····· Kurz nach seinem 80sten Geburtstag ist Maschine erneut auf #4 ····· Osterei - Luxus-Haydn auf Vinyl ····· Zwischen Grunge und Pop suchen Woo Syrah ihren Weg ····· Der zweite Streich von Billy Idol neu und erweitert ····· Die Hamburger Ohrenfeindt sind „Südlich von Mitternacht“ auf der Überholspur ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Artikel

Eine Karriere wie ein Führerschein - Coldplay!

Info

Autoren: Debs Wild & Malcolm Croft

Titel: Coldpay. Die Biographie

Verlag: Hannibal

ISBN: 978-3-85445-652-0

Preis: € 25,00

208 Seiten

Ich habe gute und schlechte Erfahrungen mit Biographien von Bands gemacht, die ich so gut wie nicht kenne. Begeistert war ich z.B. von Lindsey Stirling. Ihr fühlte ich mich hinterher so nah, dass ich sie am liebsten beim nächsten USA-Aufenthalt besucht hätte; während mich James Blunt völlig kalt lies; Xatar gar eher abstieß.

Nun also Coldplay! Natürlich kenne ich den Namen; weiß auch dass die Band eine recht große Nummer ist; habe aber zumindest bewusst noch nie etwas von ihnen gehört. Ich wähne sie irgendwo im Bereich Art-Rock, Shoegaze, Synthiepop, oder besser gesagt: Ich wähnte. Denn Coldplay. Die Biographie lässt es zwar völlig offen, was für eine Art von Musik Coldplay machen. Aber es werden Sachen von Kylie Minogue und The Verve gecovert; mit Rhianna eine Single aufgenommen. Gehaltvollere Bezüge tauchen so gut wie nicht auf.

Die Inhaltsleere zeichnet Coldplay. Die Biographie auch an anderer Stelle aus. Debs Wild & Malcolm Croft zeichnen die Geschichte der Band auf der einen Seite minutiös nach; insbesondere Chartserfolge und die immer größer werdenden Touren und Konzerte werden ausführlich dargestellt. Aber nicht nur die Musik, auch die Personen, die hinter der Band stehen, bleiben merkwürdig blass und unerkennbar. Die Darstellung wirkt wie die Blaupause einer idealen Pop-Karriere, bei der es völlig irrelevant ist, von wem sie gemacht wird.

Das fängt bereits am Beginn der Karriere an. Wir erleben vier Jugendliche, die ihre Schullaufbahn wohl ohne große Probleme absolvieren, zum Studieren nach London kommen, sich kennen lernen, anfreunden und eine Band gründen. Auseinandersetzungen, Konflikte, Pubertät oder ähnliches scheint es nicht zu geben.

Und wenn sie dann ihre Karriere planen, wirkt das, als würden sie einen Führerschein machen. Der Weg ist ganz klar: Fahrschule, theoretische Prüfung, Sehtest, 1-Hilfe Kurse, eine absehbare Anzahl von Fahrstunden und dann macht man den Schein. Für Coldplay scheint eine Bandkarriere ähnlich planbar zu sein. Auf Seite 17 drucken Wild und Croft einen von Sänger Chris Martin handschriftlich verfassten „Bandplan 98“ ab, der in ihrem Proberaum in der Camden Road gehangen haben soll. Auf ihm sind die „Schritte zum Führerschein“ aufgelistet: mit den Freunden üben, 1. Gig, Demo, drei weitere Gigs, Demo Wettbewerb gewinnen, ein weiterer Gig, Plattenvertrag. Jeder einzelne Schritt ist abgehakt und am Ende steht – wenn ich es richtig entziffere - „Complete 22 April 99“.

Und so glatt – und uninteressant – verläuft die Geschichte der Band auch über die ganzen 200 Seiten der Biographie. Es wird zwar jedem Musiker eine kurz vierseitige Biographie gewidmet, aber auch die bringen kaum Fleisch an die Knochen. Das Leben der vier wird soweit ausgeblendet, dass irgendwann nur mal in einem Nebensatz erwähnt wird, dass der eine mittlerweile verheiratet ist und Kinder hat; der andere mittlerweile in den USA lebt.

Eine der dünnsten und langweiligsten Biographien, die ich je gelesen habe. Da ist es gut, dass die 208 Seiten des großformatigen, schweren Buches so reichlich mit Fotos ausgestattet sind, dass gar nicht mal so viel Text zu lesen ist.

Autorin Debs Wild reklamiert für sich, als Talentsucherin einer Plattenfirma die Entdeckerin von Coldplay zu sein. Vielleicht liegt hier das Geheimnis des Buches. Es liest sich so glatt, wie der Promotext einer Plattenfirma, der dem Leser nicht wesentlich mehr vermitteln will, als dass er (oder sie) es hier mit der größten Band der Welt zu tun hat – was Debs Wild (oder Malcom Croft) tatsächlich mehrfach behauptet.

Norbert von Fransecky


Zurück zur Artikelübersicht