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La música que nos une: Mexikanisch-deutsche Jugendchorbegegnung in Sachsen

Info

Künstler: Jugendchor der Musikschule „Domus Artis“ Chetumal (Mexiko) & Gemeinsamer Jugendchor von Werner-von-Siemens-Gymnasium Großenhain, ev.-luth. Kirchgemeinde Reinersdorf, Oberschule „Am Kupferberg“ Großenhain und Oberschule Ebersbach

Zeit: 05.08.2017

Ort: Leipzig, Taborkirche

Fotograf: Jens Witschaß

Internet:
http://www.jugendchor.gymnasium-grossenhain.de
http://www.facebook.com/domus.artis.7

Unter den sächsischen Chorleitern ist Stefan Jänke so eine Art Spezialist für internationale Chorprojekte. „Seine“ Großenhainer Truppe hat in diesem Jahrtausend schon einiges von der Welt gesehen, darunter auch für Chorreisen eher ungewöhnliche Länder wie Sri Lanka oder den Oman, und umgekehrt ist auch bereits der eine oder andere internationale Chor hierzulande zu Gast gewesen. Der aktuelle Fokus richtet sich gen Mexiko, wo die Großenhainer im Februar 2017 gastierten und nun im Sommer der u.a. vom Goethe-Institut und dem Auswärtigen Amt geförderte Gegenbesuch der Mexikaner in Sachsen ansteht. Konkret handelt es sich um den Jugendchor der privaten Musikschule „Domus Artis“ aus Chetumal, der Hauptstadt des Bundesstaates Quintana Roo, welchselbiger einen Teil der Yucatan-Halbinsel einnimmt und manchem deutschen Urlauber vielleicht bekannt ist, denn auf seinem Territorium liegt u.a. der Badeort Cancun. Besagte Musikschule existiert seit 2005 und unterrichtet etwa 100 Schüler in verschiedenen Instrumenten – der Chor aber ist jünger, wurde erst 2016 als ergänzendes Angebot ins Leben gerufen und umfaßt ein Altersspektrum von 9 bis 18 Jahre. Auf Tour in Deutschland sind nun hauptsächlich die Älteren, und die finden Gleichaltrige im aus vier Institutionen gespeisten Jänkeschen Jugendchor, der mit vollem Namen Gemeinsamer Jugendchor von Werner-von-Siemens-Gymnasium Großenhain, ev.-luth. Kirchgemeinde Reinersdorf, Oberschule „Am Kupferberg“ Großenhain und Oberschule Ebersbach heißt. Innerhalb von elf Tagen stehen immerhin genauso viele Konzerte und dazu zwei Gottesdienstausgestaltungen auf dem Plan, dazu natürlich auch noch so manches touristische Ziel – ein durchaus forderndes Programm, das die jugendliche Energie der Mexikaner allerdings nur ein Lächeln kostet, wie Jänke dem Rezensenten berichtet: Selbst nach einem anstrengenden Wandertag im Elbsandsteingebirge sind die Sänger beim anschließenden Platzkonzert an der Fähre Rathen vokal noch topfit. Am besagten Samstag wiederum haben sie tagsüber Leipzig unsicher gemacht, und nun steht abends das Konzert in der Taborkirche im Stadtteil Kleinzschocher an, einer riesigen Hallenkirche, die außer einer hochliegenden Orgelempore und vernachlässigbaren Seitenschiffen allerdings keinerlei Einbauten hat und daher den Stimmen einen großen zu füllenden Raum auferlegt.

Den Konzertauftakt bestreiten die deutschen Sänger – und schnell wird klar, daß die akustische Füllung dieses riesigen Raumes schon in halber Stärke problemlos gelingt: Heinrich Schütz‘„Herr, wenn ich nur dich habe“ verlangt dem Ohr zwar noch etwas Entschlüsselungsarbeit ab, wenn es an die einzelnen, anfangs noch etwas zu sehr ineinanderlaufenden Linien geht, aber die Raumwirkung ist beeindruckend, und Jänke stellt hier wie in den Folgenummern unter Beweis, daß er ein Meister der dynamischen Schichtung seiner Sänger ist, egal welchen Stil die gerade intonieren. Das Programm ist diesbezüglich sehr vielfältig, und auch wenn das Programmheft das ganze Tourrepertoire abdruckt, von dem pro Konzert aber jeweils nur eine Auswahl erklingt, paßt das Ausgewählte doch erstaunlich gut aneinander, auch wenn der Sprung vom gospeliten „Ain’t No Mountain High Enough“ zu Franz Schuberts „Ave Maria“ zunächst gewagt erscheint und die Einbindung des (in Leipzig nicht erklingenden) Ärzte-Hits „Lasse redn“ gleichfalls eine nicht gerade kleine Herausforderung darstellt. Für Spezialisten und Schubladendenker ist das Konzert aber sowieso eher ungeeignet, wie schon der keyboarderzeugte Cembalosound deutlich macht, den Hans-Richard Ludewig zur Begleitung des Schütz-Openers wählt. Die jeweiligen Gesangssolisten werden per Mikrofon verstärkt; sie wechseln von Nummer zu Nummer, und da sind teilweise auch richtige akustische Perlen dabei, etwa im erwähnten „Ain’t No Mountain High Enough“, das zudem seitens des Chores gestisch untermalt wird. Zum dynamischen Gesamtbild gesellt sich auch Jänke selbst, der keineswegs von einem festen Platz aus dirigiert, sondern den ganzen Raum vor dem Chor durchmißt.


Bewegung herrscht auch in der sechsten Nummer „Gemeinsam – Together – Unidos“, denn hier kommen während der englischen Strophe die mexikanischen Chormitglieder in den Altarraum geströmt (im Gegensatz zu den in verschiedene Rot-Schwarz-Kombinationen gehüllten deutschen Sängern tragen sie einheitliche blaue Shirts mit fleischrosa Schärpen), und alle singen die spanische Strophe gemeinsam, bevor die deutschen Sänger den Altarraum verlassen und der nächste Programmblock allein von den Mexikanern gestaltet wird, dirigiert von Gabriel Trujillo del Rio und am Klavier begleitet von Jhonathan Catalan. Letzterer wechselt in „Oh Señora“ ans Schlagzeug und erzeugt damit den einzigen größeren akustischen Problemfall des Abends: Wenn er trommelt (was er in der Hälfte von „Oh Señora“ tut, und später in „La Maza“ bedient einer der Chorsänger das Schlagwerk, ansonsten kommt instrumental neben dem Keyboard nur noch eine historische Flöte zum Einsatz), gehen die Stimmen unter, und man kann ihre Linien zumindest oben auf der Orgelempore, wo der Rezensent sitzt, nur noch erahnen. Zum Glück gibt es da noch die andere, unvertrommelte Hälfte von „Oh Señora“, der ersten polyphonen Motette Mexikos aus dem 16. Jahrhundert, deren kompositorische Struktur sich dort prima nachvollziehen läßt, nachdem zuvor bereits das alte Maya-Stück „Los Xtoles“ mit seinem klaviersimulierten Tanzbeat einen eindrucksvollen Blick in die musikalische Vergangenheit der mittelamerikanischen Ländereien geworfen hat. Das Gros der mexikanischen Nummern ist allerdings jüngeren Datums und vor Ort zumindest so populär, daß die junge hübsche Mexikanerin, die neben dem Rezensenten sitzt, oftmals mitsingt. Einige Lieder preisen diverse Qualitäten des heimischen Bundesstaates, andere wie „La Maza“ sind revolutionären Charakters (durchaus nicht nur mexikanischen Backgrounds, wie das uruguayische Protestlied „Crece desde el pie“ zeigt), und wieder andere besitzen einen religiösen Hintergrund, etwa „Señora de piel morena“, das der ersten farbigen Marienerscheinung Zentralamerikas im Jahre 1531 gewidmet ist (Kuriosum am Rande: Über ebenjene Marienerscheinung hat der gar nicht so weit von Großenhain entfernt lebende Komponist Jörg Herchet unlängst eine große, über einstündige Kantate geschrieben) und damit durchaus auch politischen Zündstoff birgt. Von zurückhaltenden Hymnen bis zum flott-fröhlichen, mit einem sehr schnellen A-cappella-Mittelteil ausgestatteten und auch hierzulande nicht ganz unbekannten „La Bamba“ (Kuriosum am Rande: Das hat der Rezensent nur anderthalb Monate zuvor in einer etwas anderen Fassung gehört, beim Konzert von The Dead Daisies in Leipzig – siehe Rezension auf diesen Seiten) reicht das Spektrum, und die 22 mexikanischen Chorsänger, die in einer 7-8-7-Aufstellung agieren (die linken sieben sind die Jungs), bringen die von Trujillo geforderten Ausprägungen in reizvoller Weise und scheinbar ohne große Anstrengungen herüber. (Kuriosum am Rande: Pianist Catalan läßt die Schlußtöne meist länger klingen als Dirigent Trujillo die des Chores.)
Die letzten acht Nummern singen beide Chöre dann gemeinsam, und die Dirigenten sowie die Pianisten wechseln sich jeweils ab. Was die Sänger beim erst siebenten gemeinsamen Auftritt bereits für ein homogenes Niveau erreicht haben, zeigt gleich Bachs „Jesus bleibet meine Freude“, in dem die Vokalisten eine beeindruckende Ruhe über Hans-Richard Ludewigs sehr flüssige Klavierbegleitung legen. „Sueña Me, Quintana Roo“ wiederum ist purer Schlager hohen Kitschniveaus, aber in positiver Deutung auch als einfach nur schön ansehbar (wer singt da wohl wieder fleißig mit?), und mit „La Cucaracha“ kommt noch eine Nummer, die jeder in den Achtzigern fernsehtechnisch sozialisierte Hörer aus „Speedy Gonzales“ noch in Erinnerung hat. Das mit einer interessanten kleinen Textverschiebung im dritten Wort ausgestattete, locker schwingende und flotte, aber nicht überhastet wirkende Jänke-Arrangement von „Amen“ und das gemeinsam mit dem Publikum intonierte „Auld Lang Syne“ schließen interessante anderthalb Stunden ab, und die vielleicht 80 Besucher lassen die 50 Musiker natürlich auch nicht ohne eine Zugabe ziehen. Muchas gracias!

Setlist:
Herr, wenn ich nur dich habe
For The Good Things We Go
Ain’t No Mountain High Enough
Ave Maria
Fahren wir froh im Nachen
Gemeinsam – Together – Unidos
Los Xtoles
Oh Señora
Casita de Paja
La Mestiza
Chetumal
La Bamba
Crece desde el pie
Alma llanera
La Maza
Pescador de hombres
Señora de piel morena
Jesus bleibet meine Freude
Gelobt sei Gott
Sueña Me, Quintana Roo
La Cucaracha
Cielito lindo
Luna de Cozumel
Amen
Auld Lang Syne
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Heilig, heilig, heilig

Roland Ludwig


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