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Woodstock - Wunder oder Waterloo? - Eine Abrechnung von Jörg Gülden

Info

Autor: Jörg Gülden

Titel: Woodstock - Wunder oder Waterloo?

Verlag: Hannibal

ISBN: 978-3-85445-299-7

Preis: € 14,95

255 Seiten

Internet:
http://www.hannibal-verlag.de

Jörg Gülden war nicht auf dem Woodstock-Festival - viele andere waren jedoch da und vielleicht noch viel mehr wollen angeblich dabei gewesen sein. Und Jörg Gülden ist sogar froh, nicht dabei gewesen zu sein, wie man bereits an seinem Buchtitel Woodstock - Wunder oder Waterloo? und spätestens am Untertitel "(oder: Wie ich zum Glück leider mal nicht in Woodstock war)" feststellen kann. Als eine organisatorische Katastrophe und ein zunächst finanzielles Fiasko beschreibt er das in die Musikgeschichte eingegangene Festival (weiterer Untertitel: "Eine Abrechnung von Jörg Gülden") und vermittelt dem Leser eine unterhaltsame und kritische Zusammenfassung der Geschichte dieser Veranstaltung, der dieser kleine, süße und gelbe Vogel, der immer auf der Hundehütte von Snoopy sitzt, seinen Namen zu verdanken hat.

Viele potentielle Leser dieses Buches werden wie Jörg Gülden ebenfalls im Hippiesommer 1969 nicht in Woodstock gewesen und so einige wohl noch nicht einmal geboren worden sein. Und wer vom 15. bis 18. August 1969 tatsächlich in Woodstock war, wird vom Festival wohl nicht viel mitbekommen haben, schließlich fand dieses eben nicht in Woodstock, sondern im etwa 70 km entfernten und beschaulichen Bethel (einwohnermäßig nur etwas größer als Wacken, ansonsten wohl ähnlich matschig) statt. Genau 40 Jahre ist das jetzt her und passend zum Jubiläum erscheint diese "Abrechnung".

Im Nachhinein ist Woodstock ein grandioses Hippie-Festival der Liebe und des Friedens geworden und mit zeitlichem Abstand wohl immer mehr glorifiziert und mythisiert worden. Tatsächlich ging es aber zunächst einmal um Geld: dieses zu verdienen war das primäre Ziel der Veranstalter John Roberts, Joel Rosenman, Michael Lang und Artie Kornfield. Leider ging dann bei diesem Festival schief, was nur schief gehen konnte, aber letztlich hat dieses wohl mit dazu beigetragen, dass Woodstock noch nach 40 Jahren unvergessen ist - ob man nun dabei war oder nicht.

Das Buch beschreibt die Vorbereitungen der Organisatoren und die im Vorfeld entstandenen großen Probleme, einen geeigneten Ort zu finden. Dieser war mit Wallkill nach einigen Umwegen zwar wenige Monate vor Beginn der Veranstaltung gefunden, doch es stellte sich schnell heraus, dass die Bürger von Wallkill wohl eher die kostümierten Mitglieder des Ku-Klux-Klans im Garten toleriert hätten als kopulierende Hippies. Nach einigem Hin und Her und gerichtlichen Auseinandersetzungen musste daher die ganze Veranstaltung kurzfristig auf den Acker von Max Yasgur in Bethel verlegt werden.

Nachdem schließlich auch noch viele Wunschkandidaten wie die Beatles, Led Zeppelin, Zappa und Dylan nicht kamen (stattdessen kamen Melanie und viele eher unbekanntere Bands), wurde das Festival in Bethel schließlich durch die unerwarteten Besuchermassen ein absolutes Chaos. Kassenhäuschen gab es schon recht früh nicht mehr und die Verkehrslage, die Versorgung mit Essen und Trinken und nicht zuletzt die sanitären Verhältnisse gingen schließlich im Dauerregen den Bach runter. Als Folge mussten teilweise Hamburger mit 20 $ bezahlt werden, während ein LSD-Trip für nur 4 $ zu haben war...

Jörg Gülden erzählt in unterhaltsamer, teils frecher und witziger Erzählweise mit vielen Seitenhieben auf die amerikanischen Moralvorstellungen der 60er Jahre die Geschichte des Woodstock-Festivals und würzt dies mit autobiografischen Elementen. Dass es doch einige wenige Flüchtigkeitsfehler in das Buches geschafft haben (so fällt z.B. am Ende des Buches der 40. Jahrestag des Woodstock-Festivals mit dem 10. Jahrestag des deutschen Mauerfalls zusammen...), verzeiht man dem Buch daher gern, denn wer ein nettes Buch mit Hintergründen von Woodstock lesen möchte, wird hier sehr gut bedient.

Jörg Gülden war Mitarbeiter der Zeitschrift "Sounds", Chefredakteur des deutschen "Rolling Stone" und hat zahlreiche Bücher verfasst. Er verstarb leider kurz nach der Veröffentlichung dieses Buches im Mai 2009.

Jürgen Weber


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