Musik an sich


Artikel
Tower Of Power - It’s Showtime




Info
Künstler: Tower Of Power

Zeit: 12.11.2014

Ort: Frankfurter Hof in Mainz

Veranstalter: Frankfurter Hof in Mainz

Fotograf: Hans-Jürgen Lenhart

Internet:
http://www.towerofpower.com

TOWER OF POWER ist eine dieser Bands, die man schon x-mal gehört hat, ohne es zu wissen. Santana, die Rolling Stones oder Tom Jones bedienten sich schon ihrer Qualitäten als präziseste Brass-Section des Planeten. Persönlich lieferte die Band den Beweis dafür am 12.11.2014 im Frankfurter Hof in Mainz. Im Repertoire hatten sie natürlich ihren größten Hit „What Is Hip?“. Schaute man ins Publikum, war die Antwort klar: Tower Of Power is still hip!

Dafür dass TOWER OF POWER eigentlich nur einen Top-20-Hit hatte, diesen auch nur in der R’n’B-Charts und schon 46 Jahre unterwegs ist, ist die Band erstaunlich angesagt. Genauer gesagt, ist sie beliebter als je zuvor. Auf Jazzfestivals wird sie wie in Leverkusen öfter als Headliner gebucht und zieht da eigentlich die Zuschauer. So konnte man auch in Mainz sehen: Die Truppe hat Fans in mehreren Generationen. Das hängt wohl damit zusammen, dass Soul – im Sinne des Erlebens einer schweißtreibenden Bühnenshow – wieder ziemlich in ist. Die Phase des Neo-Souls der Neunziger hatte dagegen zu viele synthetische Acts geboten. Die Popularität von Soul-MusikerInnen wie Sharon Jones nach der Jahrtausendwende mag dies mit belegen. Aber auch wenn Bandleader Emilio Castillo seine Band immer als Soul Band bezeichnet, überwiegen eigentlich Elemente des Old School Funk und jazzige Improvisationen.
Die Gruppe aus Oakland, California hat auch in Deutschland einen äußerst treuen Fankreis. Bei vielen Veranstaltern zählt sie zu den Topacts mit Ausverkaufsgarantie. Das hängt auch mit ihrem Image als Institution des Funk und Soul zusammen. Tatsächlich funktioniert die Band wie eine „Schule“, denn schon über 60 Musiker waren in der Besetzung und erspielten sich dort ihr Renommee. Außerdem erscheint die Truppe gerade in Deutschland als die noch intakteste Brass Band aus der goldenen Zeit, in der Gruppen wie Earth, Wind & Fire oder Blood, Sweat & Tears Triumphe feierten.
In Mainz bekam man nun geboten, was man erwarten durfte: Knallharter Funk, ein bisschen Gospel und extrem tanzbare Grooves. Neu ist dagegen der farbige Sänger Ray Greene. Erst seit knapp einem Jahr dabei, ist er eindeutig ein Gewinn. Er beherrscht die Dramaturgie eines guten Soul-Konzerts, geht in die Knie bei den leisen Stellen oder um zu flirten und explodiert dann plötzlich für den Uptempo-Teil. Greene sucht das Publikum, schmachtet die Schönheiten in der ersten Reihe an, nimmt sich sogar mal das Handy einer Zuschauerin und improvisiert dann singend ein mehrminütiges Telefonat mit deren „Freund“ im Predigerstil, was natürlich Begeisterung auslöste. Er macht lange Pausen, in denen Zuschauer schon eine Weile applaudieren, und lässt dann das Stück noch mal losgehen und sei es zur Not noch ein drittes Mal. Aber er vermittelt sich nicht als der Star mit einer Band im Hintergrund. Deshalb zeigt er weder eine übertriebene Tanzshow noch entsprechendes Bühnenoutfit. Er ist eben nur ein Mitglied der Band.
Und dann kam der Part auf den alle warteten: „Diggin‘ On James Brown“. Der Geist des erst vor kurzem mit einem Film gewürdigten Godfathers of Soul schwebt ja generell über einem Konzert von Tower Of Power. Ihr Medley von durch Mr. Dynamite beeinflussten Stücken lässt aber tatsächlich den Eindruck zu, dies sei die bis heute beste James Brown-Show ohne James Brown. Und so tragen Tower Of Power diese Fackel weiter.


Hans-Jürgen Lenhart



 << 
Zurück zur Artikelübersicht
 >>