The Doomsday Kingdom

The Doomsday Kingdom


Info
Musikrichtung: Metal

VÖ: 31.03.2017

(Nuclear Blast)

Gesamtspielzeit: 52:19


Seit 2014 litt Leif Edling an einem Chronischen Erschöpfungssyndrom und mußte als Bassist sowohl von Candlemass als auch von Avatarium pausieren, zumindest was Liveauftritte anging. Da die Krankheit aber offenbar schubweise auftrat, war ihm die Arbeit an neuen Songs und deren Aufnahme in bestimmtem Umfang weiterhin möglich, und das führte dazu, dass er sogar ein neues Projekt ins Leben rief, es The Doomsday Kingdom nannte und zunächst im Alleingang ein Demo einspielte, bevor er sich entschloß, eine weitere „richtige“ Band oder vielmehr ein „All-Star-Projekt“ daraus zu machen, das dann das selbstbetitelte Debütalbum einspielte. Der Draht zu Gitarrist Marcus Jidell war dabei kurz, denn dieser spielt auch bei Avatarium mit. Für das Schlagzeug wurde Andreas (Habo) Johansson rekrutiert, den der Schweden-Metal-Anhänger von Narnia und zwei Handvoll von Projekten aus deren Umfeld kennt, und am Mikrofon fand sich Niklas Stålvind ein, der sonst bei Wolf singt und manchem besser als Niklas Olsson geläufig sein dürfte.
Die spannende Frage war nun, wie diese neue Truppe klingt, denn man kennt Edling als eine der führenden Persönlichkeiten der Doom-Szene, aber das bedeutet ja nicht automatisch, dass er sein Schaffen auf diese limitieren würde, wenngleich man jetzt auch nicht unbedingt Ska oder Polka von ihm erwarten würde. Der Bandname scheint freilich schon darauf hinzuweisen, dass auch diese Formation im Doom anzusiedeln ist, und die optische Gestaltung des Digipacks mit Edling auf einem französischen Friedhof stehend befeuert diese Vermutung noch. Nach Durchhören der 52 Minuten aber ist man überrascht: Ja, es gibt Doomelemente, aber viel stärker wurzelt das Material im Power Metal. Schon der Opener „Silent Kingdom“ bleibt doomfreie Zone und kommt recht flotten Schrittes zum Ziel, erst „The Never Machine“ baut eher zögernd erste doomige Passagen ein, bleibt aber in der Gesamtbetrachtung eher angedüsterter Power Metal. „A Spoonful Of Darkness“ wiederum gebärdet sich vier Minuten lang wie klassischer schwedischer Melodic Metal und klingt ungelogen wie ein Wolf-Outtake, bevor die hinteren zwei Minuten dann klassischen Doom bieten, angereichert allerdings durch einen vermutlich aus der Konserve kommenden Chor. Besagte Stelle in Minute 4 wird zu einem zentralen Wendepunkt des ganzen Albums. Bis dahin musiziert das genannte Quartett nämlich alleine, erst dann greift Carl Westholm ins Geschehen ein, der als Keyboarder mal mit Gast-, mal mit offiziellem Bandmitgliederstatus mehr oder weniger Edlings komplettes Schaffen der letzten drei Jahrzehnte begleitet hat. Das Instrumental „See You Tomorrow“ gestalten er am Klavier und Jidell an der Akustikgitarre im Alleingang, und in „The Sceptre“ sorgt er für die Hammonduntermalung der Bridge, was die Nummer quasi im Alleingang wahlweise in die Siebziger oder die Neunziger tendieren läßt – in erstere, weil Joakim Svalberg gasthalber auch noch ein Moog-Solo beisteuert, in zweitere, weil dieser Song durchaus auch auf das Abstrakt-Algebra-Album gepaßt hätte, woran das Gastgitarrensolo von Angel Witchs Kevin Heybourne nichts ändert. Und auch in der Generalbetrachtung lagern The Doomsday Kingdom im Vergleich zu allen anderen Edling-Spielwiesen am nächsten bei Abstrakt Algebra, wobei sie das auf deren Einzling gelegentlich vorhandene psychotische Element nicht aufgreifen, sondern im Direktvergleich deutlich mehr klassischen Metal intus haben. Besagtes „The Sceptre“ weist am stärksten in diese Richtung, nicht zuletzt auch aufgrund der verschrobenen Rhythmik, während Nummern wie etwa gleich das folgende „Hand Of Hell“ diesbezüglich eher geradlinig gehalten sind und diese Nummer außerdem auch wieder das Tempo des Openers aufgreift, wenngleich sie einen schleppenderen Mittelteil eingepflanzt bekommen hat, der wiederum auch auf eines der neueren Candlemass-Alben gepaßt hätte, die einleitende verzerrte Stimme Stålvinds mal ausgeklammert, die aber den Eindruck nicht zu stören vermag, sondern als Bereicherung wahrgenommen werden kann und in der Gesamtbetrachtung sowieso eines der ganz wenigen Elemente des Albums darstellt, die man mit dem Terminus „modern“ beschreiben könnte. Ansonsten bleibt der Vokalist fast durchgehend in den Tonlagen, die man auch bei Wolf von ihm hört, reizt die Höhen aber nicht aus und erinnert in der Candlemass-Sängerliste am ehesten an Mats Levén oder auch an Thomas Vikström. Nur in „The Silence“ wechselt er in eine ungewöhnliche Lage, nämlich in den ausgedehnten Passagen, die einen entspannten Keyboardhimmel herzaubern, der dem doomig-verschrobenen Einleitungsteil einen Kontrapunkt entgegensetzt, während später auch noch der gewohnte düstere Power Metal zu seinem Recht kommt, allerdings noch ein weiteres Mal das Feld für diesen völlig eigentümlichen entspannten Part räumen muß, der die sieben Minuten dann zu Ende bringt. Das ist noch so eine Nummer, die auch auf der Abstrakt-Algebra-Scheibe hätte stehen können, und im Booklet ist interessanterweise hier nicht vermerkt, wer die Keyboards spielt, während Edling das sonst genau aufgeschlüsselt hat. Im abschließenden „God Particle“ ist es dem Booklet zufolge wieder Westholm, der hier am Mellotron agiert und einen Mix aus klassischem Candlemass-Doom (der ganze Einleitungsteil hätte problemlos auch im Candlemass-Kontext verarbeitet werden können) und Krautrock veredelt. Hier singt Edling selbst, und zwar in den krautrockigen Passagen in einer Stimmfärbung, die gar nicht so weit von der ungewöhnlichen in „The Silence“ entfernt liegt. Sollte er das dort auch sein? Die Lage bleibt vorläufig unklar. Das letzte Gitarrensolo von „God Particle“ hat Edling übrigens auch selber eingespielt, vielleicht ist da auch noch Material von der Demoaufnahme eingeflossen. Auch das ist nochmal ein Song, der zu Abstrakt Algebra gepaßt hätte und der summiert den stärksten Doomaspekt aufweist – wenn er einer der frühen Songs für dieses Projekt gewesen sein sollte, könnte man den doomigen Bandnamen also durchaus verstehen bzw. zumindest sein Zustandekommen ergründen, wohingegen wie erwähnt das Gesamtbild in den 52 Minuten eher als düsterer Power Metal anzusprechen wäre, so dass niemand mit falschen Erwartungen an diese Scheibe herangehen sollte. Für den Typus Klangweltenwanderer, der eben die Abstrakt-Algebra-Scheibe schätzte und nicht auf den psychotischen Aspekt festgenagelt ist, dürfte das Werk hingegen hochgradig interessant sein.



Roland Ludwig



Trackliste
1Silent Kingdom5:11
2Never Machine6:35
3A Spoonful Of Darkness5:50
4See You Tomorrow4:36
5The Sceptre7:19
6Hand Of Hell5:58
7The Silence7:26
8The God Particle9:17
Besetzung

Niklas Stålvind (Voc)
Marcus Jidell (Git)
Leif Edling (B)
Andreas (Habo) Johansson (Dr)



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