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Artikel

Harte Welle mit VOLLHARDT

Info
Gesprächspartner:
Kay Stock (Gitarre und Gesang)
Thomas Stürmer (Drums)


Zeit: 11.11.2006

Ort: jwd, Berlin-Spandau

Interview: face to face

Internet:
http://www.vollhardt-ndw.de

11. November, ca. 21.30. Wir erklimmen die Bühne des jwd in Spandau, um über die dort beginnende Wendeltreppe in den Backstagebereich vorzustoßen. Dort finden wir - gemütlich in die Sessel gefallen - Kay Stock und Thomas Stürmer, die Gitarristen und Schlagzeuger von Vollhardt, einer Band, von der ich bislang nichts außer dem Namen kenne. Sie will den Inselclub in einer guten halben Stunde mit Klängen der Neuen Deutschen Welle beschallen.

Teil 1: Interview

Nach der Frage seit wann die Band besteht (2002), fallen wir sofort mit der ersten Tür ins Haus. “Wieso kommt man im Jahr 2002 auf die Idee Neue Deutsche Welle zu spielen.“ Kay führt umgehend das Alter der Musiker ins Feld. “Wir sind ja alle schon alte Säcke, die ihren 40 Geburtstag gefeiert haben.“ „Wir sind mit dem Kram groß geworden,“ ergänzt Thomas


Dabei spielt es keine Rolle, dass die Vollhardt-Musiker komplett aus der Ex-DDR stammen. “Wir haben die NDW ganz selbstverständlich im Radio gehört,“ gesteht Kay. “Der Empfang war in Berlin ja kein Problem.“ Da sieht man es wieder. Nicht einmal vor der „Ölpest der Tonkunst“ (Heinz Rudolf Kunze) hat der antifaschistische Schutzwall wirkungsvoll schützen können.

Alle Vollhardt-Mitglieder sind ehemalig Profimusiker. Am erfolgreichsten war dabei Thomas der Münzer (Ex-Gitarrist von In Extremo), der nun bei Vollhardt an Gitarre und Gesang agiert. Ansonsten stehen u.a. Tausend Tonnen Obst, PVC und Noah in den Lebensläufen der Musiker. Jetzt sind die vier Unternehmer im Einzelhandel, Polizist und Lehrer.

“Wir hatten ein paar Jahre aufgehört - und haben dann mit dem NDW Zeug wieder angefangen. Das war eine reine Party-Laune,“ erklärt Kay. “Es war uns klar, das muss was völlig anderes sein. Die Stones nachspielen, das machen ja Tausende von Bands. Und die deutsche Sprache ist in der Rockmusik immer noch viel zu wenig vertreten.
Alle kennen die Texte. Jeder kann mitsingen. Es ist einfach gute Laune Musik.“


Derzeit spielt die Band ca. 30 Konzerte im Jahr und ist zurzeit dabei eine erste CD aufzunehmen. Das war ursprünglich gar nicht geplant. Aber es wird bei Konzerten immer wieder danach gefragt.

Deutsch Rock Sachen und DDR-Rock wurde bewusst ausgeklammert. Und nicht alle NDW-Songs funktionieren problemlos. “99 Luftballons war problematisch,“ erinnert sich Kay. “Da haben wir 100 Versionen von versucht und irgendwie passte keine richtig. Falko war dagegen völlig unproblematisch.

Thomas, der vollhardte Taktgeber

Auf den Bandnamen angesprochen meint er: “Der Name Vollhardt ist einfach schön deutsch und doof.“ „Aber er ist auch Programm,“ ergänzt Thomas. “Wir sind keine spaßige Band mit bunten Hemden und so. Wir sind Rockmusiker und spielen härtere Versionen.“ Kay: “Das sind echte Cover-Versionen. Cover heißt eben, dass die Stücke nicht original nachgespielt werden.“

Nun gut, mittlerweile ist der große Zeiger heftig in Richtung 12 geklettert. Und da wir während des Konzertes nicht oberhalb der Bühne gefangen sitzen wollen, suchen wir uns einen Platz im Publikum, das sich wohl im Wesentlichen im Alterspektrum von Mitte 20 bis Mitte 40 bewegt. Hoffnungsfroh stimmt mich eine auffällige Gestalt im Unleashed(!)-Shirt. Vielleicht hat Thomas den Mund ja wirklich nicht zu voll genommen.

Teil 2: Live-Bericht


Vollhardt starten majestätisch mit dem “König von Deutschland“ - oder versuchen das majestätisch. Denn das Grinsen, das wir uns zuwerfen, hat nicht viel von Hochachtung. Beim folgenden “Hurra, Hurra, die Schule brennt“ ist das stümperhafte Gehabe auf der Bühne schon eher passend. Denn auch Extrabreit geben auf historischen Videoaufzeichnungen nicht gerade das Bild einer versierten Live-Kapelle ab, sondern dilettieren fröhlich vor sich hin.

Dem Publikum ist das von Anfang an egal. Während unser Grinsen über die Band nach dem Interview dezent und voller Sympathie ausfällt, wird es dann doch eher despektierlich. Besonders ein reifer Jüngling in bravster Vize-PC-Facillity-Manager-Bekleidung hebt unsere Stimmung ungemein. Vom ersten Takt an hämmert er mit der linken Faust auf den Tisch und stößt seinen rechten Arm im Takt in Richtung Band (Und das sieht doch tatsächlich wie ganz alte deutsche Welle aus.) - ein glückseliges Lächeln auf dem Gesicht. Ist das Echt? Oder doch nur Alkohol?


Voll cool - Der Fels in der Brandung - Andreas am Bass

Aber wenden wir uns wieder dem Eigentlichen zu, der Band, die auf der Bühne lärmt und das dritte Stück nun wahrlich metallisch eröffnet. Offenkundig haben sich die vier Recken mittlerweile warm gespielt. Mein Grinsen weicht einem respektablen Nicken. Es gelingt Vollhardt im Weiteren tatsächlich das mit Leben zu füllen, was Thomas uns angekündigt hat, harte Versionen der NDW-Songs. Dazu trägt sicher die Tatsache bei, dass die Instrumente, die die NDW und die gesamte 80er Jahre Musik entscheidend geprägt haben, bei Vollhardt völlig fehlen: die Synthesizer und Keyboards. Die werden nun vor allem von der aggressiv bratenden Gitarre Kays ersetzt. “Titanic“ von Peter Schilling glänzt mit Judas Priest-Riffs. Trios “Anna“ gehört schon beinahe in die Kategorie Thrash Metal.
Eigentlich müsste “Die Härte“ von der Neuen Heimat unbedingt in diesen Reigen aufgenommen werden.

Nicht überall funktioniert die Härtung der NDW. Vor allem Stücke, die massiv von ihrem Arrangement gelebt haben, wie Falcos “Jeannie“ oder “Major Tom“, verlieren eher. Extrabreits “Kleptomanie“ wird dagegen zu einer echten Hard Rock Granate, die zu reichlich Gewichse auf der Gitarre Anlass gibt. Spannend die Vollhardt-Versionen der eigentlich nicht cover-baren Trio-Nummern “Da Da Da“ und“Anna“. die trockene Art von Stefan Remmler ist einfach nicht kopierbar und genau von ihr haben die Stücke gelebt. Vollhardt versuchen gar nicht erst zu kopieren, sondern machen schlichte Rocknummern daraus. Das funktioniert, passt aber nur bedingt ins Programm, da die NDW-Freude nur dann auftritt, wenn sie vom Publikum schon mitgebracht wird.


Darum brauchen sich die Musiker aber keine Sorgen machen. Denn wer heute im jwd ist, der will Party feiern und der feiert Party. Im Mittelpunkt steht Thomas der Münzer, der routiniert animiert und die Kommunikation mit dem Publikum vom ersten Moment an im Griff hatte.

Als wir den Saal nach einer Stunde verlassen, tu ich das mit einem positiven Gefühl. So gewandelt gibt sogar eine NDW-Cover-Versionen-CD ihren Sinn.





Besetzung:
Kay Stock (Gitarre und Gesang)
Thomas Stürmer (Schlagzeug und Gesang)
Thomas der Münzer (Gesang und Gitarre)
Andreas Klix Gabriel (Bass und Gesang)

Zwischen Kronleuchter und Discokugel - Vollhardt im jwd



Interview, Text und Fotos:
Norbert von Fransecky

Norbert von Fransecky


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