Musik an sich


Reviews
Mozart; W. A. (Willens)

Klavierkonzerte 1 (Nr. 9 & Nr. 12, Rondo in A-Dur)


Info
Musikrichtung: Klassik Klavier

VÖ: 17.11.2010

(BIS / Klassik Center Kassel SACD hybrid / 2009 / Best. Nr. BIS-1794)

Gesamtspielzeit: 58:36



VIELVERSPRECHEND, ABER MIT SPIELRAUM ZUR INTERPRETENSPITZE

Die Gesamteinspielung von Beethoven Klaviermusik ist noch nicht abgeschlossen, da hat der umtriebige Ronald Brautigam schon das nächste Großprojekt in Arbeit: sämtliche Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart.

Die erste Folge bringt eines der berühmtesten Werke, das früher als Jeunehomme und inzwischen als Jenamy bekannte Klavierkonzert Nr. 9, das Mozart 1777 für die Französin Victoire Jenamy komponiert hat. Was diese an Fingerfertigkeit und rhetorischem Einfühlungsvermögen besessen haben muss, kann man anhand des anspruchsvollen Parts erahnen.
Brautigam bleibt dem Konzert nichts an Bravour schuldig. Die Klarheit und Durchsichtigkeit, die seinen Beethoven kennzeichnet, findet sich auch hier, gepaart mit viel Sinn für Mozarts Humor und einem chromatisch geschärften Schmerzenston, der sich im langsamen Mittelsatz zu fast schon katastrophischer Intensität verdichtet. Das Instrument, wieder ein großartiger Nachbau von Paul McNulty, ist ein Kompromiss: Das Original stammt aus der Werkstatt des berühmten Wiener Meisters Anton Walter und erblickte im Jahr 1795 das Licht. Der Klang ist für ein Hammerklavier also durchaus recht kraftvoll, ein Instrument aus den 1770er Jahren hätte da wohl noch etwas weniger Substanz besessen. Dafür schwächelt weder die Mechanik noch die Intonation.
Der Orchestersatz ist noch nicht allzu elaboriert. Zu den Streichern kommen noch je zwei Oboen und Hörner. Dennoch: Obwohl die Nr. 9 noch vom Geist des Sturm und Drang beseelt ist, ist das klassische Profil schon ausgeprägt. Wobei die Kölner Akademie unter der Leitung von Michael Alexander Willens die Möglichkeiten farbiger Artikulation und dynamischer Akzentuierung eher routiniert nutzt, dafür aber mit Nachdruck auftritt. Brautigams Solopart gerät da mitunter etwas ins Hintertreffen.
Was die Balance und die orchestrale Feinabstimmung angeht, scheint mir die Originalklang-Einspielung dieses Konzerts durch Concerto Köln und Andreas Staier (Teldec/Warner) doch nach wie vor unübertroffen.

Das 1782 in Wien entstandene Klavierkonzert Nr. 12 wirkt im Vergleich zum „Jenamy“ zunächst weniger spektakulär, ist aber im Ausdruck ungemein verbindlich und vor allem im Detail immer wieder originell gearbeitet. Einige Momente im 2. Satz wirken wie eine Vorahnung romantischer Mondlicht-Impressionen. In der Besetzung ebenso „einfach“ wie die Nr. 9, ist es auch mit Streichquartett alleine ausführbar (aber auf die fernen Hörner möchte man vor allem bei den besagten Stellen im 2. Satz nicht verzichten …). Hier sind Brautigams draufgängerisches Temperament und das Spiel der Kölner Akademie besser aufeinander abgestimmt.
Mit dem hübschen Konzertrondo KV 386 beschließen Brautigam und Die Kölner Akademie ihren Mozart-Auftakt, der vielversprechend beginnt, ohne gleich neue Bestmarken zu setzen.



Georg Henkel



Besetzung

Ronald Brautigam: Fortepiano von Paul McNulty nach Anton Walter (1795)

Kölner Akademie

Michael Alexander Willens: Leitung


 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>