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Artikel

In der DDR geborene Musiker stellen sich den Fragen von Christian Hentschel

Info

Autor: Christian Hentschel

Titel: Das vermutlich allerletzte Ostrockbuch

Verlag: Neues Leben / Eulenspiegel

ISBN: 978-3-355-01877-7

Preis: € 20

320 Seiten

Wenn der erfahrene Journalist feststellt, dass Das vermutlich allerletzte Ostrockbuch aus „15 Interviews mit Musikern, deren Wurzeln in der DDR liegen“ besteht – geschrieben von einem Journalisten, der „seit fast 30 Jahren als Musik-Redakteur“ arbeitet (Zitate aus dem Klappentext) – dann fällt natürlich sofort die Klappe: Da will wohl jemand mal ein paar angestaubte Artikel aus seinem Archiv nachverwerten. Kein Problem! Legitim! Warum auch nicht?

Aber Christian Hentschel enttäuscht im positiven Sinn. Er befragt die alten Ost-Recken nicht nur nach ihrer Vergangenheit, sondern vor allem auch darüber, wie sie sich und ihre Musik in das neue Deutschland einbringen konnten. Und wenn dann auch noch in fast jedem Interview der Umgang mit den Folgen der Corona-Epidemie thematisiert wird, stellt man fest, man steht hier nicht auf Rudis Reste Rampe. Hentschel wiederverwertet nicht einfach einen Teil seiner Vergangenheit, sondern er liefert frisches Material.

Dabei kommt ihm seine Vergangenheit aber zu Gute. Er kann sich den Interviewpartnern oft nicht nur als Kenner der Materie nähern, sondern als alter Bekannter, der nicht zum ersten Mal mit dem jeweiligen Gegenüber im Gespräch ist.

Es ist dann wohl der subjektive Zugang, der zum Fehlen vieler wichtiger klassischer DDR-Bands führt, nimmt man an. Ich denke an Pankow, City, Elektra; aber auch an etwas unbekannter Acts wie Formel 1, MacBeth, Rockhaus, MCB oder Engerling. Vor allem aber ist die Endphase der DDR reichlich unterrepräsentiert. Feeling B, die Skeptiker, Dekadance fehlen – und natürlich Die Anderen, die einer kritischen Musikszene die Bezeichnung „die anderen Bands“ gegeben hat, von denen einige kurz vor dem Zusammenbruch der DDR sogar auf dem Amiga-Sampler Pa-Rock-Ti-Kum je einen Song veröffentlichten konnten.

Aber es ist noch Licht am Ende des Tunnels. Der Titel Das vermutlich allerletzte Ostrockbuch war nämlich schon bei Drucklegung Makulatur. Das beweist die Vorankündigung auf Seite 320: „…und das jetzt wirklich allerletzte Ostrockbuch erscheint im Frühjahr 2021“. Aber warum sollen sich Rock-Buch-Autoren von Rock-Bands unterscheiden, die ja auch eine Abschiedstour an die nächste hängen. Ich bin jedenfalls gespannt, was uns Christian Hentschel in diesem dann vielleicht-tatsächlich-letzten-oder-auch-nur-vor-vor-letzten Ostrockbuch erzählen wird.

Norbert von Fransecky


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