Billy Joel

Cold Spring Harbour (Review-Serie, Teil 2)


Info
Musikrichtung: Singer / Songwriter

VÖ: 05.11.2021 (1971)

(Columbia / Legacy / Sony)

Gesamtspielzeit: 30:05



Billy Joel-Vinyl-Review-Serie 2022, Teil 2: Cold Spring Harbour



In der vergangenen Ausgabe haben wir einen Blick auf das komplette 9-LP-Boxset geworfen, mit dem die 70er Jahre Alben von Billy Joel wiederveröffentlicht worden sind. Wie angekündigt machen wir uns nun daran die sieben Original-Alben, die darin enthalten sind, Stück für Stück zu besprechen. Logischerweise beginnen wir mit dem Debüt aus dem Jahr 1971.


Nicht nur von vielen Kritikern, auch von Billy Joel selbst, ist dieses Album bald recht geringschätzig bewertet worden. Ein in meinen Augen unangemessenes Urteil, das nur dann Sinn macht, wenn sich bereits Alben wie Turnstiles, The Stranger, eventuell sogar schon 52nd Street im Hinterkopf befinden. Betrachtet man Cold Spring Harbour aber für sich uns aus seiner Zeit heraus, muss das Urteil ganz anders ausfallen. Denn hier steht noch gar nicht der sich an die Rockmusik heranarbeitende, sorgfältig produzierte Star der späten 70er Jahre vor uns, sondern einer aus einer Reihe von Singer/Songwritern der späten 60er und frühen 70er Jahre.

Und in diesem Kontext kann sich dieser ganz frühe Billy Joel mehr als sehen lassen. Seine variable Stimme, auch wenn sie oft noch recht brüchig und sehr jung klingt, und das kraftvolle Klavierspiel, dem man den jahrelangen (von den Eltern erzwungenen) klassischen Unterricht anmerkt, heben ihn deutlich über viele der Flower Power- und Folk-Sänger hinaus.

Was aus ihm werden kann, deutet sich bereits an, wenn die Stimme bei „Tomorrow is today“ plötzlich kraftvoll ausbricht oder „Everybody loves you now“ sich kompositorisch und vom Arrangement her weit aus dem Songwriter-Fenster hinauslehnt. Auch seine Fähigkeiten als Texter blitzen bereits auf, wie z.B. die subtilen Textzeilen „A Man my Age is very young, so I’m told. Why do I feel so old?” in dem Trennungsschmerz-Song „Why Judy why” beweisen.

Ansonsten knüpft Joel mit dem poppig lebendigen „You look so good to me“ locker an die Popmusik seiner Zeit an, oder bewegt sich mit „You make me free“ in den Fussstapfen der Beatles, wenn er sich am Ende in McCartney-Manier überschreit.

Natürlich kann Cold Spring Harbour nicht mit den späteren Glanztaten eines der besten und eigenständigsten Musiker der USA mithalten, aber ein mehr als respektables Debüt ist es allemal.

Der Re-Release erscheint im Rahmen des Boxsets offenbar in genau der Ausstattung des 1971er Originals – und da musste sich der Newcomer mit dem Allernötigsten begnügen. Das Vinyl steckt in einer einfachen ungefütterten weißen Innentasche mit beidseitiger Labelaussparung. Das Steckcover im Schwarzweiß-Druck bietet auf der Rückseite neben der Tracklist immerhin eine ganze Reihe von Credits – auch über die Besetzungsliste hinaus.

Dass die Texte fehlen, ist natürlich eigentlich unmöglich, in diesem Fall aber kein Problem, da sie im Booklet des Boxsets abgedruckt sind.



Norbert von Fransecky



Trackliste
Seite 1
1 She's got a Way (2:50)
2 You can make me free (2:57)
3 Everybody loves you now (2:48)
4 Why Judy why (2:55)
5 Falling of the Rain (2:41)
Seite 2
6 Turn around (3:07)
7 You look so good to me (2:27)
8 Tomorrow is today (4:39)
9 Nocturne (2:50)
10 Got to begin again (2:51)
Besetzung

Billy Joel (Keys, Mundharmonika, Voc)
Rhys Clark (Dr)
Denny Siewell (Dr)
Don Evans (Git)
Sal de Troia (Git)
Joe Osborn (B)
Larry Knechtel (B)
Sneaky Pete (Steel Git)
Mike McGee (Dr <3,6>)
Al Campbell (Keys <6>)
L.D. Dixon (Piano <6>)



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