Musik an sich


 
Inhalt
News
Reviews
Leserbriefe
Links
Impressum
 
Musik an sich
 
Hans Söllner - Bayaman´ System Babylon
(Trikont/Indigo)
Bayerischer Reggae

 

Ich mag Hans Söllner schon seit langem. Seit der Doppel-Live-CD "Bayaman´ System Babylon" liebe ich ihn. Exakt 25 Jahre (Zufall??) nach dem ersten Live-Album von Reggaekönig Bob Marley veröffentlicht Söllner nun ein Doppellive-Album, dass die Reggae-Vibes so authentisch rüber bringt, wie ich es bislang bei keiner (deutschen) Band gehört habe.

110 Minuten toastet uns skankt Söllner durch ein Programm, das absolut nicht dahin passt, wo es aufgenommen wurde. "Diese CD sollte in Jamaika aufgenommen werden," heißt es dementsprechend im Booklet. Entstanden ist sie dennoch in den deutschen Alpen. Wo kommt dieses karibische Feeling her? Liegt es an der multikuturellen Band, die Söllner preist, als er sie vorstellt? Wohl kaum. Die einzigen AfrikanerInnen auf der Bühne sind die Sängerinnen, die gelegentlich etwas dünn agieren und daher die einzigen sind, die manchmal etwas "deutsch" klingen. Alle anderen kommen aus... Österreich. Nur Söllner selber nicht. Der ist Bayer.

Wo also kommt das Karibische her? Selbst der Drogen(miss)brauch, den Söllner sonst zumindest im Blick auf Cannabis lobt (und verharmlost), ist diesmal nicht einmal ein Randthema.

"Get up stand up. Fight for your Rights" - so hieß es anno 1976 bei Marley. "Steh halt auf, wenn dir irgendwos nit passt," übersetzt es der "Rebell von Reichenhall" 25 Jahre später ins Bayerische. Wahrscheinlich liegt hier der Hase im Pfeffer. Söllner tritt nach oben, bleibt der liebenswerte Anarcho, der sich ums Verrecken in nichts einfügt - übrigens auch nicht in die Klischees vom Steine schmeißenden, immer coolen Anarcho. Dazu passen seine sensiblen natur- und kinderliebenden Songs nicht, die sich auf der aktuellen Live-CD allerdings auch nicht finden.

Fast zwangsläufig ist der größte Söllner-Fan ein gewisser Beckstein, bayerischer Rechtsaußen-, pardon Innenminister. So ein Mann hat natürlich nur selten Zeit selber ein Söllner-Konzert zu besuchen. Aber hat ja seine Leute - und die sind garantiert bei jedem Konzert dabei, und erzählen ihrem Minister alles, was sie dort erlebt haben. Und hat der Minister mal was richtig verstanden, gibt´s sofort Fanpost - meist in Form von Strafbefehlen und Unterlassungsklagen. Eine Kostprobe? Da erzählt Söllner "vom großen schwarzen Vogel, der über Bayern die Scheißerei bekam - und plötzlich war Beckstein da." Dazu wurde Beckstein als schwarzer Vogel der ständig "Ausweisen" krächzt dargestellt.

Ob´s für die CD wieder Fanpost gibt? Obwohl die CD vom Ton her für Söllner recht gemäßigt ist, ist Anlass dafür möglicherweise vorhanden. "Früher haben se Hitler gehoaßen Himmler. Wißt ihr´s no, hah? Heute hoaßen´s Beckstein, Haider." heißt es in "Mei Angst". Für solche Vergleiche (Polizei, SA, SS, GSG9 und BGS) haben auch Slime schon mal die Hucke voll bekommen. Also besorgt Euch die ehrlichste deutsche Reggae-CD bevor die Rillen eingeschwärzt werden müssen.

Norbert von Fransecky

20 von 20 Punkte

www.soellner-hans.com
 

Inhalt | Impressum | Links | News | Reviews | Leserbriefe
zur Homepage | eMail Abo bestellen | Download aktuelle Ausgabe