Musik an sich


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IQ

Stage (2-DVD)


Info
Musikrichtung: Prog

VÖ: 17.11.2006

(InsideOut / SPV)

Gesamtspielzeit: 260:00

Internet:

http://www.gep.co.uk/iq


Ein erster Blick auf die CD-Hülle verheißt nichts Gutes. Genauer gesagt, sieht alles nach einer ziemlich dreisten Beutelschneiderei aus. Denn auf dieser Doppel-DVD befinden sich zwei Konzerte, die im Abstand von exakt einer(!) Woche stattgefunden haben. Und die Programme unterscheiden sich lediglich dadurch, dass bei dem etwas kürzeren Festivalauftritt auf der zweiten DVD vier Stücke des ersten Konzertes fehlen.

Also landet erst mal die erste DVD im Player und man sieht sich das „eigentliche“ Konzert an, aufgenommen beim Nearfest in Bethlehem, Pennsylvania, am 9. Juli 2005, zwei Tage nach dem ersten Gig mit dem neuen Drummer Andy Edwards.

Unsicherheiten aufgrund des neuen Line ups sind von Anfang an nicht zu beklagen. IQ liefern eine perfekte Show, die ihr durchdachtes und edel produziertes Studiomaterial nahezu im Maßstab 1:1 auf die Bühne bringt. Die Kameraführung und der Schnitt sind ruhig und geben ausreichend Zeit wahrzunehmen und zu verfolgen, was auf der Bühne passiert. Zum Teil arbeitet die DVD mit Split Screens. Das gibt die Möglichkeit gleichzeitig mehrere Musiker in Nahaufnahme zu zeigen oder die Band und die Filme, die auf drei Leinwänden über der Bühne gezeigt wurden, nebeneinander zu positionieren. Das gibt erheblich mehr Sinn als das hektische Wechseln zwischen Filmchen, Close ups und Totalen, unter dem Pink Floyds Pulse stellenweise litt.

Optisch und vom Stageacting her geben sich IQ verhalten. Die Bühne ist ebenso schwarz, wie die Kleidung der Musiker. Erleuchtet wird alles von blassem Licht in eher kühlen, bis kalten Farbtönen. Blau und Grün überwiegen, gelegentlich gibt es gelb und violett. Damit setzt die Band die Atmosphäre, die das Coverbild der aktuellen CD The dark Matter ausstrahlt, optisch gut um.

Im Mittelpunkt steht fast durchgehend Sänger Peter Nicholls. Das schafft zwar sicher Identität, aber auch ein wenig Gleichförmigkeit, da seine Stimme zwar charismatisch und ausdrucksstark, aber in der Variabilität auch limitiert ist. So ergeben sich während des fast zweistündigen Konzertes durchaus auch Längen.

Nach Ende des regulären Sets gibt es noch eine zwanzigminütige Zugabe, die extra gestartet werden muss. Vervollständigt wird DVD 1 von einem Einblick in den Soundchek zum Nearfest. Musikalisch gibt sich die Band dabei ähnlich perfekt, wie am Abend. Der Bühnenhintergrund ist jedoch hell erleuchtet und die Musiker stecken noch in Jeans und Hemd, so dass das Ganze einen etwas legereren Eindruck macht.

DVD 2 habe ich mit der Erwartung eingelegt, das Selbe in einer etwas weniger perfekten Open Air Inszenierung zu erleben. Wie habe ich mich getäuscht!
Gut, die perfekte eigenwillige Bühne muss Federn lassen. Herzberg ist schließlich so etwas wie ein Hippie-Festival. Da kann man nicht ganz in Schwarz kommen. Die Lichtanlage feuert also in leuchtendem Rot und Gelb und Grün – so wie man es von einer Lichtanlage eben erwartet. Das Publikum ist darüber hinaus von hell erleuchteten Ständen umzingelt. Das gibt einen Jahrmarktcharakter, der jede Düsternis vertreibt.

Und in diesem Umfeld wirken IQ wie ausgewechselt. Die perfekt aufspielende Band rockt plötzlich wie Sau. Das Publikum geht mit. Und Nicholls kommuniziert mit Ansagen und Kommentaren mit dem Publikum. Im Vergleich mit Herzberg wirkt der Nearfest Auftritt wie eine Studioaufnahme. DAS hier ist live. Dafür trete ich die DVD 1 komplett in die Tonne. Hier ist der eigentliche Diamant von Stage zu finden.

Die Bonüsse, die auf der DVD 2 zu finden sind, sind eher Pflichtprogramm. Ein Viertelstunde die üblichen Bachstage- und Soundcheck-Impressionen, eine Fotogalerie mit gut 40 Bildern vom Nearfest und noch einmal ein knapp fünfzehnminütiger Auszug aus dem ersten Live-Auftritt mit Andy Edwards, aufgenommen am 7. Juli in Montreal, gefilmt mit einer wackeligen Handkamera offenbar von einem Balkonplatz. Die absolut bootlegigen Bilder werden allerdings von einem sehr sauberen Ton begleitet.

Das Urteil vom Anfang „zwei Mal das Selbe“ ist also zu relativieren. Vom Material stimmt es schon, aber die Darbietung unterscheidet sich radikal. Eine perfekte Inszenierung steht neben einem „echten“ Live-Konzert. Und gerade bei einer Prog-Rock-Band sind das ja oft zwei Ansprüche, die sich beißen, so dass bei einem Konzert das eine auf Kosten des anderen geht. Stage beißt sich nicht, sondern liefert beides.



Norbert von Fransecky



Trackliste
DVD 1 – Live at Nearfest, USA, 9. Juli 2005
1 Sacred Sound
2 It All stops here
3 Leap of Faith
4 Born brilliant
5 The seventh House
6 Drum Solo
7 No Love lost
8 Widow’s Peak
9 The narow Margin (Middle Section)
10 Guiding Light
11 Harvest of Souls
Zugabe
12 Awake and nervous
13 The last human Gateway (Middle Section)
14 The Wake

15 Soundcheck

DVD 2 – Live at Burg Herzberg, D, 16. Juli 2005
1 Sacred Sound
2 It All stops here
3 Born brilliant
4 The seventh House
5 Drum Solo
6 No Love lost
7 Leap of Faith
8 The Wake
9 Harvest of Souls
Zugabe
10 Awake and nervous

12 Andys first Gig
13 Stage and Screen
14 Fotos
Besetzung

Andy Edwards (Dr)
Michael Holmes (Git, Keys)
John Jowitt (B, Back Voc)
Peter Nicholls (Voc)
Martin Orford (Keys, Back Voc)


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