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Reviews
Beethoven, L. v. (Artemis Quartett)

Streichquartette op. 95 & 59,1 (Nr. 7 & 11)


Info
Musikrichtung: Streichquartett

VÖ: 14.10.2005

Virgin / EMI
CD (AD DDD 2005) / Best. Nr. 7243 5 45738 2 8


Gesamtspielzeit: 57:36



SCHMELZOFEN

Gleich die ersten Takten katapultieren den Hörer in ein musikalisches Geschehen, das unter steter Hochspannung steht: Ludwig van Beethoven hat mit seinem Streichquartett Nr. 11 ein hochkonzentriertes Stück Kammermusik vorgelegt, das mit sprunghaften Gesten, unerwarteter Attacke und trügerischen Ruhepunkten auch heutige avantgardeverwöhnte Ohren befriedigt. Vor allem dann, wenn das Artemis Quartett an den Pulten sitzt. Die jungen Musiker/innen nehmen die extremen Metronomangaben des Komponisten ernst und verstehen es überdies, den Klang mit so noch nicht gehörter Plastizität zu formen. Durch ihre ebenso energiegeladene wie ausgefeilte Interpretation verleihen die vier Spieler/innen dem Werk einen schon fast sinfonischen Atem. Wie schon bei der Aufnahme der beiden Streichquartette György Ligetis (ebenfalls Virign) besticht die Fähigkeit zur extremen klangfarblichen und dynamischen Differenzierung, ohne dass sich das Ensemble in Klang-Basteleien verliert.

Von dieser Konturenschärfe profitiert auch das verwickelte Innenleben des 7. Streichquartetts. Beethoven hat neben technischen und klanglichen Neuerungen die thematische Arbeit auf alle vier Sätze ausgedehnt. Dabei demonstriert er unter anderem, wie man selbst aus einer fast schon verstolperten Tonwiederholung zu Beginn des 2. Satzes großdimensionierte musikalische Formen erzeugt. Das Scherzhafte gerät bei ihm freilich niemals zum albernen Gag, und so besitzt der Humor dieses Satzes auch beim Artemis Quartett eine hintergründige, fast verstörende Note: ein irritierendes Gegenstück zum geschmeidigen Gewebe des 1. Satzes, der die motivischen Entwicklungen organisch aus sich hervortreibt wie eine Pflanze Blüten und Blätter.
Die Poesie dieses dem Fürsten Razumowsky gewidmeten Werks erschöpft sich in dieser Einspielung auch nicht nach oftmaligem Anhören. Freudiges Staunen darüber, wie ein solcher klingender Organismus möglich ist. Das ist eigentlich das Beste, was einem mit Musik passieren kann. Beethoven und den Artemis-Leuten sei Dank! Fortsetzung folgt!



Georg Henkel



Trackliste
01-04 Streichquartett Nr. 11, Op. 95 „Quartetto Serioso“
05-08 Streichquartett Nr.7 Op. 59, Nr. 1 „Razumowsky“
Besetzung

Natalie Prischepenko – Heime Müller (Violinen)
Volker Jacobsen (Viola)
Eckhart Runge (Cello)



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