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Punk-Professorin Vivien Goldman gestaltet einen literarischen Walk of Fame für weibliche Punk-Heroinen

Info

Autor: Vivien Goldman

Titel: Die Rache der She-Punks. Eine feministische Musikgeschichte von Poly Styrene bis Pussy Riot

Verlag: Ventil

ISBN: 978-3-95575-157-9

Preis: € 20

223 Seiten

Im Womanifest überschriebenen Vorwort schildert Vivien Goldman etwas, das für sie ein Art Urerfahrung gewesen zu sein scheint. „Und da war ich nun und wurde Zeugin dieser seltsamen Erscheinung … Eine langhaarige, Jeans tragende Person an der Gitarre, von der ich, als ich näher kam, merkte, dass diese – eine Frau ist!“ (S. 9)

Frauen, die selber in die Saiten hauen und ihre Rolle nicht darauf beschränken, die Beine für die Saitenhexer zu spreizen, waren für die angehende „Pressesprecherin, Journalistin, Autorin, Songwriterin, Sängerin, Produzentin, Clubbetreiberin, Dokumentarfilmerin, Bloggerin, Redakteurin, Video-/TV-/Radioautorin, Regisseurin, Moderatorin, Produzentin und Verlegerin“ (S. 8) eine völlig neue Erfahrung.

Diese Erfahrung prägte die Arbeit der vielseitigen Vivien Goldman durchgehend. Die Rache der She-Punks ist eine Art Best of ihrer Arbeit. In 43 Kapiteln stellt sie Frauen vor, die eine deutliche Duftmarke in der männlich dominierten Punk-Szene hinterlassen haben. Manches von dem, was sie hier in einem thematischen Zusammenhang veröffentlicht, ist wohl schon in ihrer Arbeit der letzten 40 Jahre entstanden.

Das Problem mit Die Rache der She-Punks ist der Anspruch „eine feministische Musikgeschichte“ schrieben zu wollen, denn die gibt es schlicht nicht. Es ist nicht möglich, die Geschichte des Punks zu erzählen ohne die Ramones, The Clash, die Sex Pistols und auch Bad Religion und Green Day zu erwähnen. Aber es gibt keine Frauen-Punk-Band; nicht einmal eine Punk-Band, in der eine Frau eine bedeutende Rolle gespielt hätte, die man unbedingt erwähnen müsste, weil sie einen für die Geschichte des Punks unverzichtbaren Einfluss gehabt hätte, obwohl es u.a. die von Goldman portraitierten Damen gegeben hat. Das Gleiche könnte man übrigens auch vom deutschen Punk sagen. Auch hier hat es starke Acts gegeben, aber auch ohne sie wäre der Punk das geworden, was er heute ist.

Es gibt keine Geschichte des weiblichen Punks. Die weiblichen Punks haben das aufgegriffen, was da war, und es gelebt – wie die Mehrzahl rein männlicher Punk-Bands auch, die keine großartigen Innovationen gesetzt haben. Das bildet sich auch in dem Buch von Vivien Goldman ab, das keinen historischen Verlauf aufeinander aufbauender Bands zeigt, sondern in seiner Darstellung historisch und geographisch hin und her springt.

Das schmälert den Verdienst dieses Buches nicht, das die weiblichen Epigonen der Punk-Szene, die zu oft übersehen werden, ins Rampenlicht rückt.

Ein Bein stellt sich Vivien Goldman selber. Wenn sie es für nötig oder sinnvoll erachtet Künstlerinnen wie Grace Jones, Neneh Cherry und Tanya Stephens in einer Punk(!)-Geschichte aufzunehmen, erweckt sie selbst den Eindruck, man müsse relevante Punk-Musikerinnen mit der Lupe suchen.

Norbert von Fransecky


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