Musik an sich


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Grosses geleistet: Beringer und die Windsbacher auf Tournee mit Brahms´ Requiem




Info
Künstler: Windsbacher Knabenchor

Zeit: 07.11.2010

Ort: Philharmonie Essen

Fotograf: Mila Pavan/Philharmonie Essen

Internet:
Windsbacher Knabenchor

Gleichsam aus entrückter Sphäre erhob sich der Einsatz des Chores „Selig sind, die da Leid tragen“, der wie ein Motto über Johannes Brahms´ Deutschem Requiem steht. Schon in diesem Moment zeigte sich die außergewöhnliche Qualität des Windsbacher Knabenchores, der das Werk in der Essener Philharmonie zu Gehör brachte und die Zuhörer von Beginn an in seinen Bann schlug: Äußerste Präzision, ein homogener und trotz der Vielzahl der Sänger transparenter Klang und eine klare Artikulation zeichneten den Chor auch bei diesem Konzert aus. Und so vermochte er das wunderbare Hörerlebnis, welches die (soeben bei Sony Classical neu aufgelegte) CD-Einspielung vermittelte (vgl. MAS-Review) auch live zu reproduzieren. Man darf dies als Beweis für die stabile Klangkultur der Windsbacher nehmen, die ungeachtet der naturgemäß hohen Fluktuation im Chor durch den Ende 2011 aus dem Amt scheidenden Leiter Karl-Friedrich Beringer gewährleistet wurde.

Unter seiner Hand durchschritt der Chor das Farb- und Ausdrucksspektrum des Werkes konsequent und nuanciert. Ein geradezu magischer Moment gelang im zweiten Satz „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“, bei dem es Beringer verstand, in der zweiten Wiederholung dieser Textzeile, den wuchtigen Einsatz des Chores trotz allen Volumens fast vollständig zu entfärben, so dass der Tod fahl, unbarmherzig und gleichsam mit apokalyptischer Kraft gezeichnet wurde. Ganz anders dann der triumphale Klang beim aufstrahlendem „Aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit“ und der sich anschließende Fuge.

Sehr eindringlich und mit angemessener Emphase gestaltete Alexander Marco-Buhrmester die Baritonpassagen in "Herr, lehre doch mich" und "Denn wir haben hier keine bleibende Statt". Christiane Oelze absolvierte ihren schwierigen Part recht druckvoll und mit einer opernhaften Tendenz.

Mit dem Deutschen Symphonieorchester Berlin stand dem Chor ein aus langer Zusammenarbeit bestens vertrautes Orchester zur Seite, das Beringers Interpretationsansatz ideal umsetzte und bei aller Klangstärke stets das Gleichgewicht zum Chor zu halten verstand. Besondere Erwähnung verdienen die tadellosen Blechbläser.

Langanhaltender Applaus belohnte die Ausführenden für dieses eindrucksvolle Konzerterlebnis und wurde seinerseits mit einer passenden Zugabe des Chores honoriert, der Johann Rosenmüllers Chorsatz „Welt ade, ich bin dein müde“ vortrug.
Man darf gespannt sein, welche Entwicklung die Windsbacher unter neuer Leitung nehmen werden. Fest steht nur: Der Nachfolger, der gerade gesucht wird, tritt in furchterregend große Fußstapfen.


Sven Kerkhoff



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