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Grobschnitt

Illegal


Info
Musikrichtung: Krautrock

VÖ: 05.12.2008 (1981)

(Revisted / SPV)

Gesamtspielzeit: 63:43


Der Wechsel an den vier Saiten und der Ausbau eines eigenen Tonstudios auf einem Bauernhof in der Nähe von Wuppertal habe zu einer erheblichen Zäsur in der Bandgeschichte geführt, berichtet Bandkopf Eroc in den Linernotes. Und ja, Illegal hört sich durchaus etwas anders an, als bisherige Grobschnitt- Alben.

Zwei Stücke sind es, die aus dem Album herausragen. Da ist zum einen das Titelstück „Illegal“ und zum anderen die Single-Auskopplung „Silent Movie“, die erhebliche Erfolge einfahren konnte – möglicherweise gepusht durch den vorhergehenden Erfolg des Eroc-Solo-Stücks „Wolkenreise“, das nach einem nicht unähnlichen Muster gestrickt war.

„Illegal“ ist das Stück, das den anarchischen Humor aufgreift und am Leben hält, der mit zu der singulären Stellung beigetragen, die Grobschnitt in der Krautrock-Szene eingenommen hatten – ein Humor, der höchstens noch von Guru Guru getoppt wurde.
In acht Minuten singen Grobschnitt das Loblied des Straßenmusikanten, der der geordneten, verordneten Spießbürger-Gesellschaft ein Dorn im Auge ist, weil er sich nicht an die vorgegebenen Regeln von Verordnung und Entlohnung hält. Das zum Teil hörspielartige Ganze ist eingebetet in ein stimulierendes Umfeld rockender und tobender Töne, das in der noch einmal gut drei Minuten längeren Live-Bonus-Version besonders gut zum Tragen kommt.

„Silent Movie“ zeigt die Band von einer völlig anderen Seite. Ein wunderschön filigraner Akustiktrack verzaubert den Hörer und entführt ihn in wunderbare Welten feenhafter Leichtigkeit. Hier scheinen zeitgenössische Parallelphänomene wie z.B. Andreas Vollenweider, der Ende der 70er die Harfe in die Charts gespielt hatte, zumindest tendenziell Pate gestanden zu haben. Grobschnitt gelingt dabei das Kunststück mit „Silent Movie“ so ungekünstelt daher zu kommen, dass jede Spur von Kitsch oder fadem New Age-Geschmack sauber umschifft wird. Ein 50-Punkte-Track.

Neben diesen beiden Übernummern wirkt das gesamt restliche Album unspektakulär. Und insbesondere „Joker“ und „Simple Dimple“ sind tatsächlich etwas blass; während „Raintime“ im akustischen Alternative Mix gewinnt und ein wenig aus dem Schatten des sehr kleinen Bruders von „Silent Movie“ heraus tritt.

Nähere Aufmerksamkeit haben aber zumindest noch die beiden ersten Stücke verdient. „The Sniffer” ist ein Hohn triefendes Spottlied auf Spitzel, Schnüffler und ähnliches Pack, dessen Witz aber wohl vor allem in der Bühnenpräsentation zu Tage trat. Auf dem Album ist es ein solider packender Rocker, der ziemlich gleichmäßig auf Gitarren und Keyboards setzt.
Beim „Space Rider“ kommt der grobgeschnittene Sinn für Humor auch in der Musik bereits etwas stärker zum tragen.

Eine große Scheibe, die gerade mit den beiden Eröffnungsstücken und dem großartigen „Silent Movie“ auch für die Musikfreunde einiges zu bieten hat, denen die musikalisch und Image-mäßig viel zu abgedrehten Solar Music-Vater Schmidt-Grobschnitt wenig gesagt hatten.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1The Sniffer 5:26
2 Space-Rider 4:49
3 Mary Green 8:21
4 Silent Movie 3:15
5 Joker 4:54
6 Illegal 8:13
7 Simple Dimple 4:42
8 Raintime 4:16
9 Illegal (Live)11:30
10 Silent Movie (Alternative Mix) 3:28
11 Raintime (Alternative Mix) 4:16
Besetzung

Lupo (Git)
Milla Kapolke (B, Voc, Ak. Git)
Eroc (Dr, Effekte)
Wildschwein (Voc, Git)
Mist (Keys, Back Voc)
Toni Moff Mollo (Voc, Perc)


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