····· Savatage nach 23 Jahren wieder live auf Europa-Tour ····· Die Bio-Bauern The Inspector Cluzo spielen Öko-Rock ····· Wolvespirit verkaufen Bullshit ····· Rock of Ages - Zusatzshows in 2025 ····· Ally Venable veröffentlicht Video zur neuen Single „Do you cry“ ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Artikel

Augsburg ließ sich vom Metal heilen: Die teutonische Institution Grave Digger live in der Fuggerstadt

Info

Künstler: Grave Digger

Zeit: 04.10.2017

Ort: Augsburg - Spectrum

Grave Digger sind mit ihrem aktuellen Album Healed By Metal wieder in den deutschen Clubs unterwegs. In der Fuggerstadt Augsburg sind sie nicht so häufig zu Gast. Für mich definitiv mal wieder ein Grund, dort vorbei zu schauen. Leider ist nicht besonders viel los. Ich schätze mal, dass höchstens 150 Zuschauer im Spectrum versammelt sind.

Die Vorband ELA spielt Songs, die mich teilweise ein bisschen an Nightwish erinnern. Nightwish sind generell so gar nicht meine Baustelle, wofür die Band ELA aber nichts kann. Musikalisch sind die Songs ganz gut gemacht, einige der Anwesenden tanzen vor der Bühne und singen ab und zu mit. Sängerin Michaela „Ela“ Eichhorn singt äußerst solide und schafft es sogar, das zu Beginn etwas müde Augsburger Publikum mitzureißen. Da nur sehr wenig Leute vor der Bühne herumstehen, kommt jedoch nicht wirklich Stimmung auf. Was mich ziemlich nervt ist der künstlich gedoppelte Gesang von Ela. Das Ganze wirkt auf mich manchmal wie ein Playback-Auftritt und kann mich nicht begeistern. Die Musiker sind allesamt astrein und präsentieren die Stücke solide und mit Überzeugung. Textlich hat die Band zum Beispiel historische Themen wie die Schlacht im Teutoburger Wald am Start. Trotzdem: Meins ist es nicht.

Die Musiker von GRAVE DIGGER laufen bereits während des ELA-Gigs mehr oder weniger unbemerkt vom Publikum durch die Konzerthalle. Den Vogel schießt Sänger Chris Bolthendahl ab, der mit einer knallroten Winterjacke herumspringt und so schon von Haus aus ins Auge sticht. Die Bühne von Grave Digger ist aufwändig gestaltet. Ein riesiges Backdrop wird von vier Papp-Figuren flankiert, die quer über die Bühne verteilt sind. Marcus Knieps Keyboard ist wie immer mit Tüchern verhängt und von vorne nicht zu sehen. Kniep kommt dann während des Intros mit Reaper-Verkleidung als Erster auf die Bühne und begrüßt das Publikum.

Der Rest der „Grabschaufler“ steigt kurz darauf ein und startet mit der Hademar-Bankhofer-Gedächtnishymne „Healed By Metal“. Die Lautstärke ist übertrieben und nur mit Ohrenstöpsel auszuhalten. Trotzdem ist der Sound klar und alle Instrumente inklusive Gesang sind deutlich erkennbar. Boltendahl heizt wie immer dem Publikum ordentlich ein und sorgt mit seiner sympathischen Art dafür, dass die Fans schnell mitmachen. „Witch Hunter“ ist nicht gerade mein Lieblingslied und kommt auch beim Publikum nicht besonders toll an. Da hätte es aus den 80ern schon bessere Stücke gegeben. „Ballad Of A Hangman“ lädt zum Mitgrölen ein, doch leider scheint der Anfang vielen im Publikum unbekannt zu sein. Ich finde den Song und auch den Beginn gigantisch. Schade, dass das Stück nicht wie erwartet zündet. Bekannt sein dürfte es allemal. „The Dark Of The Sun“ ist ein Publikumsliebling wie eh und je, „Knights Of The Cross“ verpufft teilweise völlig. Kennen die Leute die Grave-Digger-Klassiker nicht mehr oder was?

„The Ballad Of Mary“ zeigt die gefühlvolle Seite der Band. Boltendahl singt hervorragend und beweist, dass Grave Digger nicht nur geniale Metal-Hymnen, sondern auch ausgezeichnete Balladen am Start haben. Für mich ein Highlight des Konzerts! Generell bin ich von Sänger Boltendahl äußerst positiv überrascht. Was der immer noch für eine Röhre hat, ist schon sehr beeindruckend. Wo bringt der nur diese Wucht her? Auch der Rest der Band ist über jeden Zweifel erhaben. Das langjährige Rhythmusgespann aus Bassist Jens Becker und Schlagzeuger Stefan Arnold spielen mit der Präzision einer CNC-Fräse und pumpen die Songs der Metal-Legende entsprechend nach vorne. Marcus Knieps Keyboard-Sounds sorgen für Atmosphäre und Gitarrist Axel Ritt post und soliert, was das Zeug hält. Seine schwarz-weißen Signaturgitarren müssen dafür schon einiges aushalten. Da er dabei offensichtlich ins Schwitzen kommt, zieht er sich hin und wieder zum Föhnen hinter die Bühne zurück. Dabei steht er hinter einem Ventilator und lässt sich und seine Zottelmähne trocknen. Das sieht komisch aus und sorgt zumindest bei mir für ein leichtes Grinsen. Spielerisch ist er solide, passt für mich jedoch lange nicht so gut zur Band wie sein Vorgänger Manni Schmidt.

„Tattooed Rider“ gefällt mir hervorragend mit seinem an Priests „Turbo Lover“ angelehnten Beginn. Tolle Melodie, keine Frage! Richtig gut wird die Stimmung, als die Kracher der Excalibur-Scheibe ausgepackt werden. Das Titelstück und natürlich der Über-Hit „Morgane Le Fay“ sorgen bei mir und einem Großteil des Publikums für Verzückung. Hier wird mitgegrölt und mitgerockt, dass es eine wahre Freude ist. Die ultimative Hymne „Rebellion“, bei der Marcus Kniep im Mittelteil sogar Dudelsack spielt, gerät zum Triumphzug. Die Zugabe „The Round Table“ bringt die Fans noch einmal auf Hochtouren, bevor mit dem legendären Schlusslied „Heavy Metal Breakdown“ die letzten Lichter ausgeschossen werden. Hier finde ich Boltendahls Gesang einfach zum Niederknien! Der Song verfehlt seine Wirkung nicht und hinterlässt nach 90 Minuten ein äußerst zufriedenes Publikum.

Ich finde es sehr schade, dass nur 150 Nasen nach Augsburg gekommen sind. Grave Digger sind für mich eine Institution, die live immer 100 Prozent gibt und mit Boltendahl einen Ausnahme-Sänger am Start hat. Was man jedoch leider auch sagen muss: Die neuen Songs fallen im Vergleich zu den Klassikern doch deutlich ab. Ein Stück wie „Hallelujah“ hätte man auf „Excalibur“ nicht mal für eine B-Seite verwendet und auch die Lieder der The Clans Will Rise Again-Scheibe kommen im direkten Vergleich nicht im Ansatz an die Songs von Tunes Of War heran. Vielleicht müssen sich Grave Digger in Zukunft über die Songauswahl ein bisschen mehr Gedanken machen. Meines Erachtens kann man auf Stücke wie „Lionheart“, „The Battle Of Bannockburn“, „Scotland United“ oder auch „The Reaper“ nur schwer verzichten. Und warum die Truppe nicht mal was von den genialen Scheiben The Grave Digger oder The Last Supper gespielt hat, wird mir ein Rätsel bleiben.


Setlist:
Healed By Metal
Lawbreaker
Witch Hunter
Killing Time
Ballad of a Hangman
The Dark of the Sun
Knights of the Cross
Hallelujah
The Ballad of Mary (Queen of Scots)
Tattooed Rider
Hammer of the Scots
Season of the Witch
Highland Farewell
Excalibur
Morgane le Fay
Rebellion
---
The Round Table
Heavy Metal Breakdown

Stefan Graßl


Zurück zur Artikelübersicht