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Led Zeppelin I, II und III neu remastert

Über 300 Million verkaufte Platten, mehr als 20 Millionen Kartenanfragen für ein einziges Konzert im Jahre 2007, dazu eine ganze Legion, die sich aktuell wieder auf ihren Sound der 70er beruft - wer da widersprechen möchte, dass Led Zeppelin auch heute noch absolute Relevanz besitzt, der muss an Verblendung leiden. Die Band war von Anfang an darauf getrimmt, das Maximum zu erreichen. Was ihnen ohne wenn und aber gelungen ist. Nach einer kurzen Periode von elf Jahren war mit dem Tod von Schlagzeuger John Bonham 1980 Schluss. Doch die Legende lebte beständig vital weiter. Unter anderem auch ein Verdienst von Gitarrist Jimmy Page, der die Maschine auch in den Folgejahren am Laufen hielt und sich als würdiger Nachlassverwalter hervortat.

Nachdem einige Altvorderen in den letzten Jahren mit großen Boxen ihrer alten Werke abermals einiges an Profit einfuhren, sind jetzt auch Led Zeppelin an der Reihe. Hierfür hat Page sich den Backkatalog nach 1990 ein weiteres Mal vorgenommen, um ihn nochmals auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Das Ganze erscheint neu als Vinyl, als einfache CD, als Doppel-CD, angereichert mit einigen Raritäten sowie als üppige Box mit allen Formaten in einem und je einem rund 70-seitigen Buch. Den Anfang machen die ersten drei Alben I, II und III. Die weiteren bis zum Schwanengesang Coda sollen folgen.

Wir nahmen uns die 2-CD-Versionen vor und unterzogen dem Ganzen einem genaueren Blick. Eines dürfte dabei schon im Vorfeld klar sein: Wenn Jimmy Page etwas anpackt, dann richtig und würdevoll. So erlag der Gitarrist nicht der Versuchung die Geschichte neu zu schreiben und die alten Songs zu remixen, sondern er masterte das Material lediglich neu. Der Charme bleibt so also erhalten. Es stellt sich dabei lediglich die Frage, ob das wirklich notwendig war, denn der erste Remasters-Aufwasch klingt auch heute noch hervorragend und tatsächlich bekommt man nach ausführlichem Hören keine wirklich schlüssige Antwort darauf. Trotzdem klangen die Alben wohl noch nie so lebendig wie heute. Der Sound wurde etwas entrümpelt und die einzelnen Instrumente klar separiert. Die einzelnen Kanäle sind klar auseinander zu halten. Die Dynamik blieb so erhalten und von Loudness-War und übermäßiger Kompression ist keine Spur. Im Ganzen klangen die 1990er Versionen etwas wärmer, gerade die „härteren“ Songs wirkten leicht druckvoller. Dafür klingen die neuen Versionen kantiger und auch etwas dynamischer. Sie kommen dem Flair von damals wahrscheinlich am nähesten. Die Arbeit kann man so zweifellos als gelungen bezeichnen. Allerdings muss man auch sagen, dass man nicht unbedingt noch einmal zugreifen muss, wenn man die ursprünglichen Remaster-Versionen bereits sein Eigen nennt.

Wirklich interessant wird die Sache eh erst durch die ausgegrabenen Bonusstücke, die wir uns nun etwas genauer anschauen.


Led Zeppelin I


Was die Welt nicht wusste, aber im Januar 1969 begann eine neue Zeitrechnung. Deep Purple waren noch eine etwas spezielle Artrock-Beatband, Black Sabbath suchten weiter nach sich selbst - aber Led Zeppelin veröffentlichten ihr Debütalbum und gaben damit dem Hard Rock und auch dem Heavy Metal entscheidende Impulse. An sich war das Ganze aber einfach nur eine etwas härter gespielte Bluesrock-Variante, was man besonders an Songs wie „I can't quit you baby“ oder dem äußerst lasziv vorgetragene „You shook me“ hören kann. Dabei ließ man sich gerne von den alten Bluesmeistern inspirieren, was später noch zu Kontroversen führen sollte. Trotz dessen war ein regelrecht schwerer und düsterer Titel wie „Dazed and confused“ oder knackig kurze Rocker wie „Communication Breakdown“ und „Good times bad times“ einfach große Klasse, was vor allem an tollen Zusammenspiel der vier Musiker lag. Bereits auf dem Erstling lotete man mit dem entspannten, fast hymnischen „Your time is gonna come“ oder dem akustischen Instrumental „Black Mountain Side“ seine Grenzen aus, was in späteren Jahren noch für viel Verzückung sorgen sollte. Im Ganzen war I ein Einstand nach Maß und das Album ist heute ein Klassiker der Musikgeschichte.
Statt Studiooutakes liegt hier als „Companion Disc“ ein Konzert mit acht Songs aus Paris bei, das Led Zeppelin am 10. Oktober 1969 spielten. Auf dem Programm standen hauptsächlich Songs des Debüts, aber auch „Heartbreaker“ und John Bonhams Solo „Moby Dick“ wurden gespielt. Der Einstieg in den Gig mit dem Doppelschlag „Good times bad times / Communication Breakdown“ ist ziemlich famos. Doch das Problem der Aufnahme ist gleich unüberhörbar: zwar ist klar, dass man sich von einer so alten Aufnahme keine Wunder erwarten sollte, doch wirklich viel mehr als Bootleg-Niveau wird in Sachen Sound nicht geboten. Zwar klingt John Paul Jones' Bass ziemlich angenehm und warm und auch der Gesang überzeugt. Aber vor allem die Gitarre verschwindet immer wieder im Mix. Dafür ist die Performance wirklich knackig und man wünscht sich damals dabei gewesen, als Robert Plant definierte wie ein Rocksänger vom Gockel zum goldenen Gott mutiert (schöne Grüße an David Coverdale!), Jimmy Page seine Gitarre zwischendurch mit dem Geigenbogen bearbeitete und John Bonham zeigte, dass das wichtigste beim Schlagzeugspiel der Groove ist.

1. Good Times Bad Times (2:46)
2. Babe I’m Gonna Leave You (6:42)
3. You Shook Me (6:28)
4. Dazed And Confused (6:28)
5. Your Time Is Gonna Come (4:34)
6. Black Mountain Side (2:12)
7. Communication Breakdown (2:30)
8. I Can’t Quit You Baby (4:42)
9. How Many More Times (8:27)

Companion Audio Disc - Live At The Olympia Paris, France October 10, 1969
1. Good Times Bad Times/Communication Breakdown (3:52)
2. I Can’t Quit You Baby (6:41)
3. Heartbreaker (3:50)
4. Dazed And Confused (15:01)
5. White Summer/Black Mountain Side (9:19)
6. You Shook Me (11:56)
7. Moby Dick (9:51)
8. How Many More Times (10:43)


Led Zeppelin II


Nur ein Dreivierteljahr später erblickte die zweite Platte der Band die Welt. Schlicht II betitelt war sie eine einfache Fortführung des Debüts mit mehr desselben - zumindest zum großen Teil. Denn wer besaß damals schon die großkotzige Chuzpe einfach mal ein Schlagzeugsolo aufs Album zu packen („Moby Dick“)? Doch erst einmal gab es mit „Whole lotta love“ einen großen Kracher zum Einstieg. Mit einem Jahrhundertriff ausgestattet, das wahrscheinlich jeder Gitarrenschüler nach ein paar Minuten üben spielen kann, fetzt man sich durch die Nummer, die vor allem wegen ihres effektbeladenen Mittelteils so legendär ist. Mit „Heartbreaker“ und dem dynamischen „Ramble on“ gibt es noch mehr knackigen Hardrock, während man mit dem äußerst schlüpfrigem „Lemon Song“ noch einmal in Bluestiefen abtaucht, aus denen man mit dem abschließenden „Bring it on home“ fast nicht mehr heraus fand. Dass es auch etwas zurückhaltender geht, zeigt man gleich mit dem zweiten Song „What is and what should never be“. Aber erst „Thank you“ lässt richtig aufhorchen: eine äußerst entspannte Nummer, die von Jones' Orgel getragen wird und das Melodiegespür der Band zeigt. II ist am Ende nicht weniger gut als sein Vorgänger und damit eine weiter große Stufe nach oben in den Rockolymp, in dem man mit III schon fast angekommen war.
Bei diesem Re-Release gestaltet sich Bonus-CD um einiges interessanter. Hierfür hat Jimmy Page jedenfalls wesentlich tiefer in seinem Archiv gegraben und einige Überbleibsel aus den Aufnahme-Sessions zu Tage gefördert. Anhand der Rough Mixes von „Whole lotta love“ (noch ohne den Effekt-Overkill in der Mitte), „Heartbreaker“, „What is and what should never be“ und „Ramble on“ kann man gut nachvollziehen, wie sich die endgültigen Albumversionen entstanden, auch wenn sich diese Cuts gar nicht so sehr vom Endprodukt unterscheiden. Echte Fans erfreuen sich an kleinen Details wie Änderungen in Sachen Gitarrensolo und kleinen Abwandlungen im Gesang. Interessant sind auch die instrumentalen Backing-Tracks für die Gesangsaufnahmen. Vor allem die Version von „Thank you“ klingt auch als reines Instrumental wirklich sehr schön. Von „Moby Dick“ gibt es eine alternative Anfangssequenz zu hören, doch das Interessanteste ist das bisher unbekannte Instrumental „La La“, das zwar wie ein Studiojam, dafür recht unterhaltsam klingt.

1. Whole Lotta Love (5:34)
2. What Is And What Should Never Be (4:46)
3. The Lemon Song (6:19)
4. Thank You (4:49)
5. Heartbreaker (4:14)
6. Living Loving Maid (She’s Just A Woman) (2:39)
7. Ramble On (4:34)
8. Moby Dick (4:20)
9. Bring It On Home (4:19)

Companion Audio Disc
1. Whole Lotta Love (Rough Mix with Vocal) (5:38)
2. What Is And What Should Never Be (Rough Mix with Vocal) (4:33)
3. Thank You (Backing Track) (4:21)
4. Heartbreaker (Rough Mix with Vocal) (4:24)
5. Living Loving Maid (She’s Just A Woman) (Backing Track) (3:08)
6. Ramble On (Rough Mix with Vocal) (4:43)
7. Moby Dick (Backing Track) (1:37)
8. La La (Intro/Outro Rough Mix) (4:07)


Led Zeppelin III


Nachdem die Band fast pausenlos unterwegs war, benötigten Led Zeppelin im Vorfeld zu den Aufnahmen für ihre dritte Platte etwas Ruhe, die man im ländlichen, waliser Anwesen namens Bron-Yr-Aur fand. Diese Pause schien dem Quartett gut tun, denn ins Studio ging man kurze Zeit darauf mit jeder Menge frischer Ideen. Heraus kam das stilistisch breit gefächertes Album der Band bis zum diesem Zeitpunkt. Vielfach wird III von viel Folkflair umweht, das man so von Led Zeppelin vorher nicht kannte. Dabei startete man noch recht rockig mit einem aufs Wesentliche verdichteten, recht mystischen Rocksong: „Immigrant Song“. Doch bereits das folgende „Friends“ taucht mit seinem akustischen Sound im Folk ab, der hier recht dramatisch dargeboten wird. Viel in sich ruhend sind das wunderschöne „Tangerine“ und das wie ein leichter Sommerwind wirkende „That's the way“. Großartig ist auch das sich beständig aufbauende und auf einem Traditional beruhende „Gallows Pole“, das zeigt, dass es für mitreißende Rocksongs nicht unbedingt eine elektrische Gitarre braucht. Ähnliches schafft auch der Folk-Stampfer „Bron-Y-Aur Stomp“. Zünftigen Hardrock gibt es mit dem kantigen „Celebration Day“ und dem Riff-getriebenen „Out on the tiles“. Auch vom Blues kann man nicht die Finger lassen. Dieser präsentiert sich mit „Hats off to (Roy) Harper“ zum einen recht archaisch, zum anderen sehr trocken und extrem melancholisch („Since I've been loving you“). All das zusammen ergibt eines der ganz großen Highlights im Backkatalog der Band.
Auch für diese „Compantion Disc“ wurde tief gegraben. In der Dreierreihe ist diese Bonus-Disc zudem auch die interessanteste. Zuerst bekommt man auch hier alternative Mixe von auf dem Studioalbum enthaltenen Songs. In diesem Fall von „Immigrant Song“, „Celebration Day“, „Gallows Pole“, „Since I've been loving you“ und „That's the way“. Auch hier vernimmt man, sofern man genau hinhört, kleine Abwandlungen. Die Gitarre bei „Since I've been loving you“ klingt zum Beispiel etwas grobschlächtiger und bei „That's the way“ kann man noch eine Dulcimer vernehmen. „Friends“ gibt es als Instrumentalversion und auch „Bathroom Sound“ ist im Endeffekt eine rein instrumentale Darbietung eine Albumtracks. In diesem Fall versteckt sich „Out in the tiles“ dahinter. „Jennings Farm Blues“ ist dagegen unbekannt - zumindest zum Teil. Denn das Ganze ist eine elektrische Version von „Bron-Y-Aur Stomp“. „Keys to the highway / Trouble in mind“ kennt man dafür nicht. Hier geben Page und Plant rein akustisch, ganz ursprünglich alte Bluesweisen zum Besten - Blues-Harp inklusive. Das hat was.

1. Immigrant Song (2:26)
2. Friends (3:53)
3. Celebration Day (3:30)
4. Since I’ve Been Loving You (7:24)
5. Out On The Tiles (4:07)
6. Gallows Pole (4:57)
7. Tangerine (3:11)
8. That’s The Way (5:37)
9. Bron-Y-Aur Stomp (4:17)
10. Hats Off To (Roy) Harper (3:42)

Companion Audio Disc
1. The Immigrant Song (Alternate Mix) (2:25)
2. Friends (Track, No Vocal) (3:43)
3. Celebration Day (Alternate Mix) (3:18)
4. Since I’ve Been Loving You (Rough Mix of First Recording) (7:16)
5. Bathroom Sound (Track, No Vocal) (4:00)
6. Gallows Pole (Rough Mix) (5:17)
7. That’s The Way (Rough Mix with Dulcimer) (5:22)
8. Jennings Farm Blues (Rough Mix of all Guitar, Overdubs that Day) (5:54)
9. Keys To The Highway/Trouble In Mind (Rough Mix) (4:05)


Für Fans ist somit einiges dabei, was einen Kauf rechtfertigen könnte. Wem der Inhalt nicht gefällt, der kann sich vielleicht von der Verpackung überzeugen, die als zweifach ausklappbarer Digipack daher kommt. Das beiliegende Booklet ist leider wenig informativ. Denn es enthält leider nur zahlreiche Bilder und ausführliche Songcredits. Liner Notes oder Ähnliches: leider Fehlanzeige. Trotzdem wirkt das Ganze recht wertig und macht sich gut im CD-Regal.


Mario Karl


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