Musik an sich


Reviews
Hans Theessink & Terry Evans

Delta Time


Info
Musikrichtung: Delta Blues

VÖ: 21.9.2012

(Blue Groove/ in-akustik)

Gesamtspielzeit: 58:23

Internet:

http://www.theessink.com
http://www.terryevansmusic.com/


Akustischer Blues führt in der Welt der populären Musik heutzutage fast ein exotisches Dasein, auch im Vergleich zum elektrischen Blues. Und dies, obwohl genau dieser Blues doch die Grundlage jedweder Popmusik usw. ist. Doch bei genauer Betrachtung ist diese Art Blues kein erstarrter Stil wie vielleicht – man möge es verzeihen – Dixieland, sondern hier wird durchaus noch Einiges versucht, was über die Traditionspflege hinaus geht. Hans Theessink gelang es in Österreich damit so etwas wie ein kleiner Superstar zu werden. Und Terry Evans, genialer einstiger Backgroundsänger von Ry Cooder, hat schon öfters mit Theessink zusammen gearbeitet und meist zum Nutzen beider. Zur Freude aller sind sein früherer Kollege Willie Greene jr. sowie Arnold McCuller mit dabei und Meister Ry Cooder bei drei Stücken ebenso. Theessink hat, so scheint’s, großes Renommee in dieser Blues-Welt, weil er es schafft, den akustischen Blues zu veredeln. Zum Beispiel setzte er auf vielen seiner Alben einen südafrikanischen Backgroundchor ein. Außerdem weiß er, den Blues sehr dezent und sensibel zu präsentieren. Er legt keinen Wert auf virtuose Selbstdarstellung, bleibt oft nur beim Grundschema und legt das Hauptmerk auf die Atmosphäre seiner Musik. Auf diesem Album spielt er groovenden Delta Blues, bei dem man die Hitze und Schwüle der Südstaaten fast körperlich spürt. Das heißt hier: Es gibt keine Bewegung zu viel und das metronomartige Footstomping wird auf Dauerbetrieb gestellt.
Mit der Kooperation mit Terry Evans und seinen Gesangskollegen überträgt Thessink etwas das Konzept seines südafrikanischen Backgroundchors auf eine eher amerikanische Blues-Einspielung. Theessink überlässt Evans dabei überraschend viel Anteil. Das Konzept des Albums wird beim Klassiker „Blues Stay Away From Me“ klar. Das ist ursprünglich eine äußerst sentimentale Countrynummer, die z. B. schon Asleep at the Wheel honigsüß intonierten. Es wird hier zu einer Art Flüsterballade, damit aber dem Blues wieder einverleibt. Die sparsam gespielte Gitarre flackert oft nur zwischendurch auf, das Footstomping ist die eigentliche Musik, auf der sich Theessinks Brummelgesang und Evans vom Gospel beeinflusstes Jauchzen entfalten. Intensität durch Reduktion als Musterbeispiel sollte man sagen. Lediglich das kindliche „The Birds And The Bees“ ragt unangenehm heraus, ist aber der Tatsache geschuldet, dass Terry Evans vor 50 Jahren bei der Band The Turnarounds hiermit sein erstes Profigeld verdiente. Auch „Down In Missississppi“, bekannt aus einer Filmmusik von Ry Cooder, der das damals eher krachig einspielte, wird es zu einer dahin gehauchten Bluesballade. Hier fehlt nun mal das Schlagzeug, da muss das eben anders klingen. Theessink geht es durchaus auch darum, diese Musik in jeder kleinen Kneipe ohne große Abstriche spielen zu können. Hier bin ich, gleich spiel ich! So ist er einzuschätzen. Wir kennen alle die Momente in Konzerten, wo es so leise wird, dass man eine Stecknadel fallen hören kann, wo aber das Publikum auch völlig alleine weiter den Beat klatscht. Diese Momente gibt es hier am Fließband.
Das zehnminütige, endlos groovende „Missississippi“ am Schluss ist schließlich eine Hommage an die großen Blueser der Geschichte. Da jubilieren alle und hauen auch mal rein wie bei den alten, knackigen Ry Cooder-Stücken.



Hans-Jürgen Lenhart



Trackliste
1• Delta Time (3:26)
2 • Blues Stay Away from Me (4:35)
3 • It Hurts Me Too (3:29)
4 • How Come People Act Like That (2:55)
5 • The Birds and the Bees (2:43)
6 • Build Myself a Home (2:48)
7 • Down in Mississippi 8:54 Nur Album
8 • Shelter from the Storm (5:44)
9 • Heavens's Airplane (2:06)
10 • I Need Money (3:02)
11 • Pouring Water on a Drowning Man (4:40)
12 • Honest I Do (3:46)
13 • Mississippi (10:10)
Besetzung

Hans Theessink: voc, ac-g, mand, bj, harm, footstomping
Terry Evans: voc, ac-g
Ry Cooder: git
Willie Greene jr., Arnold McCuller: voc


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