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Die Brandenburgischen Sommerkonzerte fördern Kultur und Tourismus

Wer am 30. August 2014 zufällig zwischen 17 und 19 Uhr durch das abseits jeder Bundesstraße gelegene brandenburgische Bergsdorf gefahren ist, wird überrascht registriert haben, wie stark alles, was auch nur entfernt als Parkplatz nutzbar ist, ausgelastet war. Sollte das Interesse an dem durchaus sehenswerten Kurt Mühlenhaupt Museum mittlerweile derart hohe Wellen schlagen?

Zwar war das Museum tatsächlich das Ziel all dieser Autofahrer und sogar eines extra eingesetzten Shuttlebusses, der am Vormittag am Fehrbelliner Platz in Wilmersdorf gestartet war. Aber das Museum allein hatte diese Völkerwanderung von ca. 350 bis 400 Personen nicht ausgelöst. Auch die Ankündigung, dass hier das Julia Hülsmann Quartett auftreten würde, allein hätte wohl kaum derart viele Besucher veranlasst sich etwa eine Autostunde nördlich der Berliner Stadtgrenze einzufinden und das Portemonnaie für Eintrittspreise zwischen immerhin 16 und 49 € zu öffnen.

Sommerkonzert im Mühlenhaupt Musuem

Die Lösung des Geheimnisses nennt sich Brandenburgische Sommerkonzerte, eine jährliche Veranstaltungsreihe zwischen Juni und September, die im Jahr 2009 mit dem Tourismuspreis des Landes Brandenburg ausgezeichnet wurde. Effekte wie der, der am 30. August in Bergsdorf zu beobachten war, waren Grund für diese Auszeichnung. Denn die Brandenburgischen Sommerkonzerte veranstalten nicht nur hörenswerte Konzerte. Ihr Gesamtkonzept basiert auf einer dezidierten Nähe zu Land und Leuten. Es will Möglichkeiten bieten der Region Brandenburg, ihrer Geschichte und Kultur zu begegnen. Dazu gibt es nicht nur Musik, sondern u.a. auch eine begleitende Lesereihe. In ihr stellen renommierte Literaturkritiker ihre Lieblingswerke vor. Sie handeln von historischen oder zeitgeschichtlichen Begebenheiten, von bedeutenden Persönlichkeiten, die die Region geprägt haben, oder von Baudenkmalen und Kunstwerken. Der Erfolg dieses Konzept und seine positive Auswirkung auf den regionalen Tourismus und die überregionale Ausstrahlung sind sicher ein Hauptgrund für die Auszeichnung durch das Land Brandenburg.


Im kommenden Jahr feiern die Brandenburgischen Sommer-konzerte bereits ihr 25-jähriges Bestehen. 1990, nur ein Jahr nach dem Mauerfall, haben sie mit sieben Veranstaltungen in verschiedenen Brandenburger Orten begonnen. Einer der Grundgedanken bestand darin, das bislang weitgehend unzugängliche Berliner Umland für die West-Berliner zu erschließen. Heute umfassen die Branden-burgischen Sommerkonzerte ca. 30 Konzerte und kommen inklusive der Beiprogramme auf jährlich weit über 100 Veranstaltungen, für die mehr als 20.000 Tickets verkauft werden.

Die Veranstaltungsorte sind so unterschiedlich, wie die Angebote. In Kirchen, Klöstern, Scheunen und Schlössern sowie auf Open-Air-Bühnen treten von Solisten über Klassik-Trios und Jazz-Quartetts bis hin zu Symphonieorchestern und Big Bands Künstler vor allem aus den Bereichen Klassik, Jazz und alter Musik auf.

Marc Muellbauer vom Julia Hülsmann Quartett am Kontrabass

Heute kommen etwa 55 Prozent der Besucher aus Berlin, der Rest aus Brandenburg und dem gesamten Bundesgebiet. Die Veranstaltungen, mit Kapazitäten zwischen 150 und 2000 Besuchern werden zu etwa 85 Prozent ausverkauft. Mit den Einnahmen können etwa 60 Prozent der Kosten gedeckt werden. Die fehlenden ca. 240.000 € stammen aus Sponsorengeldern von Unternehmen, Stiftungen, private Förderern und Mitgliedern. Eine öffentliche Förderung muss daher nicht in Anspruch genommen werden.

Eine Straßenszene auf der Lexington Avenue in New York von Kurt Mühlenhaupt

Am 30. August dürfte die wohl auch kaum nötig gewesen sein. Nur wenige Stühle in der zur Veranstaltungshalle ausgebauten Scheune waren leer geblieben. Bereits lange vor Beginn des Konzertes war das Gelände des Vierseitenhofs gut gefüllt. 1995 hatte der 2006 verstorbene Berliner Maler Kurt Mühlenhaupt das heruntergekommene Barockensemble übernommen, zum Atelier ausgebaut und Stück für Stück saniert. Heute befindet sich hier ein kleines Museum, in dem seine Werke nicht nur zu sehen, sondern auch zu kaufen sind. Im Freien sind Abgüsse seiner Zwerg- oder Wichtel-Skulpturen verteilt, während in der Ausstellungshalle die anarchisch-naiven Radierungen beherrschend sind, die oft Motive aus dem Berliner Milieu zeigen, viele von ihnen aus Kreuzberg, wo Mühlenhaupt bis 1980 gelebt hat, bevor er zum ersten Mal einen Bauernhof erwarb - dieses mal in Berlin-Kladow.

Mit dem Konzert des Julia Hülsmann Quartetts und einem Auftritt der Sinfonietta Leipzig am folgenden Tag in der Zisterzienserkirche in Doberlug-Kirchhain sind die Brandenburgischen Sommerkonzerte 2014 schon fast beendet. Es folgt nur noch das große Abschlusskonzert am 7. September im Dom zu Brandenburg mit der Kammerakademie Potsdam unter Daniel Giglberger und Jan Vogler am Violoncello.

Aber die Planungen für 2015 laufen bereits.

Norbert von Fransecky


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