitte Beraha, heran, komme ich nicht umhin, festzustellen, dass mir der dortige Einsatz der Stimme, mit Texten, wesentlich mehr zusagt als es auf dieser Platte der Fall ist. So empfinde ich nicht das Besondere und Geheimnisvolle einer Norma Winstone der Jetztzeit, schon eher passt da ein Vergleich zu frühen Aufnahmen der Kollegin und auch nicht das Feuer und Temperament einer Flora Purim, die es ja auch verstand, ihre Stimme variabel einzusetzen.
Das soll keine Kritik an der Ausführung und stimmlichen Fertigkeit darstellen, nur ist es subjektiv gesehen so, dass ich mich mit der Kombination auf dieser Platte nicht anfreunden kann. Denn immer dann, wenn die übrigen Musiker ihre Beiträge vortragen, bemerke ich diesen Unterschied. Und so rücken für mich die Beiträge dieser leider oft in den Hintergrund und ich wünschte die Band allein insgesamt präsenter. Anders sehe ich es bei den Songs mit den überwiegenden Textbeiträgen, oder dort, wo auch Text vorgetragen wird. Dort passt es (mir) dann auch besser…

Ansonsten halte ich die Musik für sehr interessant und gerade Tori Freestone ist es, die sehr gute emotionale Jazzelemente einbringt. Und so ist es der Gitarrist, der wiederum dafür sorgt, dass auch Spuren von Rock enthalten sind. Sehr flexibel agiert der Schlagzeuger und der Bassist ist als sehr bindendes Element tätig. Mal sind die Songs Jazz-lastiger, dann wiederum schleichen sich Latin-Einflüsse ein und auch ein wenig freie Improvisation macht sich gelegentlich breit. Und so schwanke ich hin und her, zwischen nur guten und außerordentlich mitreißenden Momenten. Das wiederum zeugt, anders gesehen, von viel Abwechslung.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Ultimate Big Cheese [Manington/Beraha](6:15)
2 Mourning Porridge [Turville](6:05)
3 The Anchor Song [Björk, arr. Manington](7:53)
4 Tilt [Franks](6:58)
5 Avocado Deficit [Freestone] (6:22)
6 Her Words, Like Butterflies [Beraha](4:53)
7 Universal Four [Freestone](8:09)
8 Solstice [Hart](8:06)
9 Unspoken [Beraha](8:13)
Besetzung

1 Ultimate Big Cheese [Manington/Beraha] (6:15)
2 Mourning Porridge [Turville] (6:05)
3 The Anchor Song [Björk, arr. Manington] (7:53)
4 Tilt [Franks] (6:58)
5 Avocado Deficit [Freestone] (6:22)
6 Her Words, Like Butterflies [Beraha](4:53)
7 Universal Four [Freestone](8:09)
8 Solstice [Hart](8:06)
9 Unspoken [Beraha](8:13)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>