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Artikel

Brainstorm: Nicht nur wegen der Musik zusammen

Info

Gesprächspartner: Brainstorm (Torsten Ihlenfeld)

Zeit: 27.09.2011

Interview: Telefon

Stil: Power Metal

Internet:
http://www.brainstorm-web.net
http://www.facebook.com/officialbrainstorm

Kraftvoller Metal aus Schwaben - da denkt die eine Hälfte an Primal Fear, die andere an BRAINSTORM. Letztere haben kürzlich mit On the spur of the moment, was zu Deutsch soviel wie spontan oder kurz entschlossen bedeutet, ihr bereits neuntes Studioalbum heraus gebracht. Erwartungsgemäß gibt es darauf wieder heißen Stahl zu hören, der zu 100 % nach BRAINSTORM klingt. Dieser glüht unserer Meinung nach wieder ein bisschen mehr als zuletzt, so dass kein Fan enttäuscht davon sein dürfte. Bereits zum Vorgänger Memorial roots führte MAS ein Gespräch mit der Band in der Form von Sänger Andy B. Franck. Zur Abwechlsung zerrten wir dieses Mal Gitarrist und Songschreiber Torsten Ihlenfeld ans Telefon, der mit uns ein paar Tage vor der offiziellen Veröffentlichung am 30. September zu fast schon nachtschlafender Stunde ein lockeres Gespräch über das neueste Werk führte. Der ebenso sympathische Herr entpuppte sich nicht als weniger auskunftsfreudig und so entstand ein längeres, entspanntes Gespräch. Hier ein Auszug davon:



Nun Torsten, fieberst Du der Veröffentlichung von On the spur of the moment schon entgegen?

Weiß nicht warum, aber dieses Mal freuen wir uns ein bisschen mehr als sonst. Vielleicht liegt es ja am Alter.

Oder das Ergebnis ist besser geworden als beim letzten Mal.

Manche behaupten das. Wir empfinden das aber nicht so. Uns war bei Memorial roots schon vorab klar, dass es manchen etwas schwer fallen wird. Wenn der Sound mal etwas anders als gewohnt ist, ist es für einige arg schlimm. Ich kann das auf der einen Seite verstehen. Aber es ist auch gut, wenn sich eines mal ein bisschen anders anhört.

Wer kam denn auf den Albumtitel, lief da wirklich alles so spontan ab?

Das war eine Art Bauchgefühl. Es lief einfach alles schön ineinander. Manchmal arbeitet man lange an einem Song. Aber dieses Mal standen die Grundgerüste relativ schnell. Es kommen natürlich noch jede Menge Feinheiten dazu. Aber der Weg den so ein Lied geht, war dieses Mal relativ klar. Das fühlte sich gut an, da das letzte Album doch ein wenig kopflastiger war. Dieses ist wieder etwas mehr aus dem Bauch heraus.

On the spur of the moment ist meiner Meinung nach ein bisschen abwechslungsreicher als sein Vorgänger. Es sind auch wieder ein paar richtige Dampfhämmer dabei, wie es sich immer wieder viele wünschen.

Es gab ab der letzten Platte genauso viele schnelle Nummern wie jetzt hier. Nur ist die Aufteilung vielleicht ein bisschen verträglicher. Ich finde immer noch, dass viele klasse Songs drauf sind. Aber das neue Album springt dir tatsächlich mehr ins Gesicht.

Habt ihr euch irgendein Ziel im Vorab gesetzt, das es zu erreichen gilt?

Das machen wir eigentlich nie. Der Milan und ich schreiben ständig irgendwelche Riffs. Außerdem sind wir immer noch eine Band die probt. Wenn man eine Band ist, die sich so lange kennt wie wir, da ist das mehr als nur Proben. Wir sind ja nicht nur zusammen, weil wir miteinander Musik machen. Hier gibt es Freundschaften, die bereits über 20 Jahren existieren. Und wenn du solange auf einer Wellenlänge bist, macht das vieles um einiges einfacher. Wir haben uns noch nie schwer damit getan, an einer Platte zu schreiben.


Wenn der Milan und Du die Musik schreibt, macht der Andy die Texte. Macht er da alles alleine oder kommen da auch Vorschläge von euch?

Ja, logisch. Wir reden auch miteinander. (lacht) Er bekommt ja nicht die fertige Platte, damit er seine Texte dazu macht. Er bekommt jeden Song sobald er fertig ist. Und wenn ihm irgendeine Idee im Kopf herumschwirrt, meldet auch er sich. Ganz nach dem Motto „was können wir denn damit machen, hast du vielleicht schon ein Riff welches dazu passt“. Der Hauptteil entsteht auch im Proberaum. Du kannst den Song noch so genau im Grundgerüst ausarbeiten, erst sobald jeder seinen typischen Spielstil mit einbringt entsteht ein Brainstorm-Song.

Habt ihr für On the spur of the moment mehr als die 13 Songs geschrieben, welche jetzt auf der CD und ihre diverse Version sind?

Wir haben nur diese 13 geschrieben. Wir haben nie wirklich etwas übrig. Warum soll ich auch 20 Songs schreiben, von denen ich von vornherein denke, dass vier oder fünf nicht so gut wie die anderen sind? So haben wir nie gearbeitet. Wir haben auch nie die Angst im Rücken, „oh, hoffentlich reicht es für das nächste Album“. Wir hatten bis jetzt immer genug frische Ideen.

Welche Songs liegen Dir am meisten am Herzen, bzw. welcher hat am meisten Arbeit gemacht?

„In these walls“ auf jeden Fall. Der war vom ersten Moment als wir ihn ausprobiert haben etwas Besonderes.

Dieser klingt gerade durch die tragende Klavierlinie in meinen Ohren ganz anders als die Brainstorm-Songs sonst.

Nein, so direkt nicht. Es gab schon zwei oder drei in ähnlicher Machart. Man sollte es nicht nur an dem Klavier festmachen, auch wenn es relativ prägnant ist. Ich erinnere nur an „Beyond my destiny“ von Ambiguity. Aber natürlich ist „In these walls“ in dem Sinne herausragend, weil nicht so typisch.

Die Keyboardsachen hat bestimmt wieder Michael „Miro“ Rodenburg eingespielt, wenn ich mich nicht irre. Oder sorgt jetzt jemand anderes für die Keyboardspielereien, die sich in den letzten Jahren bei Brainstorm mehr durchgesetzt haben?

Wir haben die nur lauter gemacht. (lacht) Man lernt über die Jahre einfach dazu, wie man gewisse Dinge einsetzen kann und wie nicht. Wir arbeiten in dieser Sache unheimlich gerne mit Miro, der von der ersten bis zur letzten Brainstorm-Platte die Keyboards eingespielt hat. Es ist einfach ein wunderbares Arbeiten. Man gibt ihm etwas vor und man bekommt es genauso wie man es sich vorstellt - eher noch ein Stückchen besser. Es ist nicht so, dass wir ihm etwas geben und er einfach etwas daraus machen soll. Es kommt alles von uns.

Zu „In these walls“ habt ihr auch einen nett anzusehenden Videoclip produziert. Das gab es jetzt länger nicht mehr. Lohnt sich das in Deinen Augen jetzt wieder?

Ich finde schon, dass es sich lohnt. Vielleicht sogar wieder mehr als vor fünf oder sechs Jahren. Man hat mittlerweile viele Plattformen bei denen man seine Videos sehr unkompliziert laufen lassen kann. Mit iMusic Rocks haben wir auch ein Format, bei dem so etwas auch wieder im Fernsehen gezeigt wird. Der Song hat sich auch definitiv für ein Video angeboten. Aber man muss nicht auf Gedeih und Verderb etwas machen. Das sehen wir schon auch so.

Studiomäßig seid ihr jetzt wieder in Schwaben gelandet - bei Axel Heckert in Ludwigsburg. Kam das auch daher, dass Andys Zweitband Symphorce ihr letztes Album Unrestricted dort aufgenommen hat?

Genau, so ist es. Der Axel mischt uns auch live. Von daher lag der Weg nahe. Außerdem wollten wir mal wieder zu Hause bleiben und nicht nach Wolfsburg gehen, um ein wenig kompakter arbeiten zu können. Für diese Platte war es auch genau das Richtige.

Tonmann Axel Heckert bei der Arbeit

On the spur of the moment ist das bereits zweite Album für AFM Records. Seid ihr zufrieden mit deren Arbeit? Brainstorm sind gerade was Anzeigen betrifft derzeit ja sehr präsent.

Das ist richtig. Meiner Meinung nach sind die Zeiten auch wieder etwas besser, im Vergleich zu vor drei und vier Jahren. Damals gab es eine allgemein sehr pessimistische Grundstimmung bei den Labels. Zumindest kam es einem so vor. Eine kleine Aufbruchstimmung ist mittlerweile wieder gegeben. Das muss man sich natürlich zunutze machen. Was hat eine Band schon von einem Label, wenn nichts passiert? Da haben sich ja viele in den letzten Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Brainstorm gibt es jetzt schon unglaubliche 22 Jahre. Welches Resümee ziehst Du daraus, war es ein geiler Ritt?

Natürlich! Besonders als wir die DVD gemacht haben, fiel es uns selbst auf, welch langen Weg wir bereits gegangen sind, obwohl die erste Platte erst 1997 heraus kam. Diese ersten acht Jahre waren auch ein großer Spaß und haben uns rückblickend sehr gut getan, um zu der Einheit zu werden, die wir nun sind und nach außen darstellen. Für uns gibt es nur ein Resümee, und zwar dass sich alles rentiert hat. Jede Nacht im Proberaum, jedes Jahr in dem man nicht Urlaub machen konnte. Das war es alles wert.

Wie ich euch kennen gelernt habt, seid ihr auch lauter bodenständige Typen, die keinem utopischem Rockstar-Traum hinterher hecheln.

Unterschätz uns bloß nicht! (lacht) Realistisch muss man schon bleiben, aber ein bisschen träumen sollte man ebenso. Das ist immerhin etwas das einen antreibt. Einiges was man früher als unerreichbar empfand, hat sich zum Glück erfüllt. Erst einmal die Tatsache an sich, dass man CDs veröffentlicht, welche die Leute gerne hören, dann in Wacken oder in Amerika zu spielen, Europatouren machen. Das sind ja mit die wichtigsten Träume, die eine Band am Anfang hat. Wenn wir jetzt Millionen Einheiten verkauft hätten, hätten wir bestimmt nicht nein gesagt. Aber ich denke wir sind gut dabei und damit wirklich zufrieden.

In letzter Zeit gab es die Band nicht gerade oft zu sehen. Gab es hierfür besondere Gründe?

Man muss nicht unbedingt an jeder Steckdose spielen. Das haben wir früher gemacht. Wenn man ein Jahr hat, bei man alle Festivals durchmacht, kommt zwangsläufig ein Jahr, bei dem es mal etwas ruhiger ist. Weiterhin sind wir in der glücklichen Lage, nur das machen zu müssen, worauf wir wirklich Lust haben, da wir finanziell nicht darauf angewiesen sind, ständig zu spielen. Zweifelsohne spielen wir sehr gerne live. Aber dieses bisschen mehr an Ruhe hat speziell der neuen Platte ziemlich gut getan. Vorher war es, dass ein solches Pensum das wir durchgezogen haben, nur Bands durchziehen, welche nichts anderes als das machen. Da verliert man mit der Zeit ein wenig die Objektivität.

Dadurch wird es wohl auch für einen selbst etwas fad und die Musik wird immer unspannender. Beispiele dafür gibt es ja reichlich.

Das kann gut möglich sein. Aber wenn du es machen musst, was bleibt dir anderes übrig? Wir haben das letzte Jahr unheimlich genossen. Es fehlt einem natürlich schon irgendetwas, das darf man nicht außer acht lassen. Aber vielleicht mal ein bisschen Durchatmen und zehn Festivals weniger im Jahr spielen. Das merkt man sehr. Man kann sich einfach anders im Proberaum eingraben, wenn du zwischendurch nicht wieder raus musst.

Andy hat seine Symphorce, Bassist Toni ist wieder ein wenig mit den Farmer Boys aktiv. Juckt es Dich nicht auch, auch mal etwas außerhalb der Band zu machen?

Die beiden sind selbst Schuld, wenn sie das machen wollen. (lacht) Ich setze mich dafür lieber auf mein Motorrad. Diese Frage habe ich mir auch nie wirklich gestellt. Wenn man schon von Anfang an in seiner Band spielt, dann hast du diese Ambitionen nicht wirklich. So geht es mir zumindest. Man darf sich selbst bei allem nicht vergessen. Ich will ich bleiben und damit spreche ich auch für die anderen.

In einem Interview hat sich der Andy kürzlich echauffiert, dass Brainstorm immer wieder mit dem Siegel „Power Metal“ versehen werden. Denkst Du über so etwas auch nach?

Ihr, die Presse, müsst natürlich in irgendwelchen Kategorien denken und eine Band einordnen. Es ist natürlich schwer, wenn jemand kommt und nicht eingeordnet werden will. Dann kommst du in die Schublade „Band die nicht eingeordnet werden will“. (lacht) Das ist natürlich auch blöd. Ich kann mit dem Stempel „Power Metal“ gut leben. Es ist ja auch nicht abwegig. Aber ich denke, wir sind kein typischer Power Metal und waren es auch noch nie.

Diskografie

Hungry (1997)
Unholy (1998)
Ambiguity (2000)
Metus mortis (2001)
Soul temptation (2003)
Liquid monster (2005)
Honey from the B’s (DVD, 2007)
Downburst (2008)
Memorial roots (2009)
Just highs no lows (Best Of, 2009)
On the spur of the moment (2011)
Wobei Power Metal nicht mehr das ist, für was der Begriff früher stand, mit Bands wie Vicious Rumors oder Metal Church.

Das ist richtig. Da triffst Du den Nagel ziemlich auf den Kopf! Aber diese Kategorisierung ist in letzter Zeit ziemlich überreizt. Im Endeffekt ist es alles Heavy Metal und wir sind mit Heavy Metal groß geworden. Diese ganze Einteilung hat erst später angefangen. Von daher, nennt es wie ihr wollt! (lacht)

Welche Brainstorm-Lieder spielst Du am liebsten live?

Im Prinzip alle die wir dann auch wirklich spielen. (lacht) Wir würden gerne viel mehr Sachen live spielen. Aber klar, man kann auf einer Tour nur zweieinhalb oder drei Stunden am Stück live spielen. Wir haben vor ein paar Jahren schon mal ein Konzert gegeben, bei dem wir Sachen ausgepackt haben, welche die Fans gerne hören möchten, wir aber nur sehr selten spielen oder auch noch gar nie. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Aber es gibt Sachen, die wollen die Fans einfach hören und man will es ihnen auch nicht vorenthalten. Und es gibt Sachen die hört man selbst gerne, man weiß aber, dass sie live schwer umzusetzen sind, weil es live anders wirkt als auf Platte. Als probende Band, die alles live im Proberaum spielt, entwickelt man ein Gefühl dafür. Deswegen fallen solche Stück im vornherein raus. Ein Song wie „Invisible enemy“ von der „Liquid monster“ zum Beispiel haben wir ein paar Mal gespielt und er ist dann wieder rausgeflogen.

Zum Schluss würde ich mit Dir gerne noch ein „Brainstorm-Brainstorming“ machen. Ich nennen Dir zwei Begriffe und Du wählst einen aus, vielleicht noch mit einer kurzen Begründung. Legen wir los: Iron Maiden oder Metallica?

Puh, das ist ja ein harter Einstieg. Dann sage ich einfach mal Iron Maiden

Vielleicht ist die nächste Auswahl einfacher: Vicious Rumors oder In Flames?

Dann Vicious Rumors, obwohl die letzte In Flames auch klasse ist.

Nachdem ihr beide Länder als Band schon bereits habt: Mexiko oder USA?

Immer noch USA.

Printpresse oder Online-Fanzine?

Printpresse, weil halt unverzichtbar. Aber Online-Fanzines sind mittlerweile aktueller. Wichtig sind beide. Trotzdem freue ich mich, wenn ich auf der Toilette was lesen kann. Dort nehme ich den Laptop selten mit. (lacht)

Facebook oder eigene Homepage?

Eigene Homepage!

Email oder handgeschriebener Brief?

Dann Email.

Jetzt ein bisschen Klischeehafter: Bier oder Jack-Cola?

Beides. (lacht) Das kann man nicht voneinander trennen.

Kino oder DVD-Abend zu Hause?

Eigentlich auch beides, aber meistens dann doch DVD daheim. Vor allem kann man dazu jede Menge Bier und Jack-Cola trinken. (lacht)

Vinyl oder CD oder doch ganz neumodische Downloads?

Am allerliebsten Vinyl. Aber eine CD ist eben um einiges praktischer.

Ein allerletztes, und da bin ich gespannt: Wacken oder Bang-Your-Head?

Bang-Your-Head.

Das kam jetzt schnell.

Nichts gegen Wacken, aber um nach Balingen zu fahren setze ich mich aufs Motorrad und bin in eineinhalb Stunden da. Das ist wie heimkommen. Ja, Wacken ist riesig, ist wirklich toll, aber einfach weit weg.


Und dann war die Zeit auch schon vorüber. Mehr über BRAINSTORM gibt es im Bericht zum Premierenkonzert, welches am Veröffentlichungs(frei)tag in Aalen und damit drei Tage nach diesem Interview stattfand.


Mario Karl


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