Musik an sich


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Bach, J. S. (Suzuki)

Messe in H-Moll BWV 232


Info
Musikrichtung: Barock Messe

VÖ: 25.09.2007

BIS / Klassik Center Kassel
2 SACD hybrid (AD 2006) Best. Nr. 1701/02


Gesamtspielzeit: 107:31



WINKELMANN-KLASSIZISMUS

Bei dieser Einspielung der H-Moll-Messe von J. S. Bach erweist sich Masaaki Suzuki, der Leiter des Bach Collegium Japans, gewissermaßen als der Winkelmann-Klassizist der historisch informierten Aufführungspraxis. So ebenmäßig und, trotz erlesener Klangkultur, leider insgesamt auch sehr spannungsarm klingt Bachs opus ultimum unter seiner Leitung.
Das Cover-Motiv mit seinem digital ausgeblichenen Kreuzgang charakterisiert die Produktion daher ganz gut. Mit der Präzision und Makellosigkeit der dort abgebildeten Säulen und Gewölbe wird auch der Notentext umgesetzt. Aber daraus ergibt sich noch keine Interpretation, die dem Ausdrucksgehalt der Musik gerecht wird.
Das Problem sind nicht die (an sich durchaus stimmigen) Tempi und das deutliche Legato, sondern der Verzicht auf eine ausreichende Binnendifferenzierung, die sich nur durch eine entsprechend lebendige Phrasierung und Artikulation bzw. rhythmische Freiheiten gewinnen lässt. Es klingt schön, es klingt fromm. Aber reicht das?
So zieht der vielstimmige Holzbläser-Einsatz nach dem eröffnenden Kyrie Fäden, das Gratias tritt auf der Stelle. Steigerungs-Sequenzen im Cum Sancto Spirito ereignen sich mit uhrwerkartiger Präzision, ohne dass man weiß, wohin sie zielen. Zwar hat man das Naturhornsolo im vorausgehenden Qui tollis selten so perfekt gehört. Aber man könnte meinen, dass es von einer Maschine gespielt wird. Und das bei einem Barockinstrument! Erst beim Sanctus werden die interpretatorischen Fesseln gelöst, kann sich die Musik klangprächtig und ausdrucksintensiv entfalten. Trotz der bewährten Solisten: Diese Produktion ist keine wirkliche Alternative.



Georg Henkel



Besetzung

Carolyn Sampson, Rachel Nichols – Sopran
Robin Blaze – Altus
Gerd Türk – Tenor
Peter Kooij – Bass

Bach Collegium Japan

Ltg. Masaaki Suzuki


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