Musik an sich


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Förtsch, J. Ph. (Wilson)

Geistliche Konzerte


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 17.11.2008

(cpo / jpc / CD DDD / 2007 live / Best. Nr. 777 369-2)

Gesamtspielzeit: 79:03

Internet:

jpc
Musica Fiata



VON DER OPER IN DIE KIRCHE

Der 1652 in Franken geborene Johann Philipp Förtsch reüssierte als Opernkomponist und Hofkapellmeister in Hamburg und Schleswig. Doch der Opernbetrieb und die protestantische Kirche waren im norddeutschen Raum zu jener Zeit durchaus keine Rivalen, sondern vielfach sogar personell miteinander verwoben. So nimmt es nicht wunder, dass Förtsch auch mit geistlichen Kompositionen in Erscheinung trat. Dabei sprengte er in seinen Geistlichen Konzerten das enge Korsett der Vertonung des bloßen Evangelientextes. Er entschied sich nämlich, das Geschehen nicht biblisch-narrativ, sondern durch die handelnden Personen vortragen zu lassen und dadurch ein höheres Maß an Lebendigkeit und Dramatik zu erzielen. Zur Erläuterung oder Ausmalung der auf diese Weise dargestellten Ereignisse dienen Choraleinschübe und Arien mit frei gedichteten Texten.
Dass Förtsch trotz dieses damals neuartigen Ansatzes nicht zu den ganz großen seiner Zeit gerechnet werden kann, mag man auf die Kürze der musikalischen Sinnabschnitte zurückführen. Der dialogischen Charakter in Verbindung mit höchst knapp gehaltenen, liedhaften Arien ohne Textwiederholung eröffnete wenig Raum für Auszierungen, Steigerungen und komplexe Strukturen, so man denn die Textverständlichkeit erhalten wissen wollte. Dies bedingt eine gewisse Monochromie. Für sich genommen aber wirkt andererseits gerade durch diese Methode jedes der Konzerte höchst stringent.

In der Wahl der musikalischen Mittel reicher und von höchst unmittelbarer, fast soghafter Wirkung sind demgegenüber Förtschs Psalmvertonungen (Track Nr. 4, 6 und 8). Mit ihrem aus einer strengen Grundanlage heraus entwickelten emotionalen Ausdruck und der kunstvollen Führung der Instrumentalbegeleitung rücken diese Werke in die Nähe des großen Vorbilds aus Lübeck, Dietrich Buxtehude (1637-1707).

Schon allein deshalb lohnt es sich, Förtschs Musik kennenzulernen. Doch auch die weniger ambitionierten Geistlichen Konzerte geraten hier zu einem Hörgenuss. Wie kaum ein anderes Ensemble schafft es La Capella Ducale unter der Leitung von Robert Wilson, edlen Chorklang und wohldosierte Ausdrucksstärke miteinander zu vereinen. Der in den vier Stimmen zumeist nur einzeln, teils mit zwei Sopranen und/oder Tenören besetzte Chor produziert einen ätherisch-schwebenden Klang bei durchweg klarer Artikulation. Eine Andachtsmusik im allerbesten Sinne, die von den Instrumentalisten der Musica Fiata lebendig und zugleich behutsam begleitet wird.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1 Du Heiden Trost 08:07
2 Komm, lasset uns gehen gen Bethlehem 06:42
3 Wer Jesum liebt 09:35
4 Herr, wie lange willtu mein so gar vergessen 06:13
5 Die Wunder sind zu groß 06:18
6 Aus der Tiefe 08:04
7 Ihr Sünder, tretet bald herzu 08:54
8 Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen 12:50
9 Mensch, was du tust 12:20
Besetzung

La Capalla Ducale
Musica Fiata

Roland Wilson: Ltg.


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