Musik an sich


Reviews
Pergolesi, G. B. (Jaroussky/Lezhneva)

Stabat Mater


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 4.11.2013

(Erato / Warner / CD / 2013 / Best. Nr. 5099931914727)

Gesamtspielzeit: 71:00

Internet:

Philippe Jaroussky
Julia Lezhneva



NICHT VON DIESER WELT

Wie die perfekte Synthese aller guten Seiten der bisherigen Lesarten von Pergolesis Stabat Mater erscheint diese Neueinspielung: Sie ist nicht opernhaft, betont aber dennoch das psychologisch-persönliche Moment in einer epochenmäßig vorausschauenden Weise. Sie besticht durch feinste Verzierungen, die aber kein nutzloser Zierrat sondern gestalterisches Element sind. Sie ist rhetorisch und ergreifend, aber nicht effekthascherisch. Und sie balanciert mit größter Sicherheit zwischen den Polen von andächtiger Innigkeit und expressiver Stärke.

Das an sich wäre Grund genug, von einer Ausnahmeproduktion zu sprechen, doch zum Ereignis machen die CD erst die ungewöhnlichen Stimmfarben der beiden Solisten: Die junge Sopranistin Julia Lezhneva verfügt bei größter Intonationssicherheit über ein knabenhaftes, häufig betont naiv eingesetztes Timbre, das in den Duetten ihren Gesang mit Jarousskys farblich oft ins Feminine tendierenden Counterstimme amalgamieren lässt. Wer ist wer? Wer ist Mann, wer ist Frau? Letztlich wird beides eins und man kann dies hier durchaus musikalische Metapher für die heilsgeschichtliche Nähe von Mutter und Sohn begreifen. Das dem Gesang damit zugleich etwas Unwirkliches, Jenseitiges anhaftet, verstärkt diesen Eindruck naturgemäß noch einmal und ermöglicht ein kaum je gekanntes Eintauchen in diese so intensive Musik. Das Orchester begleitet dabei idiomatisch und punktgenau, aber eben auch mit einer Geschmeidigkeit, die sich ideal zum sängerischen Ansatz fügt.

Die beiden weiteren Stücke zeigen Pergolesi von einer anderen, heiteren Seite, wobei gerade die chorischen Passagen bisweilen einen Zug ins übersteigert-hysterische besitzen. Chor und Solisten arbeiten diese dramatischen Zuspitzungen, aber auch die melodisch sich verströmenden Ruhepunkte der beiden Psalmvertonungen sehr schön heraus.

Wer das Ganze live erleben möchte: Das Stbata Mater gelangt in gleicher Besetzung am 15.1. in der Philharmonie Essen und am 17.1. im Festspielhaus Baden-Baden zur Aufführung.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-12 Stabat Mater 36:31
13-19 Laudate pueri Dominum 18:05
20-26 Confitebor tibi Domine 16:39
Besetzung

Philippe Jaroussky: Countertenor
Julia Lezhneva: Sopran

Coro della Radiotelevisione svizzera
I Barocchisti
Diego Fasolis: Ltg.


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