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Artikel

KEEP-IT-TRUE XVI: Eine Ode an den Heavy Metal!

Info

Künstler: Keep It True XVI

Zeit: April 2013

Ort: Lauda-Königshofen - Tauberfrankenhalle

Besucher: 2.000

Internet:
http://www.keep-it-true.de

Wenig bekannte Kultacts, heiße Newcomer und selten zu sehende Szenehelden auf einer Bühne vereint - das war von Anfang an das Konzept des über die Jahre immer legendärer werdenden Keep-it-true Festivals. Daran hat sich glücklicherweise nichts geändert und so funktionierte das auch bei der 16. Auflage wieder bestens. Da dem Festival sein Ruf voraus eilt, war auch das diesjährige KIT bereits lange ausverkauft. Viele Liebhaber des wahrhaften Stahls wollten sich so exklusive Sachen wie den ersten Europaauftritt von Medieval Steel oder eines der ganz wenigen Konzerte von Warlord nicht entgehen lassen. An der Organisation gab es auch dieses Mal wieder nichts zu meckern. Was vor einem Jahrzehnt hobbymäßig gestartet wurde, entwickelte sich bereits von einiger Zeit zu einer äußerst professionell aufgezogenen Veranstaltung, bei der ein Rädchen ins andere greift, die aber immer noch ihr angenehmes Underground-Flair bewahren konnte. Man merkt eben immer noch, welch Herzblut hierin steckt. Aber legen wir nun los und stürzen uns ins Getümmel!





Freitag, 19.04.2013


Nein, BORROWED TIME sind keine Diamond Head-Tributeband, sondern ein noch recht junger Fünfer aus Michigan. Auf dem Programm stand kerniger Metal irgendwo zwischen NWOBHM-Tugenden und etwas schrägem US-Metal. Obwohl man bisher nicht mal eine halbe Stunde Material veröffentlicht hat, konnte man seine Spielzeit ordentlich füllen. „Schuld daran“ waren einige neue Songs, die einen gut aufs restliche Wochenende einstimmten. Die Band überzeugte auch auf den geliehenen Instrumenten der Gelsenkirchener Iron Kobra mit Spielfreude und einem Frontmann, dem man aufgrund seiner Kauzigkeit gerne zuschaute. Fast konnte man denken, man hätte es mit einem verschollenen Sohn von Bobby Liebling (Pentagram) zu tun. Zwar hatte man schon spannendere Eröffnungsbands bei diesem Festival gesehen, aber das passte schon.


Eine nicht so lange Anreise wie die Band vor ihnen hatten ELIMINATOR. Diese musste nämlich nur über den Ärmelkanal zu uns schippern. Entsprechend ihrer Herkunft gab es auch recht zünftigen britischen Metal auf die Ohrwascheln. Obwohl jugendlich eingetütet, war ihr Sound schon recht altmodisch. Auch die Diskografie dieses Quintetts war überschaubar. Außer der EP We rule the night hat man nicht viel in der Hinterhand. Aber analog des Plattentitels konnte man leider nicht durchgehend regieren. Dazu war das Songmaterial auf Dauer etwas zu unspektakulär und das Stageacting etwas zu hölzern, auch wenn der Haufen ziemlich sympathisch wirkte. Trotz allem ein solider Auftritt.


Dass in Skandinavien Traditionsstahl hoch im Kurs stehen, ist keine neue Erkenntnis. Die Schweden AIR RAID schlagen genau in diese Kerbe. Allerdings sind die jungen Wilden so mancher Konkurrenzband eine Nasenlänge voraus - zumindest heute auf dieser Bühne. Das erste Mal konnte eine Band an diesem Tag vom Anfang bis zum Ende richtig mitreißen. Das liegt vor allem an der Kombination aus rasanter Performance (coole Gitarrenläufe - yeah, lässige Screams - doppelyeah!) UND guten Songs. Denn das Powermetal-lastige Material brachte das Blut ziemlich in Wallung. Das sahen einige auch im Vorfeld bereits so, denn es waren so einige „Air Raid, Air Raid“-Rufe aus dem Publikum zu vernehmen. Hoffentlich bekommt man von diesen Newcomern mal wieder was zu hören.


Mit Chris Blacks (u.a. Pharaoh, Dawnbringer) HIGH SPIRITS ging es anschließend Schlag auf Schlag weiter. In weiße Hosen und schwarze T-Shirts gekleidet war man schon fast ein Hingucker. Aber viel mehr überzeugte der Haufen mit viel Power (definitiv mehr als auf Platte) in feine Melodien verpackt. Jedenfalls hatte die Band ein gutes Gespür für tolle Hooks, die so manch andere Band etwas vermissen ließ. Hinzu kommt eine spezielle positive Energie und eine absolut ungekünstelte Art - speziell von Chris Black selbst. Spötter behaupten ja, er wäre nur ein überdrehter Kasper, der sich zufällig auf die Bühne verirrt hat. Da sahen aber die wenigstens so. Denn stimmungstechnisch war so schnell nicht mehr viel mehr geboten als hier. Sahneschnitten wie „Full power“ und „Another night in city“ vom hochklassigen Debüt Another night oder Neues vom Schlage „When the lights go down“ und „Midnight sun“ konnte man sich nicht so leicht entziehen, auch wenn der Stoff für den einen oder anderen etwas zu sehr Hard Rock als Metal war. Sehr cool!


Wem es bei High Spirits etwas zu kuschelig war, der konnte jetzt bei MORBID SAINT kräftig frohlocken, denn es gab ordentlich auf die Mütze! Nachdem man ein paar junge Acts alten Wein in neuen Schläuchen kredenzten, zeigten ein paar alte Hasen aus Wisconsin, wie es damals war, als Heavy Metal noch richtig böse schien. Dementsprechend gab es auch äußerst derben Thrash der alten Kreator/Dark Angel-Schule serviert. Dass man dabei auch mal knapp am Death Metal vorbeischrammte - sehr gut. Damit war man nicht nur eine gute Vorbereitung auf den Headliner Possessed, sondern eine kleine „Aufhellung“ am Nachmittag. Die Wucht mit der die Band durch ihr Set fegte war jedenfalls mehr als nur ein wenig mitreißend. Die Rhythmusgruppe pumpte ohne Ende und die (einzelne) Gitarre feuerte die Stakkatoriffs im Sekundentakt ins Auditorium. Der manische Sänger Pat Lind war dabei ein Blickfang für sich. Mit seinem irren Blick meinte man, er könne einem fast jeden Augenblick ins Gesicht springen. Eher lustig war allerdings sein Versuch eine Wall of Death zu inszenieren. Auf derart zeitgenössische Mätzchen steht hier (glücklicherweise) niemand. Trotzdem wurde ordentlich zur Mucke von Morbid Saint gemosht. Deutschlanddebüt geglückt.


Dagegen sahen die folgenden QUARTZ nicht nur alt aus - sie waren es auch wortwörtlich. Kein Wunder, war man schließlich die älteste Band des Festivals. Bereits 1977 veröffentlichte man sein Debüt und gehört damit schon fast zu den alten Hasen, als die New Wave of British Heavy Metal in ihrer vollen Blüte stand. Auf der Bühne standen an diesem Wochenende tatsächlich nur Musiker, die auch bereits früher in dieser Band spielten. Das prominenteste Mitglied ist dabei ex-Black Sabbath-Keyboarder Goeff Nicholls, der hier die Sechssaitige bedient. Erwartungsgemäß gab es bei Quartz eher gemäßigtere Töne zu hören. Gut abgehangener, melodischer Hardrock ist das, wofür man steht. Vor allem gesanglich war es ziemlich gut, auch wenn der Sound natürlich sehr altbacken ist. Das war nicht jedermanns Ding und so lichteten sich die Publikumsreihen zusehends. Die Anwesenden goutierten das Ganze trotzdem mit lautem Applaus und zauberten damit das eine oder andere Lächeln auf die Gesichter der etwas steifen Herren.


HOLOCAUST-Kopf John Mortimer war ja bereits im letzten Jahr ein Überraschungsgast in der zweiten NWOBHM-Tributeshow und da war es naheliegend, dass er auch mal mit seiner Band vorbeischauen durfte. Zum Trio geschrumpft repräsentierte man die „dunkle Seite“ der britischen Musikszene der frühen 80er. Mortimer schaffte es auch heute noch diesen bösen, auf sympathische Weise kaputten Charme zu verbreiten. Das allein ist ja schon mal was. Zwar vermisste man etwas die Durchschlagskraft der zweiten Gitarre, aber trotzdem kamen Szenehits wie „Death or glory“ oder „Heavy Metal Mania“ gut rüber. Letzteres stellte sich erwartungsgemäß als absolute Hymne heraus und wurde von Hunderten Fans leidenschaftlich mitgebrüllt - Gänsehaut garantiert. „I got Heavy Metal music in my blood, and I'd like to get it to you if I could“ heißt es dort im Text. Tja, gelungen ist es der Band doch recht gut, auch wenn es kein Überfliegerauftritt war. Die Band ist jedenfalls nicht nur wegen ihrer frischen Rhythmusgruppe äußerst lebendig.


Nicht nur im Pop gibt es so genannte One-Hit-Wonders, sondern auch im Heavy Metal. Es ist vielleicht etwas boshaft, aber trotzdem fallen MEDIEVAL STEEL hierunter. Außer ihrer 1984er EP mit ihrer selbst benannten Bandhymne gab es nicht allzu viel zu hören. Trotzdem schaffte man es vor allem in den letzten Jahren eine Art Kultgefolge hinter sich zu scharen. Dementsprechend war die Stimmung auch gespannt, als das Licht ausging und die Herren Musiker die Bühne betraten. Unter großem Jubel wurde man empfangen und gerade während der ersten Songs war die Stimmung sehr ausgelassen. Diese flachte im weiteren Verlauf ein Stück ab, nachdem man viele neue Songs präsentierte. Neue Songs? Ja, man wagt es tatsächlich ein richtige, neues Album aufzunehmen. Objektiv waren diese Stücke auch nicht schlechter als ihre Oldies vom Schlage „To kill a king“ oder „Battle beyond the stars“ - wenn auch nicht übermäßig mitreißend. Man sollte sich hier wahrscheinlich doch ein wenig reinhören. Aber irgendwann war dann der Zeitpunkt gekommen: es ertönte ein nur zu gut bekanntes Gitarrenintro und es machte sich umgehend Gänsehaut breit. Aus tausenden Kehlen erklangen die Worte des Songs „Medieval Steel“ und das Publikum war fast lauter als die Band selbst. Ein echter Wow-Moment, wie man ihn auch auf dem KIT nicht allzu oft erlebt. Wer das nicht erlebt hat, hat tatsächlich etwas verpasst. Den Rest des Gigs hatte man allerdings recht schnell vergessen.


Ganz anders dann allerdings bei LIEGE LORD. Hier haben die Veranstalter ein echtes Highlight engagiert, das in Sachen Professionalität und Power so einige Acts diesen Tages an die Wand klatschte. Liege Lord haben zurecht die Headliner-Position an Possessed abgetreten und diese Stelle im Billing gewählt, an der die Fans noch topfit sind. Aus alten Tagen sind neben Sänger Joe Comeau Gitarrist Tony Truglio und Bassist Matt Vinci von früher mit an Bord. Hinzu kommen Virgin Steele-Drummer Frank Gilchrist und der zweite Sechssaiter Danny Wacker. Letzter ist (mit Verlaub) ein cooler Hund, der äußerst lässig die wildesten Läufe und Soli durch die Lautsprecher pfeffert. Der kompletten Band ist der Spaß an der Sache anzusehen und trotzdem lässt man keine Sekunde locker und haut seine Speed/Power-Songs sehr massiv raus. Wenn man es so präsentiert, darf man auch Rainbows „Kill the king“ covern. Ansonsten beschränkt man sich aber auf die eigenen drei Alben, die alle zum Zug kommen. Am meisten umjubelt sind dabei natürlich Leckerli vom Genre-Klassiker Master control wie „Eye of the storm“, „Fallout“ oder der Titeltrack selbst. Joe Comeau entpuppt sich dabei mal wieder absolute spitzenmäßiger Frontmann, der das Publikum im Griff hat und auch die Songs, welcher er nicht im Studio einsang, tadellos präsentierte. Mit „Wielding iron fists“ endet dann einer der besten (wenn nicht so gar der beste) Auftritte mit dem besten Sound des Wochenendes. Hoffen wir mal, dass das versprochene neue Album hier mithalten kann.


Dann war sie also gekommen, die Zeit für die härteste Bands des Festivals. Lag es daran, dass POSSESSED den Leuten zu sehr knüppelten oder dass sich bereits leichte Müdigkeit breit machte? Jedenfalls leerte sich die Halle ein ganzes Stück, als Jeff Becerra und seine Gefolgsleute die Bühne enterten. Die Ausstrahlung war angemessen düster, während das Intro vom Band erklang. Jede Menge Bühnennebel und blutrotes Licht bestimmten die Szenerie. Der klangliche Schock mit dem ersten Song „The heretic“ war jedenfalls groß. Denn außer klanglichem Matsch war nicht allzu viel zu erhören. Trotzdem kam die Brachialgewalt der Band gut rüber, was den einen oder anderen Headbanger ins Ekstase versetzte. Der aktivste und agilste Posten der Band war erstaunlicherweise der an seinen Rollstuhl gefesselte Jeff Becerra, der sich überraschend sympathisch gab, während seine mit Nieten und Stacheln verzierte Hintermannschaft wie am Boden festgeklebt für klanglichen Tumult sorgte. Die Operation war jedenfalls geglückt. Die musikalischen sieben Tore zur Hölle wurde mit links geöffnet. Wer sich dem nicht sicher war, dem wurde nach lautstarkem Betteln der Fans endgültig mit „Death Metal“ der Garaus gemacht. Vielleicht nicht gerade der einnehmendste Headliner der KIT-Geschichte, aber allemal der brachialste.


Samstag, 20.04.2013


Die vielfach verkaterten Köpfe nach einem anstrengenden ersten Festivaltag wieder fit zu bekommen, ist für die erste Samstagsband immer wieder eine Herausforderung. Aber diese Hürde nahmen die Belgier EVIL INVADERS unbeeindruckt mit Anlauf! Topfit und mit viel Spiellaune haute der agile Vierer seinen zackigen Speed Metal raus. Starke zweistimmige Gitarrenläufe und lässig keifender Gesang - Metalparadies wir kommen. Der Energielevel war enorm und das Ganze wurde sehr wohlwollend angenommen. Spätestens mit dem passenden Exciter-Cover „Violence & force“ hatten die Evil Invaders das Publikum im Sack. Dass einige Songs gleich recht klangen? Geschenkt. Viele hatten wohl nicht einen derart rasanten Start erwartet und es würde mich nicht wundern, wenn die Band ein paar neue Anhänger finden konnte.


Ein Auftritt von Mercyful Fate und/oder King Diamond in Lauda-Königshofen würden sich bestimmt viele Besucher wünschen. Da dies auf absehbare Zeit eher weniger passieren dürfte, griff man sich die beste derzeit verfügbare Alternative: ATTIC. Deren Debüt The Invocation sorgte ja für einiges an Rappeln im Untergrund und so war es kaum verwunderlich, dass die Gelsenkirchener sehr positiv empfangen wurden. Das Quintett brachte die Magie seiner Studiovorlagen auch ohne weiteres auf die Bühne, selbst wenn der Aufbau mit schwarzen Kerzen bei Tageslicht ein wenig lächerlich wirkte. Spielerisch ließen sich Attic allerdings nicht die Wurst vom Brot ziehen und dementsprechend verbreiteten die Songs auch hier ihre fein-gruselige Atmosphäre. Sein Scherflein trug natürlich besonders Sänger Meister Cagliostro bei, der den King famos gab (was man natürlich mögen muss). Das schon fast obligatorische Mercyful Fate-Cover „Black funeral“ war da nur das Tüpfelchen auf dem i.


Thrash Metal von der britischen Insel ist ja nicht gerade ein Markenzeichen. TORANAGA sind einer der weniger Vertreter dieser Zunft. Die Band hat 1988 und 1990 zwei Alben veröffentlicht, die heute ziemlich vergessen sind. Und so richtig hat dieser Auftritt wohl auch nichts daran geändert. Dabei ging es anfangs noch ganz gut mit Dampf los. Doch irgendwie schien die Band mit zunehmender Spielzeit ein wenig die Luft auszugehen. Überhaupt wirkte der Auftritt etwas lustlos. Vor allem Sänger Mark Duffy tat sich negativ hervor, während seine Hintermannschaft eher routiniert agierte. Aggressiv und doch gelangweilt - man denkt kaum, dass das wirklich geht. Am Ende waren Toranaga leider nur eine Art Lückenfüller zwischen Attic und den nun folgenden Midnight.


Gleich mal vor dem ersten gespielten Ton eine Gitarre zertrümmern und dann laut fluchend in den Fotograben werfen - eine klare Ansage seitens der Maskenmänner MIDNIGHT! Danach explodierte nicht nur dieses dynamische Trio, sondern auch die Publikum flippte standesgemäß zum derben Geschrote aus. Was Midnight ausspuckten, war an sich zwar nicht wirklich spektakulär, aber der Mix aus Venom, sprunghaftem Thrash und jeder Menge Rock'n'Roll-Spirit verfehlte in der Livesituation zu keiner Sekunde seine Wirkung. Dabei gab man sich so gar nicht erst die Mühe den Leuten gefallen zu wollen, sondern zockte in bester Punkmanier seine Songs runter. Dabei wirbelte vor allem der Herr Gitarrist wie ein wild gewordener Flummi über die Bühne und ließ sich doch recht feiern. Das wirkt auf seine Art glatt sympathisch konsequent. Insgesamt war der Auftritt eine richtige Spaßpille am frühen Nachmittag und sogar eines der großen Highlights des diesjährigen KITs. Bitte mehr davon!


Ähnlich asselig und rüpelhaft ging es anschließend mit OCTOBER 31 und ihrem trashlastigen US-Stahl weiter. Schön anzuschauen war das vielleicht nicht (Sänger King Fowley wirkte wie aus dem Obdachlosenasyl entflohen), aber allemal auf seine Art unterhaltsam - und während Midnight einen Showcharakter nicht von sich weisen können, allemal authentischer. Der Sound war ungezügelt und ballerte ziemlich massiv. Während die eine Hälfte der Band (Bassist Jim Hunter und Gitarrist Matt Ibach) eher wie ein Statistenduo wirkte, gaben Sänger Fowley und Gitarrist Brian Williams Vollgas und konnten Sympathiepunkte sammeln. Leider konnten sie damit nicht mehr so viele Fans hinter sich versammeln, da viele ein wenig Frischluft anscheinend vorzogen. Vielleicht nicht unbedingt ein Tageshighlight dieser Gig, aber zumindest ein netter Auftritt für Zwischendurch, der mit einem deftigen Saxon-Cover („The power and the glory“) endete.


Danach wurde es wieder sehr speziell. LEGEND von der Kanalinsel Jersey sind nicht mehr als eine kleine Randnotiz der NWOBHM und selbst den hier Anwesenden nicht besonders geläufig. Aber trotzdem schön, dass man immer wieder solche Gruppen ausgräbt und hier auf die Bühne stellt. Musikalisch hebt man sich auch komplett vom übrigen Programm ab, denn was es hier zu hören gab, war doch recht softer, etwas zurückhaltender Rocksound. Diese klangliche Entspannung war richtig angenehm und die Band hatte ein paar nette Melodien im Gepäck. Die teils etwas progressiv angehauchten Songs gingen trotzdem nicht allzu schnell ins Ohr. Die Ausstrahlung der Band schwankte dabei zwischen selig entspannt und irgendwie abwesend. Echte Rampensäue waren jedenfalls keine an Bord. Spielerisch war das aber schwer in Ordnung (speziell das akzentuierte Gitarrenspiel) - besonders spannend auf Dauer aber doch leider nicht.


Danach war es wieder Zeit für richtigen Metal - allerdings von der altmodischen Schule, aber genauso virtuos dargeboten und mit noch mehr feinen Melodien versehen. Der Auftritt von JACK STARR'S BURNING STARR wurde als spezielle „Oldschool-Show“ angekündigt und war doch ein ziemlicher Ritt durch die Diskografie des Projekts des Virgin Steele-Gründungsmitglieds. Aber dieser riss vom ersten bis zum letzten Song mit. Wer dabei Gitarrenheldentum erwartete, bekam das natürlich auch. Jack Starr war seiner Strahlkraft zweifelsohne bewusst, stellte sich aber nicht beständig in den Mittelpunkt, sondern gab sich als zwar zurückhaltender, aber sympathischer Zeitgenosse. Genauso wichtig war seine prominent besetzte Band (u.a. ex-Manowar Rhino und Crystal Viper-Frontfrau Marta Gabriel). Mit Todd Michael Hall hatte Jack Starr einen Sänger in seiner Band, der mittlerweile zwar aussieht wie ein junger Hartmut Engler (Pur), aber stimmlich sehr brilliert. Hier saß jeder Ton, so dass die guten Songs (u.a. „Sands of time“, „Blaze of glory“, „Land of the dead“, „No turning back“) einfach super rüber kamen und zum Mitsingen einluden. Balladen sparte man sich auf und gab eine Stunde lang Vollgas. Starker Auftritt einer Band, die leider immer etwas abseits im Schatten steht.


Als STEEL PROPHET für das Keep-it-true angekündigt wurden, fiel einem erst wieder auf, wie lange es schon wieder still im die Band um Gitarrist Steve Kachinsky war. Vielleicht ließ er sich auch von den Eindrücken seines Sängers Rick Mythiasin mitreißen, der bereits vor zwei Jahren als John Cyriis-Ersatz mit Agent Steel vor Ort war. Besagter Rick sorgte auch gleich für den ersten Hingucker, als die Band sich langsam spielfertig machte. Neben Jeff Becerra war er der zweite Mann, der per Rollstuhl auf die Bühne gewuchtet wurde. Allerdings ist das verletzungsbedingt nur von temporärer Natur. Davon ließ sich der Vokalist allerdings nicht beeindrucken und sang wieder wie ein junger Gott. Zusätzlich hievte er sich immer wieder am Mikroständer empor, um einen Blick auf die Menge zu werfen. Die Band hinter ihm hatte nicht viel weniger Hummeln im Hintern - allen voran Bandboss Steve und der schwarze Bassist Vince Dennis, die beide wie von der Tarantel gestochen über die Bühne hetzten. Spielerisch gab man sich dabei allerdings keine Blöße und feuerte Göttergaben wie „The ides of march“, „When six was nine“ oder die Powerballade „Earth and sky“ ins Publikum. Dessen Stimmung war super und man feierte die Band zurecht ausgiebig. Als kleine Überraschung stimmte man das Queen-Cover „Bohemian Rhapsody“ an und spätestens bei dessen schnellem Part fühlte man sich voll an die Autoszene von Wayne's World erinnert. Zu köstlich! In dieser Form können (nein, müssen!) Steel Prophet wieder mal bei uns vorbeischauen.


Mit ANGEL WITCH folgte ein weiteres Kultding, das vor allem wegen seines Debüts auch noch 30 Jahren immer noch deftig abgefeiert wird. Aber da die Bandhymne „Angel Witch“ ein unkaputtbarer Stimmungsmacher vor dem Herrn ist, war es nur konsequent, dass die Band hier auch mal spielt - vor allem, das man sich mit dem Comeback As above, so below recht stark zurück gemeldet hat. Eigentlich gute Voraussetzungen für einen zünftigen Co-Headliner-Auftritt. Der Start mit „Atlantis“ war auch recht schmissig. Aber bald wurde klar, dass man sich vielleicht ein wenig zuviel erwartet hatte. Speziell die Performance von Bandleader Kevin Heybourne war ziemlich introvertiert und schien fast gelangweilt. Da wurde noch mehr klar, dass das Songmaterial auch nicht die ganze Zeit von allerbester Güte ist. Granaten wie „White Witch“, das Instrumental „Dr. Phibes“ und das harte „Angel of death“ mal stark ausgenommen. Letzteres klang heute aber auch ein wenig schaumgebremst. Vielleicht lag dies aber auch auch dem etwas undifferenzierten Sound, denn Heybournes Backing-Band gab sich etwas schmissiger und leidenschaftlicher. Besonders Bassist Will Palmer. Ganz am Ende kam dann natürlich noch der Song, auf den alle gewartet hatten. „Angel Witch“ entpuppte sich als große Mitgrölnummer, was die Band voll auskostete. Damit waren dann alle zufrieden gestellt.


Ähnlich wie letztes Jahr vor dem Auftritt von Arch/Matheos, lag auch bei WARLORD eine besondere Atmosphäre in der Luft. Hier wie dort wurde die Bühne komplett umgebaut, was für Spannung sorgte. Allerdings übertrieb man es hier ein wenig. Warlords Tourmanager wuselte dabei ständig irgendwo herum und drehte an den Geräten. Am Ende hatte man die eh schon verlängerte Pause auch noch um eine halbe Stunde überzogen. Bedeutete das ein Freudenfest? Nein, leider nicht. Der erste Höreindruck war nämlich ein furchtbarer, da der Sound einfach grottig war. Man hätte darüber lachen können, wäre es nicht so traurig gewesen. Denn das hatten diese zeitlosen Kompositionen nicht verdient, die man nur so selten zu hören bekommt (das letzte Gastspiel datiert auf 2002). Von den Songs her wurde nämlich nicht geklotzt und man packte bereits zum Anfang alte Klassiker wie „Deliver us from evil“, „Winter tears“ und „Child of the damned“ (genau in dieser Reihenfolge) aus. Showtechnisch wurde erwartungsmäß nicht viel geboten. Bandleader Bill Tsamis und seine Gitarrenkollegen hielten sich dezent im Hintergrund, während Hammerdrummer Mark Zonder im Hintergrund für den richtigen Donner sorgte. Extra für diesen Auftritt hatte man den Sänger Giles Lavery engagiert, der stimmlich absolut zu den Warlord-Songs passte. Allerdings schien er sehr schüchtern, wenn nicht gar ob der Masse der Leute etwas verängstigt. Trotzdem schien das Ganze der epischen Musik würdig. Nach ein paar Songs war auch der Sound im grünen Bereich, so dass man den Rest genießen konnte. Der Auftritt war dann auch gut, wenn auch nicht so magisch wie bei so manch früherem Headliner. Die Zuschauerreihen leerten sich auch zunehmend. Die Stimmung war demnach auch eher vom Genießen als vom ausgelassenen Abfeiern geprägt. Trotz allem war es ein guter Abschluss des Festivals.

Mit „Achilles revenge“ endete dann ein Festival, das wieder voller schöner und mitreißender Momente war. Zwar war auch nicht jede Band ein Hammer, aber auch richtige Ausfälle musst man nicht vermelden. Nur eines ist natürlich immer wieder schade: Es dauert wieder ein Jahr, bis man das nächste Mal von mit 2.000 anderen Oldschool-Metal-Fans aus aller Welt diese leidenschaftliche Musik abfeiern kann. Denn nichts anderes ist dieses Festival - eine zweitägige Ode an den Heavy Metal! Der Termin für das nächste Keep-it-true steht natürlich schon fest (25. und 26. April 2014) und ein Großteil der Karten dürfte schon in diesem Jahr über die Merchandising-Theke gewandert sein. Es heißt sich also beeilen, wenn man auch mal dabei sein möchte. Denn einige Schmankerl stehen bereits fest. Unter anderem die reformierten (!) Jag Panzer mit einer besonderen Oldschool-Show, inklusive Joey Tafolla (!) an der Gitarre, Sinner ebenfalls komplett mit ihren alten Hits, wieder einmal Lethal, Persian Risk und Atlantean Kodex.



P.S.: Wer sich jetzt noch für die Setlisten der einzelnen Bands interessiert, der konsultiert bitte das sehr lebendige Festival-Forum (direkter Link: http://www.sacredmetal.de/board/viewtopic.php?f=11&t=10965).


Mario Karl


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