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Artikel

Pyraser Classic Rock Night: Kleines Festival-Juwel im Herzen Frankens

Info

Künstler: Pyraser Classic Rock Night 2014

Zeit: 09.08.2014

Ort: Brauereigutshof Pyras

Besucher: ca. 5.000

Internet:
http://www.pyraser-classic-rock.de

Mittlerweile gibt es die Pyraser Classic Rock Night seit 2009. Das Ereignis hat sich als kleines, aber feines Sommerfestival mit einer Bühne einen guten Namen gemacht. Auf dem Gästebuch der Homepage gibt es zumindest nur positives zu berichten. Und: Wo kann man schon kostenlos sein Zelt aufschlagen? Mich haben sowohl das Festival als auch die Bands interessiert. Das Dörfchen Pyras ist nicht besonders groß und liegt in der Nähe von Roth. Als wir dort ankommen, sind schon etliche Festivalbesucher zu Fuß unterwegs zum Gelände - dem Brauereigutshof der Brauerei Pyras. Alles ist bequem erreichbar. Man läuft von den Campingplätzen vielleicht fünf Minuten und befindet sich dann direkt auf dem Festival. Es gibt kein Verkehrschaos, alles läuft in geordneten Bahnen ab. Wartezeiten am Einlass? Gibt es nicht, die meisten Fans sind schon frühzeitig vor Ort. Beim Bierausschank fallen mir fast die Augen heraus, als mir die Bedienung ein frisches Bier vom Fass direkt in einen Glaskrug einschenkt. Eine Pfandmarke gibt es nicht. Dies hat leider die folge, dass nach dem Festival etliche Glaskrüge rumstehen und kaputt gemacht wurden. Eine weitere Besonderheit sind selbstkühlende 10-Liter-Fässer, die reißenden Absatz finden. In der Mitte des Geländes befindet sich ein wunderschöner Biergarten, der rappelvoll ist. Essenstechnisch ist auch alles da, was das Herz begehrt. Deftige fränkische Küche, die Preise sind absolut in Ordnung. Aber es geht ja hier auch noch um etwas anderes als Essen und Getränke… Wer denkt, dass es sich hier um ein Open-Air handelt, irrt. Die Konzerte finden in einer Art Lagerhalle statt, die überdacht ist und in der sich kein Lüftchen regt. Da kommen Erinnerungen an meine Jugendzeit auf und die vielen Raucher und die Hitze sorgen für ein ganz spezielles „Festivalfeeling“.


Von der Opening-Band 3 DAYZ WHIZKEY kriegen wir leider nichts mit, da wir etwas später am „Tatort” eintreffen.

Im Biergarten spielt die Band SIBASCHU, die im Unplugged-Stil die Leute bei der Brotzeit unterhält. Ganz nett gemacht, allerdings mehr als Hintergrund-Beschallung denn als eigentlicher Live-Act gedacht.


BONFIRE beginnen bereits am Nachmittag und schon hier ist die Halle gut voll. Claus Lessmann und Co. machen vom Start weg alles richtig und geben Vollgas. Sämtliche Musiker sind bis in die Haarspitzen motiviert. Das überträgt sich in Windeseile auf das Publikum, das die Ingolstädter nach allen Regeln der Kunst abfeiert. Sänger Claus Lessmann bringt wie üblich seine Witze, die meistens nicht zünden. Witzig finde ich, dass er gedacht hätte, Pyras liegt in Griechenland. Was er sich sparen kann: Doofe Sprüche über den 1. FC Nürnberg und Lobeshymnen auf den FC Bayern München, dessen Fan er ist. Das ist total überflüssig und gehört ganz einfach nicht auf ein Rockfestival. Hans Zillers Gitarre ist phasenweise viel zu leise eingestellt, was vor allem zu Beginn etwas nervt. Musikalisch gibt es überhaupt nichts zu bemängeln. Bonfire rocken ohne Ende und die Setlist bringt die Menge über Gebühr zum Kochen. Kracher wie „Never Mind“ oder „Hot To Rock“ zünden nach wie vor ausgezeichnet. Auch die Ballade „Give It A Try“ wird kitschfrei präsentiert und kommt sehr gut an. Claus Lessmann verlässt vor lauter Begeisterung sogar die Bühne, springt in den Fotograben und begrüßt sämtliche Fans in den ersten Reihen per Handschlag. Das Schlagzeugsolo von Harry Reischmann ist absolut sehenswert. Mit brennenden Drumsticks bearbeitet er sein Schlagzeug und fackelt dabei das Fell einer Trommel ab. Dabei spuckt er noch Feuer und animiert das Publikum. Der Gig würde von mir eine Topbewertung bekommen, wäre da nicht „Sweet Home Alabama“ als letzter Song. Eine Band wie Bonfire hat es wirklich nicht nötig bei einer Spielzeit von 60 Minuten auf einen Lynyrd Skynyrd-Klassiker zurückzugreifen, der eh schon totgenudelt ist. Warum nicht „Champion“ oder „Until the Last Goodbye“?

Setlist Bonfire:
Bells of Freedom
Tony's Roulette
Never Mind
Hot to Rock
Don't Touch the Light
Fantasy
Sword and Stone
Give It a Try
Schlagzeug-Solo
Under Blue Skies
Sweet Obsession
Sweet Home Alabama


Bei MICHAEL SCHENKER'S TEMPLE OF ROCK sind noch mehr Leute in die Halle gestürmt. Michael Schenker hat mit seiner aktuellen Besetzung um die Ex-Scorpions-Mitstreiter Hermann Rarebell (Schlagzeug) und Francis Buchholz (Bass) sowie Dougie White (ex-Rainbow, ex-Yngwie Malmsteen) eine starke Truppe am Start. Ich fand den Auftritt auf der letzten Tour schon überragend. UFO’s „Doctor Doctor“ gleich zu Beginn zeigt wo der Hase lang läuft: Bahn frei für die Klassiker! Michael Schenker zeigt mit den Songs einen groben Querschnitt über sein musikalisches Schaffenswerk. Die Band spielt sehr gut zusammen und man merkt den Veteranen die Spielfreude durchaus an. Beeindruckt bin ich immer wieder aufs Neue von Hermann Rarebell. Der mittlerweile 64-jährige Schlagzeuger bearbeitet sein Drumkit mit einer Wucht, dass die Schrauben vom Roadie öfters nachgezogen werden müssen. Dies ist umso erstaunlicher wenn man bedenkt, dass er doch einige Jahre nicht live unterwegs war. Auch Francis Buchholz genießt es, wieder auf der Bühne zu stehen. Und Michael Schenker bringt an diesem Nachmittag einmal mehr eine absolute Weltklasseleistung. Seine Solos sind der Hammer und er scheint bei bester Laune zu sein. „Rock You Like A Hurricane“ wird zum Triumphzug, bei dem die komplette Halle - angefeuert von Herman Rarebell - den Refrain mitsingt. Den Abschluss des 75-minütigen Gigs bildet der UFO-Überklassiker „Rock Bottom“. Hier spielt sich die Band und insbesondere Schenker in einen wahren Spielrausch - phänomenal. Danach ist Schluss und Michael Schenker's Temple Of Rock bekommen ihren wohlverdienten Beifall. Etliche Fans diskutieren nachher über die schlechte Performance von Dougie White. Das sehe ich nicht so. Erstens hat er gut gesungen und zweitens hatte er lediglich bei den dargebotenen Scorpions-Songs einige Schwierigkeiten. Er hat halt nicht die Tonlage von Klaus Meine. Vielleicht sollten ihm hier seine Bandkollegen ein bisschen entgegen kommen und die Songs etwas tiefer stimmen. Ansonsten ein absolut astreiner Auftritt.

Setlist Michael Schenker's Temple Of Rock:
Doctor Doctor
Where the Wild Wind Blows
Lovedrive
Another Piece of Meat
Assault Attack
Armed & Ready
Into the Arena
Before the Devil Knows You're Dead
Lights Out
Too Hot To Handle
Shoot Shoot
Rock You Like a Hurricane
Rock Bottom


SAXON haben mit U.D.O. die Reihenfolge getauscht, weil sie am nächsten Tag noch beim englischen Bloodstock-Festival auftreten. Die Halle ist nun brechend voll, jeder möchte die Briten sehen. Als die „Sachsen“ auf die Bühne kommen, gibt es kein Halten mehr. Der Jubel der Fans ist ohrenbetäubend und die Stimmung bleibt auch so bis zur letzten gespielten Note. Biff Byford und seine wackeren Schildknappen spielen einige neue Songs, aber den Großteil des Programms bestimmen die großen Klassiker der Legende aus England. Bereits bei „The Power And The Glory“ geht mächtig die Post ab. Band und Publikum peitschen sich gegenseitig hoch - die Stimmung ist einfach magisch. Die Hitze ist mittlerweile brutal und ich frage mich, wie es Biff mit dem langen Mantel auf der Bühne aushält. „I’ve Got To Rock To Stay Alive“ wird regelrecht zelebriert und ist mittlerweile ein Klassiker der Bandhistory. Das Gitarrengespann Paul Quinn und Doug Scarratt löst sich bei den Solos ab und beweist, dass sie zu einem der besten Gitarrenduos in der Metalszene gezählt werden können. Bassist Nibbs Carter lässt seine Mähne bei etlichen Songs wie ein Verrückter kreisen. Ihm scheint das Alter und das Touren nichts anzuhaben. „Dallas 1 PM“, „Solid Ball Of Rock“ oder „747 (Strangers In The Night)“ sind allesamt musikalische Volltreffer, die ihre Wirkung auch an diesem Abend nicht verfehlen. Urvieh Nigel Glockler donnert auch heute wieder wie ein Derwisch über die Felle und freut sich sichtlich mit dabei zu sein. „Ride Like The Wind“ kommt sehr gut an und ich habe das Gefühl, dass vor allem Biff darüber am meisten überrascht ist. „Crusader“ und die Bandhymne „Denim And Leather“ walzen alles dahin, was bis jetzt noch gerade stehen kann. Und wem es immer noch nicht reicht: Die „Eiserne Lady“ „Princess Of The Night“ kommt wie der sprichwörtliche Dampfzug und sorgt für offene Münder im Publikum. Frenetischer Jubel und sichtlich gerührte Musiker auf der Bühne beenden den denkwürdigen Gig. Saxon sind für mich im klassichen Metal-Bereich nach wie vor eine der besten Live-Bands mit einem überragenden Sänger. Biff Byfords Humor und seine Begeisterung auf der Bühne sowie seine Gesangsleistung sind einfach mit nichts zu vergleichen!

Setlist Saxon:
Sacrifice
Power and the Glory
Heavy Metal Thunder
Battalions of Steel
I've Got to Rock (To Stay Alive)
Motorcycle Man
And the Bands Played On
Solid Ball of Rock
Dallas 1 PM
To Hell and Back Again
The Eagle Has Landed
Ride Like the Wind
747 (Strangers in the Night)
Strong Arm of the Law
Wheels of Steel
Encore:
Crusader
Denim and Leather
Princess of the Night


U.D.O. haben mit dem Tausch, nach Saxon auf die Bühne zu gehen, die sprichwörtliche Arschkarte gezogen. Udo Dirkschneider und seine Band machen jedoch das Beste daraus und überzeugen mit Einsatz, Spielfreude und Songs, die ich so noch nie live von U.D.O. gehört habe. Ich finde es klasse, Songs der hervorragenden Alben Faceless World und Animal House live präsentiert zu bekommen. Normalerweise spielen U.D.O. auch bei Festivals sehr viele Accept-Songs. Dies hat sich anscheinend geändert, seit Accept auch live wieder unterwegs sind und das macht durchaus Sinn. Songs wie „Heart Of Gold“, „They Want War“ oder das phantastische „In The Darkness“ sind echte Perlen. Garantiert zieh ich mir in Kürze mal wieder die dazugehörigen Alben rein. Die Fans sind nach dem Saxon-Gig ziemlich ausgelaugt und nicht mehr ganz so in Feierlaune. Trotzdem bleibt ein Großteil des Publikums in der Halle und macht mit, so gut es eben noch geht. Udo Dirkschneider singt hervorragend und zeigt keinerlei Alterserscheinungen. Die beiden neuen Gitarristen Andrey Smirnov und Kasperi Heikkinen fügen sich ausgezeichnet in die Band ein. Spieltechnisch sind beide über jeden Zweifel erhaben und schaffen es ohne Probleme, das Publikum bei Laune zu halten. Bis kurz vor Schluss glaube ich wirklich, dass der Auftritt gänzlich ohne Accept-Klassiker abläuft. Aber ganz ohne will es der „German Tank“ dann doch nicht durchziehen und präsentiert mit „Metal Heart“ gleich zu Beginn des Zugabenblocks einen Überklassiker. Hier steigt die Stimmung innerhalb kürzester Zeit und das Publikum ist wieder voll auf der Höhe. „Balls To The Wall“ wird geradezu von den Fans zelebriert und bei „Fast As A Shark“ zeigt Udo Dirkschneider eine wahre Weltklasseleistung. So gut habe ich den Song live noch nie gehört - Wahnsinn! Nach ca. 100 Minuten ist dann auch verdientermaßen Schluss und U.D.O. bekommen vom Pyraser Publikum sehr viel Applaus. Überhaupt muss man die Fans loben - nach Saxon noch so mitzumachen beweist absolute Begeisterung. Das Abba-Outro „Thank You For The Music“ sorgt für einige Lacher und beweist, dass die Jungs durchaus auch Humor haben.

Setlist U.D.O.:
Steelhammer
King of Mean
Heart of Gold
A Cry of a Nation
Stranger
They Want War
Animal House
In the Darkness
Never Cross My Way
Man and Machine
Stay True
No Limits
Metal Machine
Go Back to Hell
Timebomb
Metal Heart
Balls to the Wall
I'm a Rebel
Fast as a Shark

Nach U.D.O. legt die Cover-Band DR. WHO'S ROCK'N'ROLL CIRCUS noch nach und präsentiert eine Mischung aus aktuellen und vergangenen Rock-Klassikern. Absolut super präsentiert, aber ich bin nach dem U.D.O.-Auftritt einfach platt. Trotzdem: Die Halle füllt sich erneut und die Fans machen mit.


Fazit: Was für ein tolles Festival! Eine Bühne, Bier aus Krügen, tolles Essen, motiviertes und freundliches Personal wohin man auch schaut - es ist der reine Wahnsinn. Sämtliche Bands haben sich mächtig ins Zeug gelegt und durch die Bank überzeugt. Insgesamt sind ca. 5000 Leute bei dem Ereignis dabei. Manchmal ist die Menschenmenge in der Halle dabei schon etwas grenzwertig. Mehr Leute dürfen es im nächsten Jahr keinesfalls mehr sein. Bleibt zu hoffen, dass die Veranstalter weiterhin ihrem Motto treu bleiben und das Festival auch im nächsten Jahr auch wieder in genau dem gleichen Rahmen stattfindet.

Stefan Graßl


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