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Artikel

JEFF MARTIN - Live-Magie in Dublin

Info

Künstler: Jeff Martin

Zeit: 17.02.2007

Ort: Dublin - Sugar Club

Internet:
http://www.jeff-martin.net
http://www.myspace.com/jeffmartinsolo

Wie heißt es so schön? Wenn der Berg nicht zum Prophet kommt, muss der Prophet eben zum Berg kommen. So oder so ähnlich hätte das Motto für einen kleinen Wochenendabstecher in die irländische Hauptstadt Dublin lauten können. Dort machte der ex-The Tea Party-Vordenker Jeff Martin auf seiner Irland-Tour an einem Samstag im Februar halt. Da Herr Martin ja eher selten in unseren Breitengraden zum Tanze aufspielt, nimmt man auch mal einen etwas längeren Weg zu einem seiner Konzerte in Kauf. Aber „eigentlich“ flogen mein Kumpane Markus und ich ja nur just-for-fun ein Wochenende nach Irland. Denn wirklich nur Superfreaks fahren ihren Stars durch halb Europa nach, oder nicht?

Freitag frühmorgens sollte es losgehen. Nach einer ca. siebenstündigen Anreise standen wir nun da in der Heimatstadt von Phil Lynott und Paul „Bono“ Hewson. Und der erste Eindruck war vergleichbar mit dem jeder beliebigen anderen europäischen Großstadt. Laut, hektisch, überfüllte Busse und hunderte von Läden die es auf den Geldbeutel des Besuchers abgesehen haben. Am Ende also eher Liebe auf dem zweiten Blick. Viel aufregender ist es dagegen wenn sich der Tag langsam dem Ende entgegenneigt. Dann locken zahllose Pubs und Klubs. Besonders der Temple Bar-Bezirk, die Dubliner Ausgehmeile schlechthin, mit seinem großen Kneipen- und Nachtklubangebot zieht die Ausgehwilligen magisch an. Auch für Musikfans ist dies eine optimale Anlaufstelle. Denn fast in jedem Laden gibt es Livemusik, auf den Straßen geben Straßenmusiker ihr Können zum Besten und da ist dann auch noch das Temple Bar Music Centre, in dem regelmäßig Konzerte bekannter Acts stattfinden (an diesem Wochenende war es eine grandiose Thin Lizzy-Coverband). Das Wort Langeweile kann man hier also ruhigen Gewissens aus seinem Wörterbuch streichen.




Samstag, Konzerttag: Nachdem tagsüber noch der obligatorische Besuch im Guinness Storehouse auf dem Programm stand, machten wir uns abends auf dem Weg in den Sugar Club, in dem Jeff Martin zum Spartarif von 12,- EUR auftreten sollte. Der Sugar Club scheint derzeit so etwas wie der noble In-Club für die Dubliner zu sein. Ähnlich aufgemacht wie ein altes Kino mit roten Sofas und Tischen. Hier finden ansonsten Disco- und Tanzveranstaltungen statt. Heute dagegen stand akustische Gitarrenmusik im Mittelpunkt. Doch bevor der Hauptakteur die Bühne in Beschlag nahm, stand erst einmal ein Supportact auf dem Programm. Leider habe ich seinen Namen nicht herausfinden können, was schade ist. Denn was dieser Herr bot war wirklich sehr unterhaltsam. Bewaffnet mit seiner Gitarre und begleitet von einem Mitmusiker an Keyboard und Bodhran bot er mit seiner sehr ausdrucksstarken Stimme eine halbe Stunde lang tollen Singer/Songwriter-Sound. Spielerisch zwar nicht weltbewegend, dafür sehr enthusiastisch erzählte er seine Geschichten über Liebe, Leid und Krieg. Besonders letzteres Thema schien im besonders am Herzen zu liegen, da er zum Abschluss eine sehr feurige Rede hierzu hielt.


Die anschließende Pause diente schon einmal als gute Einstimmung auf das nun Folgende. Indische Folklore als Pausenmusik und die im Raum verteilten Opium-Räucherstäbchen erzeugten eine, nennen wir es mal wohlige Stimmung. Wer hier noch Drogen braucht, dem ist nicht mehr zu helfen. Und dann war es soweit und Jeff Martin betrat mit seinem neuen Perkussionisten Wayne Sheehy die Bühne. Er begrüßte kurz die Anwesenden und legte ohne großes Brimborium los. Vom ersten („The bazaar“) bis zum letzten Songs („Save me“) präsentierte man einen schönen Querschnitt aus dem Martinschen Solo- und Bandschaffen. Zu den einzelnen Liedern erzählte Jeff immer wieder die eine oder andere, mal heitere, mal nachdenkliche Geschichte und holte damit die Hörer auf den Boden der Tatsachen zurück. Was auch gut tat bei der emotional sehr aufwühlend dargebotenen Musik. Es ist faszinierend wie Jeff tief in seine Texte eintaucht und nebenbei wie selbstverständlich seine sechs- oder zwölfsaitigen Gitarren spielte. In der ersten Konzerthälfte kam mehr ruhigeres Material zum Zuge (u.a. „Requiem“, „Oceans“, die Jeff Buckley-Verbeugung „Hallelujah“ und der Stimmungshöhepunkt „The messanger“). Ausnahme hiervon war der Opener „The bazaar“, bei dem der ehemalige Hothouse Flowers-Musiker Wayne Sheehy wie ein Berserker über sein Perkussionsset herfiel. Seine virtuose Mischung aus handelsüblichen Schlagzeug und Weltmusiktrommeln (Djembé, Darbuka, Bodhran) gab Jeffs Songs wieder eine ganz andere Note als Ritesh Das’ Tablaspiel. Insgesamt kräftiger, ja richtig rockig.

Nach einer kurzen Pause wurde es in der zweiten Hälfte ein wenig flotter, aber nicht weniger intensiv. Höhepunkte hier das heute etwas irisch eingefärbte „Lament“ (mit Tin Whistle- und Bodhran-Unterstützung), das persönliche „The kingdom“ und vor allem der grandiose „Black snake blues“. Gerade dieser Songs war ein gutes Beispiel für die überschäumenden Spielfreude und das hervorragende und manchmal wirklich atemberaubende Zusammenspiel von Jeff und Wayne. Man spürt regelrecht das Knistern zwischen diesen beiden. Das nennt man wohl vertonte Magie. Kaum zu glauben, dass sie erst seit kurzem gemeinsam eine Bühne teilen. Auch schön waren das alte „Winter soltice“ (O-Ton „our wedding song“) und die beschwingte CSN&Y-Nummer „Love the one you’re with“. Den Abschluss bildeten, wie zu erwarten, der ewige Monolith „Sister awake“ (incl. Trommelduell zwischen Jeff und Wayne) und „Save me“. Bei letzterem gaben sich nicht nur die Protagonisten auf der Bühne, sondern auch das Publikum davor (neben weiteren Deutschen auch Fans aus Kanada, England und Schweden), alles. Ein klares Zeichen für die hervorragende Stimmung im Sugar Club, die nicht nur am Schluss, sondern während des gesamten Auftritts herrschte. Hier hat sich jemand sicherlich neue Freunde gemacht.




Somit endete dieser großartige Auftritt leider viel zu früh nach ca. 90 Minuten. Mehr war nicht drin, da der Saal für eine etwas bizarre Swing-/Rock ´n Roll-Band und eine Hundertschaft Tanzwilliger frei gemacht werden musste. Dafür mischten sich Jeff und Wayne für einige paar Drinks unters Volk und feierten noch mit den Fans weiter. Insgesamt kann man wirklich sagen, dass die Daheimgebliebenen etwas verpasst haben. Aber diese können sich vielleicht bald über eine CD von diesem Abend freuen. Denn das Konzert wurde für eine eventuelle spätere Veröffentlichung aufgezeichnet. Hoffen wir, dass Herr Martin sein Wort hält.

Mit einem Lächeln im Gesicht verabschiedet sich

Mario Karl


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