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Artikel

HOKUM - Aggressive Riffs, anspruchsvolles Songwriting und ein bisschen Selbstironie

Info

Gesprächspartner: Hokum (Jonas Fischer, b)

Stil: Progressive Thrash Metal

Internet:
http://www.hokum.de
http://www.myspace.com/hokumheadquarter

In Zeiten in denen auch der Metalbereich immer stärker aktuellen Trends unterliegt und der Fan von einer ganzen Schwemme immer gleich klingender Alben und Bands überrollt wird, lohnt es sich umso mehr einen Blick in den Underground zu werfen. Denn gerade dort finden sich immer wieder interessante und kreative Acts die ohne ein Plattenlabel im Rücken umherkrebsen und den Sprung in die Öffentlichkeit verdient hätten. Und dank MySpace und Co. ist es auch ein ganzes Stück einfacher geworden solche zu entdecken. Hierzu zählen auch die mittlerweile zum Quintett angewachsenen HOKUM. Die aus dem Münchener Norden stammende Band legte vor kurzem ihr Albumdebüt Pi vor und beeindruckte mit technischer Versiertheit und professionellem Songwriting, was die selbst produzierte und eigenhändig unter das Bangervolk gebrachte CD zu einem empfehlenswerten Stück Schwermetall macht. Grund genug für MAS mit Bassist und Sprachrohr Jonas Fischer Kontakt aufzunehmen und ihm ein Paar Fragen zu seiner Band und Pi zu stellen. Hier ein Auszug aus dem stattgefundenen Gespräch:


HOKUM bestehen als Band erst seit ein paar Jahren und dürften den Wenigsten, auch eingeschworenen, Metalfans ein Begriff sein. Stellt euch doch mal kurz vor. Wer sind die Gesichter hinter diesem Namen und welche Stationen habt ihr als Band schon durchlaufen?

Servus Mario, hallo liebe Musikansich-Leser! Tja, Hokum, das sind wir, fünf Leute Anfang Zwanzig aus dem Münchener Norden, die technischen Metal spielen und trotzdem gerne auf der Bühne headbangen! Nach zwei CDs (s. Archiv) und einer Demo-DVD haben wir nun 2008 unser Debütalbum Pi herausgebracht und sind gerade dabei, viele, viele Gigs auszumachen, damit wir möglichst viele Bühnen in ganz Deutschland sehen und bespielen können.

Wie Du mir vor kurzem mitgeteilt hast, seid ihr nicht mehr wie auf eurem Album Pi zu hören zu viert, sondern habt mit André Epperlein einen etatmäßigen fünften Mann mit an Bord. Wurde Benjamin die Doppelbelastung Gitarre und Gesang langsam zu viel?

Das nicht unbedingt, wir sind nur alle der Meinung gewesen, dass sich eine Band auch weiterentwickeln muss, um nicht unterzugehen. Stagnation bedeutet Rückschritt! André hatte bereits bei einem Hokum-Auftritt als Gastsänger mitgewirkt, und dort haben uns seine Bühnenpräsenz und seine Stimme dermaßen überzeugt, dass wir uns sicher waren, dass das der nächste Schritt sein wird.

Wie kamt ihr auf den Bandnamen HOKUM und steckt eine tiefere Bedeutung dahinter? Mir kam als erstes ein russischer Kampfhubschrauber mit ebendiesem NATO-Decknamen in den Sinn. Nicht unpassend für euren aggressiven Stil.

Ich muss zugeben, eben dieser Hubschrauber ist auch auf eine Weise mit Schuld am Namen unserer Band. Wir waren damals auf der Suche nach einem kurzen, prägnanten Bandnamen, und ich bin über diesen Helikopter gestolpert. Da ich aber die Band auf keinen Fall nach einem Fluggerät benennen wollte, habe ich mich auf die Suche nach der wahren Bedeutung des Worts gemacht. Ich bin dann erst einmal über ein paar missverstandene Informationen zum Schluss gekommen, dass Hokum die Bezeichnung für einen Werwolf sei. Wow, cool, nehmen wir! Naja, hat sich dann ziemlich schnell als Ente herausgestellt, die wahre Bedeutung des Wortes ist Unsinn, Schmarrn, Kunstwerk ohne künstlerischen Anspruch. Und eben diese Aura der Selbstironie hat uns schließlich dazu bewogen, den Namen zu behalten. Selbstironie gehört in meinen Augen zu den positiven Eigenschaften, die jede Band besitzen sollte. Opeth sind da wahre Meister drin! (lacht)

Da kann ich Dir wohl kaum widersprechen. Wenn Du schon Mikael Akkerfeldt und seine Herren nennst. Eure Musik klingt zwar nicht wirklich verwandt, aber doch trägt sie trotz gut erkennbarer Bay Area Thrasheinflüsse relativ progressive Züge und erinnert nicht selten an von Vielen vergötterte Bands wie Atheist oder Death. Habt ihr euch bewusst an diesen Acts orientiert und beeinflussen lassen oder hat sich dies mit der Zeit eher natürlich entwickelt?

Erst einmal Danke für die Lorbeeren, hier gleich neben solche Genregrößen gestellt werden! Ich bin großer Fan dieser Bands, weswegen mich die Frage umso mehr freut. Unseren Stil haben wir nie definitiv festgelegt, wir haben auch nie gesagt „kommt, lasst uns einen Song machen, der sich wie Atheist anhört!“ Das war alles natürliche Evolution, wie Du schon so schön gesagt hast. Natürlich bringt jedes Bandmitglied bei uns seine Lieblingsbands in gewisser Weise mit ein, aber es entsteht doch immer ein Amalgam aus allen Einflüssen.

Wir von der Musikpresse neigen ja gerne dazu Musik in irgendwelche Schubladen zu stecken. Ich habe mir erlaubt den Schieber „Progressive Thrash Metal“ aufzumachen. Was haltet ihr generell von solchen Überkategorisierungen - gut oder schlecht? Und als was seht ihr euch überhaupt selbst?

Hey, in Deiner Schublade fühlen wir uns zur Zeit richtig wohl! Wir haben in unserer Laufbahn auch schon oft eigene Schubladen aufgemacht, in unserer Anfangszeit bezeichneten wir unseren Stil als „Heavy Death Thrash“. Generell würde ich sagen, dass es dem interessierten Hörer eigentlich schon hilft, wenn er vorgewarnt wird, was da auf ihn zukommt. Aber manchmal wird es halt einfach zuviel des Guten. Keiner braucht Fantasieschubladen wie „Brutal Technical Emo Thrash Core with Nintendo-Math influences“ oder so was. Nicht jede Band braucht ihre eigene Schublade, das gibt nur Chaos.

Vor kurzem habt ihr euer erstes volles Album namens Pi veröffentlicht. Wie zu sehen, wurde es fast durchgehend positiv von den einschlägigen Magazinen aufgenommen. Wart ihr überrascht von diesem Echo und wie fühlt ihr euch dabei?

Auf alle Fälle sind wir wirklich stolz und dankbar! Es freut uns immens, dass die CD wieder so gut angenommen wurde. Da hängt unser ganzes Herzblut drinnen. An dieser Stelle ein großes Danke an Dich und euch, liebe Musikmagazine, eure Unterstützung bedeutet wirklich viel für uns.

Warum habt ihr gerade den griechischen Buchstaben Pi als Albumtitel gewählt?

Der letzte Song auf dem Album, der auch „Pi“ heißt, erhielt seinen Titel schon vor dem Album selbst. Da gibt es eine kleine Anekdote dazu. Schon vor dem Eintritt unseres aktuellen Schlagzeugers Nico bei Hokum haben Voge, unser Leadgitarrist, und ich mit ihm zusammen gespielt und ungezwungen gejammt und Progressive-Metal-Songs geschrieben. Beim dritten Song, den wir damals geschrieben hatten, wurde bis zum Eintritt Nicos bei Hokum kein Ende geschrieben. Als er dann in den Hokumproben fertig gestellt wurde, war er nicht mehr nur der dritte Song, sondern eben ein bisschen mehr. Und dieses Quäntchen mehr macht aus der Nummer 3 schließlich 3,141 und so weiter. Pi wurde geboren! (lacht) Gut, es gehört schon eine Menge verqueres Denken dazu, um auf so was zu kommen, aber schließlich hat die Zahl Pi auch die wunderbare Eigenschaft, unendlich viele Nachkommastellen zu beinhalten. In diese Zahl kann soviel hineininterpretiert werden, was einen wunderbar mysteriösen Vibe erzeugt. Eben dieser hat uns schlussendlich dazu bewogen, auch das Album Pi zu nennen.

Nicht ganz ohne Seitenhiebe auf die Konkurrenz stellt ihr klar, dass typische Blut- und Gedärmelyrics in eurer Musik nicht viel verloren hat. Welchen Themen widmet ihr euch lieber in Form von Texten?

Für die Songtexte bei uns in der Band ist Benji, unser langjähriger Hauptsänger und Rhythmusgitarrist zuständig. Ich schätze seine lyrischen Fähigkeiten wirklich sehr. In seinen Texten schreibt er schon über Metal-typische Themen, auch morbide, aber stets ohne dabei in Plattitüden verfallen. Eigentlich braucht heutzutage niemand mehr den zehnmillionsten Text darüber, wie der Sänger den Gegenüber am liebsten verhackstücken würde. Klar, bei uns gab es so was auch schon. Aber inzwischen sind diese dann doch den überlegteren Texten gewichen.

Wie liefen die Aufnahmen für Pi und wie lange habt ihr noch im Studio am Endergebnis gefeilt?

Die Aufnahmen fanden sehr konzentriert und fokussiert statt. Wir haben die ganze CD innerhalb von 9 Tagen aufgenommen, worauf wir ziemlich stolz sind. Danach wurde die CD von Chris Czarnetzki in den SmartArts Studios gemischt und gemastert und ging sofort ins Presswerk. Da blieb nicht viel Platz für Tricksereien, was dem Ergebnis meiner Meinung ziemlich gut tut, der Gesamtsound vom Album ist ziemlich dynamisch und nicht so ultra flach gebügelt wie viele andere CDs. Trotzdem hat der Sound mächtig Eier und Professionalität.

Aufgrund der Komplexität eurer Songs denke ich mal, dass diese nicht von einem Tag auf den anderen in einer Jamsession entstehen. Wie schreibt ihr eure Songs wie lange dauert es in der Regel bis ihr eines eurer Werke als fertig erachtet?

Mittlerweile werden alle unsere Songs gemeinsam ausgetüftelt. Da vergehen schon gut und gern einige Wochen, bis der instrumentale Teil des Songs fertig ist. Schon währenddessen überlegt sich Benji den Text, der dann meistens kurz nach der musikalischen Grundlage mehr oder weniger finalisiert wird. In Zukunft werden die Texte wohl auch mehr und mehr in den Bandproben arrangiert werden, da wir vorhaben, in Zukunft mit vier Sängern zu arbeiten. André als Hauptsänger, unser Drummer Nico als weitere cleane Stimme und Benji und ich als Backgroundbrüller.

Das klingt ja durchaus interessant als Blick in die Zukunft. Aber kommen wir in die Gegenwart zurück. Ich hat euer Album habt ihr selbst finanziert und vertreibt es auch eigenhändig. Habt ihr schon daran gedacht Labels damit zu kontaktieren? Ich denke in diesem überschwemmten Markt, in dem Plattenfirmen immer mutloser werden, dürftet ihr es leider nicht so leicht haben etwas Aufmerksamkeit zu erregen.

Natürlich wäre ein ordentlicher Deal schon etwas Feines! Aber wie du bereits gesagt hast, mittlerweile sind die Plattenfirmen einfach zu mutlos, um noch relativ unbekannte Bands nur wegen etwaigen Talents zu signen. Wir legen unseren Fokus jetzt erst mal darauf, möglichst viele Konzerte zu spielen. Schließlich ist das noch der traditionell beste Weg, seine Musik hörbar zu machen.

Ihr kommt aus dem Großraum München. Gibt es in diesem Bereich so etwas wie eine Metalszene und fühlt ihr euch als Teil davon?

Ja, München und unser Heimatlandkreis Freising, der unmittelbar im Norden anschließt, haben beide eine lebendige Metalszene. München lebt natürlich von den vielen größeren und großen Shows, während wir hier in Freising natürlich mit der florierenden Szene der kleineren Lokalbands groß geworden sind. In beiden Szenen fühlen wir uns ziemlich wohl, ja!

Was steht als nächstes auf der HOKUM-Agenda, Konzerte, neue Songs schreiben, Weltherrschaft?

Genau das, und natürlich genau in der Reihenfolge! (lacht)

Zum Ende hin würde ich gern ein Assoziationsspiel mit dir machen. Ich nenne dir ein paar Begriffe und du sagst, was dir spontan dazu einfällt!

Gerne, freu mich drauf!

Metallica

Die erste Metalband, mit der ich in Berührung kam, bin immer noch ein großer Fan. Das neue Album ist mächtig!

Chuck Schuldiner

Zu früh verstorben, hat aber Gott sei Dank wunderbare Musik hinterlassen!

Heavy Metal

Der Begriff löst bei mir immer ein Gefühl des Oldschooligen in mir aus. Gibt’s eigentlich noch Bands, die sich selber als reine Heavy Metal Band beschreiben?

Zu meinem Bedauern verschwindet genau dieses Wort ja immer mehr als Überbegriff für sämtliche, auch sinnfreie, Unterschubladen. Das kennen wohl nur noch „altmodische“ Fans wie ich (lacht) Aber egal, kommen wir zum nächsten Begriff:

Festivals.


Gehen mir im Moment massiv ab. Es soll endlich wieder Sommer werden! Egal ob als Gast oder als Musiker, Festivals sind für mich Pflicht!

Vorbilder

Mein Dad, alle guten Metal-Bassisten.

MP3-Downloads

Werden leider mehr und mehr von MySpace verdrängt. Wir dagegen bieten noch MP3s zum kostenlosen Download an, damit all die MP3-Player dieser Welt ihr Futter bekommen! (lacht)

Bayern

Des samma mir. Bayern und des bayrische Bier. (lacht) Haindling ist Trash.

Politik

Wichtige Sache, aber gerade in Hinblick auf Musik nicht die wichtigste.

Da wären wir schon fast am Ende. Doch die letzten Worte gehörten traditionell Dir.

Yeah, vielen Dank für die Möglichkeit, dieses Interview zu geben! Danke an die Fans und für alle, die es noch nicht wussten: Auf unserer Homepage unter www.hokum.de kann man sich unsere CDs absolut versandkostenfrei bestellen und zu sich nach Hause liefern lassen! Wir freuen uns auch über Gästebucheinträge und sonstige Unterstützung! Merci!

Bitteschön! Wir danken ebenfalls für das Interview und wünsch Dir und dem Rest vom HOKUM viel Erfolg mit Pi und auch volle Clubs für zukünftige Auftritte!

Mario Karl


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