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Artikel

Auch 2019 wieder: Rock Meets Classic

Info

Künstler: Rock Meets Classic 2019

Zeit: 02.03.2019

Ort: Nürnberg - Arena

Internet:
http://www.rockmeetsclassic.de

Die „Rock Meets Classic“-Veranstaltung hat heuer 10-jähriges Jubiläum. Mit Mike Reno von Loverboy und Kevin Cronin von REO Speedwagon wurden diesmal zwei Sänger verpflichtet, die noch nie dabei waren. Ich war 2016 zuletzt am Start, die beiden Sänger gaben für mich den Ausschlag des Konzertbesuchs. Das Konzert in Nürnberg ist gut besucht, jedoch nicht ausverkauft.


Zu Beginn leitet das „Rock Meets Classic“ Symphony Orchestra unter der Leitung von Dirigent Bernhard Wünsch musikalisch den Abend ein. Es erscheinen im Bühnenhintergrund Bilder von Künstlern, die über die Jahre dieses Format entscheidend geprägt haben. Wehmut kommt auf, als Bilder von Rick Parfitt, John Wetton oder Dan Mc Cafferty zu sehen sind. Parfitt und Wetton sind mittlerweile leider schon verstorben, Dan Mc Cafferty geht es gesundheitlich nicht besonders gut.


Danach kommt die Mat Sinner Band auf die Bühne. Es folgen Ricky Warwick und Scott Gorham von Thin Lizzy, die unter dem Banner der Black Star Riders in Kürze ein neues Album veröffentlichen. „The Boys Are Back In Town“ ist bekannt und versetzt das Publikum, das zum Großteil aus gesetzteren Damen und Herren besteht, schon einmal leicht in Mitwipp-Stimmung. Ricky Warwick singt sehr ausdrucksstark, macht mir jedoch einen leicht übermotivierten Eindruck. Soundmäßig stimmt hier noch lange nicht alles, der Gesang ist teilweise zu leise. Alle Künstler präsentieren immer zwei Sets. Set 2 besteht bei Warwick und Gorham aus „Jailbreak“ und dem wohl bekanntesten Lizzy-Gassenhauer „Whiskey In The Jar“. Gorham hat sichtlich Spaß bei der Aktion und bekommt mit Tom Naumann und Alex Beyrodt zwei hervorragende Kollegen an die Seite gestellt, die sich die Twin-Gitarrenläufe brüderlich teilen. Auch hier ist der Soundmann nicht ganz auf der Höhe, manche Solos kann man leider nur erahnen. Bei sämtlichen Stücken ist das Orchester eher im Hintergrund zu hören. Mutiger wäre es, zur Abwechslung mal Stücke mit keltischem Einschlag wie „Black Rose“, „Emerald“ oder Balladen wie „Still In Love With You“ oder „The Sun Goes Down“ zu spielen. Ich bin mir fast sicher, dass sich hier das Orchester viel mehr einbringen kann. Oder wie Ritchie Blackmore zu sagen pflegte: Vielleicht das nächster Zeit!

Ricky Warwick & Scott Gorham von Thin Lizzy:
1. The Boys Are Back In Town
2. Waiting For An Alibi
3. Don’t Believe A Word
4. Jailbreak
5. Whiskey In The Jar


Die Band Loverboy aus Kanada war in Deutschland das letzte Mal 1988 als Vorband von Saga unterwegs. Die Band besteht nach wie vor und gibt hauptsächlich in Amerika und Kanada immer noch regelmäßig Live-Konzerte. Mike Reno, der mittlerweile etwas in die Breite gegangen ist, beginnt mit dem Gassenhauer „Working For The Weekend“, das mit starkem Background-Gesang sehr gut rüberkommt. Bewaffnet mit dem obligatorischen Stirnband und einer Mega-Sonnenbrille Marke 80er-Jahre genießt er den Auftritt sichtlich. „Almost Paradise“, das im Original mit Ann Wilson von Heart eingesungen wurde, singt er ebenfalls im Duett. Reno macht einen sehr engagierten Eindruck, mich irritieren jedoch seine Handbewegungen mit dem Mikrophon. Immer wenn er singt bewegt er das Mikro weg von seinem Mund, was im Laufe des Auftritts doch eher seltsam aussieht. Insgesamt passt der Gesang gut, in den höheren Lagen hat er so manchmal seine Schwierigkeiten. Der Gassenhauer „Turn Me Loose“ beendet den kurzen Auftritt, es war schön Mike Reno einmal live gesehen zu haben.

Mike Reno von Loverboy:
1. Working For The Weekend
2. Almost Paradise
3. Lovin‘ Every Minute Of It
4. Turn Me Loose


Andy Scott und Pete Lincoln von The Sweet machen es wie die Scorpions. Auch diese befinden sich gefühlt schon seit einigen Jahren auf großer „Farewell-Tour“. Man merkt, dass The Sweet in Deutschland einen nahezu legendären Ruf genießt und wahnsinnig beliebt war – und immer noch ist! „Action“ sorgt für Bewegung im Publikum, bei „Blockbuster“ und dem schmissigen „Ballroom Blitz“ steht die komplette Arena. Pete Lincoln singt sehr gut, Andy Scott ist mehr für die hohen bis sehr hohen Töne und die ruppige Gitarre zuständig. Das finale „Fox On The Run“ sorgt für kollektive Feierstimmung, die beiden gehen unter großem Jubel von der Bühne. Diese Stücke – so simpel sie auch sein mögen – machen einfach Laune und sorgen sogar bei überzeugten Phlegmatikern und Rhythmusverweigerern gelegentlich für ein Lächeln…

Andy Scott & Pete Lincoln von The Sweet:
1. Action
2. Blockbuster
3. Ballroom Blitz
4. Fox On The Run


Mit einem Auftritt von Dan Lucas, dem Gewinner der ersten Staffel der Castingshow „The Voice Senior“ habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Der quirlige Wirbelwind tritt auf speziellen Wunsch des Radiosenders und Hauptsponsors Antenne Bayern auf. Lucas ist studierter Musiker, hat schon auf diversen Produktionen gesungen und ist momentan bei der Band Helter Skelter am Mikro zu sehen. Heute hat er für zwei Stücke die uneingeschränkte Pole-Position, die er gekonnt zu nutzen weiß. Whitesnakes „Here I Go Again“ und das unkaputtbare „Don’t Stop Believin‘“ von Journey macht er zu seinen eigenen Stücken. Stimmlich ist der Mann einfach klasse, trifft jeden Ton und kommuniziert hervorragend mit dem Publikum. Ich würde sogar soweit gehen, dass er mit Abstand der beste Sänger war, der heute aufgetreten ist.

Dan Lucas:
1. Here I Go Again (Whitesnake)
2. Don’t Stop Believin (Journey)


REO Speedwagon waren selten in Deutschland oder in Europa generell unterwegs. Der letzte Auftritt fand 2007 auf dem Sweden Rock Festival statt. Kevin Cronin kommt sehr sportlich auf die Bühne gehopst und legt mit „Take It On The Run“ einen ordentlichen Start hin. Gesanglich ist er bestens in Schuss, auch sonst wirkt er recht agil. Er klebt nicht an seinem Mikroständer fest, sondern ist auf der kompletten Bühne unterwegs und läuft sogar die Treppen hoch, um sich unter das Orchester zu mischen. Bei seiner Brille sollte er allerdings noch mal zum Optiker seines Vertrauens gehen – das seltsame gelbe Modell lässt ihn ziemlich alt aussehen. Dass bei gerade mal fünf Stücken zwangsläufig nicht alle REO-Hits gespielt werden können, versteht sich von selbst. Von daher geht die dargebotene Auswahl durchaus in Ordnung. „Keep The Fire Burning“ wird auf speziellen Wunsch mit der Akustik-Gitarre gespielt – das Stück hätte man natürlich auch komplett bringen können. Der Sänger der Balladen-Könige bringt natürlich die beiden ultimativen Stücke, ohne die heute Abend etliche Konzertbesucher enttäuscht nach Hause gegangen wären: „I Can’t Fight This Feeling“ ist Pflichtprogramm und wird vom RMC-Orchester stilvoll untermalt. Das abschließende „Keep On Loving You“ widmet der Charmeur seiner Frau, mit der er seit mehr als 40 Jahren verheiratet ist – und die während seines Auftritts sogar im Background-Chor mitsingt! Auch hier gilt das gleiche Motto wie bei Mike Reno: Ein selten gesehener Gast, der gerne wieder vorbeikommen darf!

Kevin Cronin von REO Speedwagon:
1. Take It On The Run
2. I Can’t Fight This Feeling
3. Keep The Fire Burning (Acoustic)
4. Roll With The Changes
5. Keep On Loving You


Als „Special Guest“ wurde heuer die Musical-Darstellerin Anna-Maria Kaufmann eingeladen. Sie hatte ihren größten Erfolg als Gesangspartnerin von Peter Hofmann in dem Musical „Phantom der Oper“. „The Last Unicorn“ singt sie noch alleine, sie wird nur von dem Orchester begleitet, dass sie hier perfekt in Szene setzt. Bei „Phantom Of The Opera“ wird sie von Sweet-Sänger Pete Lincoln unterstützt. Der macht seine Sache hervorragend und zeigt dazu ganz gute schauspielerische Fähigkeiten. Hier nervt mich mit zunehmender Spielzeit Kaufmanns Gesang, der bei dem Lied zum Schluss ja doch immer noch höher hinauf geht.

Anna-Maria Kaufmann:
1. The Last Unicorn
2. Phantom Of The Opera (mit Pete Lincoln)


Den Job des Headliners hat Ian Gillan, Sänger von Deep Purple und langjähriger Begleiter der Konzertreihe inne. Es geht mit „Highway Star“ los – für mich dem ultimativen Purple-Opener. Dass Ian Gillan eher zu der lässigeren Sorte von Mensch und Sängern gehört, bekommt man gleich beim ersten Stück mit. Nach dem hervorragenden Gitarren-Solo von Alex Beyrodt verpasst Gillan doch glatt seinen Einsatz. Das gleiche passiert ihm noch einmal, und zwar bei „Smoke On The Water“… Ja, wir werden alle nicht jünger aber das sollte er schon noch schaffen. Gesanglich macht er seine Sache heute Abend gut, wobei er zwischen den Stücken doch gewaltig pumpen muss und sich so gut wie gar nicht bewegt. Beyrodt regt sich zu Recht auf, dass der Lichttechniker ihn ab und zu bei dem Solo vergisst und im Dunkeln agieren lässt….

Die Songauswahl hat mit „Anya“ sogar eine echte Überraschung dabei, die mir sehr gut gefällt. Etlichen Fans im Publikum ist dieses Stück nicht bekannt, Stimmung ist eher bei den „üblichen Verdächtigen“ zu finden. „When A Blind Man Cries“ gefällt mir mit Abstand am besten, die Ballade ist einfach der Hammer. Gerade bei diesem Stück kommt auch das Orchester wieder hervorragend zur Geltung. Zu „Smoke On The Water“ kommen alle Sänger noch einmal auf die Bühne und jeder übernimmt zumindest eine Zeile. Die Fans in der Arena stehen mittlerweile alle und feiern sich, die Musiker und Songs, denen die Zeit scheinbar nichts anhaben kann. Ein guter Song ist halt einfach ein guter Song….

Ian Gillan von Deep Purple:
1. Highway Star
2. Black Night
3. Anya
4. When A Blind Man Cries
5. Perfect Strangers
6. Hush
7. Smoke On The Water


Nach drei Stunden ist das Spektakel zu Ende, die Fans in der Arena sind sichtlich zufrieden. Die Stücke wurden von Mat Sinner und seiner hervorragenden Band entsprechend in Szene gesetzt, die Classic-Einschübe kompetent von dem RMC-Orchester übernommen. Für mich waren Mike Reno und Kevin Cronin die beiden Highlights. Ich bin mir sicher, dass man die in Deutschland so schnell nicht mehr sehen wird – wenn überhaupt noch einmal. Soundmäßig sollte Mat Sinner noch mal überprüfen, ob man vor allem beim Gesang und bei den Solos nicht noch mehr rausholen könnte. Außerdem bin ich der Meinung, dass die Verbindung aus klassischer Musik und Rock um einiges bombastischer rüberkam, als das Prager Symphony Orchestra mit dabei war. Aber das ist natürlich wie immer Geschmackssache.

Stefan Graßl


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