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Artikel

Billy Joel: Die Biografie über den „Piano Man“ mit deutschen Wurzeln

Info

Autor: Fred Schruers

Titel: Billy Joel: Die Biografie

Verlag: hannibal

ISBN: 978-3-85445-493-9

Preis: € 29,99

441 Seiten

Internet:
http://www.hannibal-verlag.de
http://www.billyjoel.com

Billy Joel mag jenseits des Atlantiks einen wesentlich größeren Status als hierzulande zu besitzen, und wer mit Ausnahme seiner Radio-Hits bislang wenig Zugang zu seiner Lebensgeschichte hatte, kann dies mit der jetzt erschienenen Biografie von Fred Schruers nachholen. Während diese recht spannend mit der Vertreibung von Billy Joels Vorfahren aus Nazi-Deutschland beginnt, um dann mit der Jugend und der frühen Jahre des Songwriters fortzufahren, verflacht das Buch zunehmend, was man dem Autor aber nur bedingt vorwerfen kann - schließlich verebbte zumindest die musikalische Kreativität von Billy Joel vor etwa 20 Jahren nach dessen Album River of Dreams (1993), so dass neben den zahlreichen bis dato erschienenen Alben vor allem seine danach stattgefundenen Tourneen und sein Privatleben im Allgemeinen Platz in diesem Buch finden mussten.

Der Großvater von Billy Joel, Karl Joel, hatte sich in den Dreißiger Jahren in Nürnberg einen größeren Versandhandel für Textilien aufgebaut, musste diesen in den Nazijahren aus politischen Gründen dann nach Berlin verlegen, verlor ihn als Kaufmann jüdischer Abstammung dann aber doch noch. Verkaufen musste er ihn erzwungenermaßen 1938 an den späteren Träger des Bundesverdienstkreuzes Josef Neckermann zu einem Bruchteil seines Wertes, und selbst dieses Geld hat er zunächst nicht bekommen und musste dieses erst nach dem Krieg erstreiten. Über die Schweiz und England wanderte man zunächst nach Kuba aus, bis man nach zwei Jahren schließlich das eigentliche Ziel USA endlich erreichte. Der Bruder von Karl hatte weniger Glück und kam in den Gaskammern von Auschwitz um.

Interessant geht es eigentlich auch weiter: Billy Joel wurde anschließend im Jahre 1949 in New York geboren, nachdem die Familie in Amerika Fuß gefasst hatte. Nach der Trennung der Eltern wuchs er ohne Vater und nach dem Selbstmord seiner Tante mit seiner Cou­si­ne zusammen in eher ärmliche Verhältnissen auf. Nach ersten musikalischen Stationen in verschiedenen Bands - interessante Randnotiz: Howie Blauvelt († 1993), mit der er in The Hassles spielte und sogar ein Album veröffentlichte, war später Bassist bei der kurzlebigen Band Ram Jam („Black Betty“) - wurde er schließlich nach diversen Umwegen Solo-Künstler. Und dies war ein steiniger und schwerer Weg, der auch immer wieder von Rückschlägen, gerichtlichen Auseinandersetzungen (privat wie geschäftlich) und persönlichen Enttäuschungen geprägt war. Wir lesen von gescheiterten Ehen und Beziehungen, komplizierten Rechts- und Geldgeschäften, Alkoholproblemen, vielen Haus- und Wohnungskäufen, neuen Hüftgelenken und auch von Selbstmordversuchen (er selbst mit Möbelpolitur, später seine eigene Tochter mit Homöopathie(!)-Arzneien).

Im Verlauf des Buches werden die Wohnungen von Billy Joel immer größer (von bescheidenen 1.000 m² zu schließlich 18.000 m²), die Anzahl der Konzerte und Konzertbesucher immer beeindruckender und die Ehefrauen bzw. Freundinnen immer jünger: von etwa gleichaltrig bis zu einem einem Altersunterschied von über dreißig Jahren bei der dritten und auch der vierten Eheschließung („Ich hätte sie auch geheiratet, wenn sie 30 Jahre älter gewesen wäre“). Die anfängliche Bodenständigkeit des Künstlers bleibt da zunehmend auf der Strecke, und seine Wutanfälle und seine hitzigen Reaktionen (v. a. Musikkritikern gegenüber) machen den Menschen Billy Joel nicht immer unbedingt sympathisch. Und so tragisch einiges in seinem Leben auch sein mag, die Luxusprobleme seiner zweiten Lebenshälfte, nicht nur Frauen betreffend (Zitat: „Das Problem war auch, dass er keine rechte Vorstellung mehr davon hatte, welche Altersgruppe er überhaupt ins Auge fassen sollte.“) könnten manchen Leser doch etwas langweilen.

Unterm Strich ein nettes Buch, das aber leider nicht zuletzt aufgrund der ständigen detaillierten Songtextanalysen und des Buchumfanges vor allem in der zweiten Hälfte etwas langatmig geraten ist.

Jürgen Weber


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