Musik an sich


Reviews
Jacob Anderskov

Resonance


Info
Musikrichtung: Jazz/Klassik/Avantgarde-Fusion

VÖ: 09.12.2016

(Stunt)

Gesamtspielzeit: 42:49

Internet:

http://jacobanderskov.dk/
http://www.sundance.dk
http://uk-promotion.de/home/


Na, das ist doch einmal etwas ganz Anderes! Mit der einzigen Nicht-Eigenkomposition, nämlich “What Reason Could I Give“ von Ornette Coleman, startet diese wirklich außergewöhnliche Platte des dänischen Pianisten Jacob Anderskov.
Klingen die zunächst allein agierenden drei Streicher noch sehr betrübt und dick melancholisch und auch traurig, so heitern das nach etwa eineinhalb Minuten eintretende Gespann von Piano und Schlagzeug auf. Kurz darauf scheinen sich dann beide Elemente zu verbinden.
Und genau diese Verbindung ist es, von der die Musik lebt und sie sehr lebendig erscheinen lässt.

Der 1975 geborene Musiker soll inspiriert sein von einer Aussage Miles Davis‘: “You listen… then you play”. Und er scheint gut zugehört zu haben, und er spielt die Umsetzung dessen sehr gut.
Da ist nicht nur allein Jazz, den ich in seinem Spiel vernehme. Auch Spuren von Gospel, Soul, Folklore und Blues kann ich hören und spüren. Und dazu in Verbindung mit den Streichern diese Nutzung von Elementen klassischer Musik, dass Alles ist es, was diese sehr stimmige Verbindung ausdrückt.
Man mag zunächst ein Piano-Trio vermuten, Piano – Bass – Schlagzeug, wenn da nicht das Cello wäre. Und genau dieses Instrument scheint mir das Bindeglied zu sein, die Verbindung von Klassik und Jazz, kann man doch beide Stile trefflich damit spielen.

Das Album Resonance ist das zweite der Formation, und während das erste bereits eine Menge Lob einheimste, so muss sich dieses zwangsläufig mit dieser neuen Platte fortsetzen, denn wiederum ist etwas einzigartig Klingendes entstanden, etwas ganz Besonderes. Musik, die viele Sinne anregt, und so springt man zwischen Melancholie, Gedankenverlorenheit, Freude, Innehalten und Wohlfühlen unbeschwert hin und her. Bereits in jeder einzelner Komposition entstehen scheinbar mühelos, aus dem Augenblick heraus, wechselnde Stimmungen. Alle Bandmitglieder spielen vorzüglich miteinander, und wenngleich es manchmal auch so erscheinen mag, dass die Streicher gegen den Strich und Piano/Schlagzeug streichen, dann ist dem gar nicht so. Denn man fängt sich untereinander auf und ein. Eine hohe Integrität durchfließt das Spiel Aller, und das mit ganz viel Gefühl. Dabei nimmt sich selbst der nicht zum reinen Rhythmusgeber verurteilte Schlagzeuger Frei- und Spielraum, gestaltet mühelos, von zaghaft/zart bis donnernd, mit, und sein manchmal allein von Streichern begleitetes Spiel ergibt eine wundersame und leicht geheimnisvoll erscheinende Mischung.

Und so kann man sich gedanklich durchaus zwischen Märchenwald, Schauspielbühne und Filmtheater bewegen, ja, die Musik weckt reichliche Assoziationen. Sicher könnte man nun ganz grob gesehen, die Schublade “Third Stream“ aufziehen, jene Richtung, die versuchte, Jazz und europäische Klassik miteinander zu verbinden. Doch dieses ist anders, die Musik erscheint mir lebendiger als jene des genannten Genres.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 What Reason Could I Give (3:40)
2 Resonance (8:07)
3 8th Avenue Tranquility (4:30)
4 Capone (6:46)
5 Alpha (4:20)
6 Impermanence II (4:15)
7 Portrait (2:52)
8 Open Society (8:26)
(all compositions by Jacob Anderskov, except #1 by Ornette Coleman)
Besetzung

Jacob Anderskov (piano)
Karen Johanne Pedersen (violin)
Mette Brandt (viola)
Ida Nørholm (cello)
Peter Bruun (drums, percussion)



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