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Artikel

Joe Bonamassa verzückt Nürnberg

Info

Künstler: Joe Bonamassa

Zeit: 29.04.2023

Ort: Nürnberg - Arena Nürnberger Versicherung

Fotograf: Karin Turba

Joe Bonamassa hat 2021 mit Time Clocks sein letztes Studioalbum veröffentlicht, 2022 mit Tales Of Time eine Live-DVD, mit der er das Album promotete. Was für ein Programm er heute spielt, ist unklar. Das Konzert in der Nürnberger Arena ist ausverkauft. Interessanterweise wurde nicht die komplette Halle bestuhlt. Die Bühne steht in der Mitte, die restlichen Plätze sind abgedeckt. Ich schätze, dass vielleicht 5000 Leute da sind. Altersmäßig ist das Publikum bunt gemischt, es sind auch viele weibliche Fans am Start.

Pünktlich um 20 Uhr geht das Licht aus und die Klänge von Tom Pettys „The Waiting“ erhöhen die Vorfreude auf das Konzert. Als dann Bonamassa und seine Band auf die Bühne kommen, geht rauschender Beifall durch die Arena. Bei druckvollem, aber bestens ausdifferenziertem Sound geht es mit „Evil Mama“ vom Redemption-Album los. Bonamassa singt hervorragend und entlockt seiner Gitarre bereits beim Opener feurige Töne. Er hat diesmal zwei Background-Sängerinnen dabei, Keyboard-Legende Reese Wynans, Co-Gitarrist Josh Smith und einen mir unbekannten Bassisten und Schlagzeuger.

Die Band ist hervorragend eingespielt. Hier regiert die reine Spielfreude und blindes Verständnis untereinander. „Dust Bowl“ walzt sich gnadenlos in die Gehörgänge und zeigt einmal mehr, aus welchem coolen Fundus an Songs Bonamassa mittlerweile schöpfen kann. Aber nicht nur songmäßig hat er eine große Auswahl. Gitarrenfreaks jeglicher Art kommen bei diesem Konzert voll auf ihre Kosten. Bei jedem Stück wechselt Bonamassa die Gitarre und präsentiert sein eindrucksvolles Sammelsurium an Sechssaitern – darunter eine Gibson Les Paul, Gibson SG oder eine Fender Telecaster.

Ansagen gibt es erst nach etwa einer Stunde. Wobei Bonamassa kein großer Redner ist, er lässt lieber die Musik für sich sprechen. Die Stücke werden fast in einem nahtlosen Übergang präsentiert, Verschnaufpausen gibt es nicht. Dabei legt er eine gewaltige Vielseitigkeit an den Tag. Mal ruppig, mal ganz leise, mal soulig – und dann wieder mächtig wie bei einem Vulkanausbruch. Seine Rhythmusabteilung leistet dabei einen enormen Beitrag. Die beiden Musiker pumpen mit einem unbändigen Groove, auf dem sich die restliche Truppe nach Herzenslust austoben kann. Ganz selten nimmt Bonamassa sein Markenzeichen – seine Sonnenbrille – ab und schaut „unbewaffnet“ ins Publikum.

Den Slow-Blues „Double Trouble“ von Otis Rush macht er kurzerhand zu seinem eigenen Stück. Obwohl er diesmal keine Bläsersektion dabei hat, funktioniert das Stück. Sein Solo ist Weltklasse, das Publikum leistet Szenenapplaus. Keyboarder Reese Wynans legt dabei eine Energie an den Tag, die alle mitreißt. Bonamassa bemerkt dazu nur: „This Motherfucker is on fire!“ Und ich denke, das kann man genau so stehen lassen.

Der Rock’n’Roller „A Conversation With Alice“ bringt wieder mehr Tempo in die Halle. Hier kommen die beiden Background-Sängerinnen hervorragend zur Geltung und verleihen dem Stück zusätzlichen Drive. Häufig gibt es zwischen den Stücken Solo-Eskapaden, die nie nerven oder künstlich in die Länge gezogen werden. Hier stimmt einfach jeder Ton, man kann es schlichtweg nicht besser machen. Co-Gitarrist Josh Smith steht unauffällig an der linken Bühnenseite. Er macht viel für den Gesamtsound und hält den Laden zusammen. Erfreulicherweise lässt Bonamassa ihn hin und wieder ein paar Solos zocken. Unspektakulär, aber äußerst filigran lässt der US-Amerikaner feinste Gitarren-Gourmetkost vom Stapel. Bonamassa berichtet über ihn, dass er einer der derzeit gefragtesten Studiomusiker in Amerika ist. Wenn man ihn spielen sieht, weiß man warum.

„Happier Times“ ist für mich der beste Song des Abends, wobei die Auswahl sehr schwer fällt. Interessanterweise hat sich mit „The Heart That Never Waits“ gerade mal ein Song seines aktuellen Studioalbums in die Setlist geschlichen. Das hat mich schon überrascht, ich hätte mit mehr neuen Stücken gerechnet. Bonamassa biegt mit einer fetzigen Coverversion von ZZ Tops „Just Got Paid“ gefühlt schon viel zu früh in die Zielgeraden ein. Hier darf natürlich der berühmt-berüchtigte Theremin nicht fehlen. Das Gerät hat Led Zeppelins Jimmy Page einst bei „Whole Lotta Love“ bekannt gemacht. Auch Bonamassa fuchtelt hier ein paar Mal mit seinen Händen herum und erzeugt damit ziemlich abgefahrene Sounds. Teile von Zeppelins „Dazed and Confused“ weiten das Stück aus und lassen es noch dramatischer klingen.

Eine bessere Zugabe als „Sloe Gin“ hätte der Bluesrocker wohl kaum auswählen können. Hier zieht er noch einmal alle Register seines Könnens und lässt ein letztes Mal seine Genialität an der Gitarre aufblitzen. Danach ist Feierabend. Die Musiker verlassen unter riesigem Jubel die Bühne und hinterlassen ein restlos verzücktes Publikum, das sicher beim nächsten Mal auch wieder gerne vorbei schaut.


Setlist:
1. Evil Mama
2. Dust Bowl
3. Love Ain't a Love Song
4. Self-Inflicted Wounds
5. The Heart That Never Waits
6. I Want to Shout About It
7. Double Trouble
8. I Didn't Think She Would Do It
9. A Conversation With Alice
10. Happier Times
11. Lonely Boy
12. Just Got Paid
13. Sloe Gin



Stefan Graßl


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