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Reviews
Nosliw

Mittendrin


Info
Musikrichtung: Reggae

VÖ: 11.10.2004

(Downbeat / Warner)

Gesamtspielzeit: 70:59

Internet:

http://www.nosliw.de


Keine Reggae-Scheibe wurde in Deutschland mit größerer Spannung erwartet als Mittendrin. Immerhin hatte es Nosliw im vergangenen Jahr geschafft, die deutschen Reggae-Polls von hinten aufzurollen ohne eine Platte oder gar einen Plattenvertrag in den Hände zu haben. Ein durchschlagender Erfolg von Mittendrin könnte völlig neue Zeiten für den deutschsprachigen Reggae bedeuten – und zwar diesmal für „richtigen“ traditionellen Reggae und nicht für die „vom HipHop gesponserten“ Acts wie Seeed oder Jan Delay.

Eine Traditionslinie, die man bei Nosliw immer wieder beobachten kann, heißt Bob Marley. Das gilt für die Musik (“Geht es uns an“, „Manchmal“, „Es ist an der Zeit“, …) genau wie für die Texte. Nsoliw redet Klartext, thematisiert die Schattenseiten unseres Wirtschaftssystems, die Folgen eines egoistischen Materialismus und die Trägheit der Menschen etwas dagegen zu tun. Dabei fällt auch schon mal das Wort „Babylon“. Aber – und das zeichnet die Texte Nosliws positiv aus – er verfällt nicht in einen Rastafari-Slang, dessen aufgeladener Symbolismus in Deutschland bestenfalls von
Theologiestundenten und einem kleinem Insiderkreis verstanden werden könnte.

Neben politischen Texten, gibt es Liebeslieder an Frauen (“Königin“) und die Musik (“Musik“) oder auch Songs, in denen der Reagge-Fan für seine Szene wirbt (“Alarm“). In “Gar nicht so mies“ gelingt es in kritische Selbstdistanz zu gehen und darüber zu reflektieren, dass es dem deutschen Reggae-Artist im Vergleich noch recht gut geht. Das Ergebnis ist eine Art unsentimentale Umsetzung des uralten Schlagers “Danke“ für das 21. Jahrhundert.

Ein Marley-Duplikat ist Nosliw aber keineswegs. Elegante, leicht swingende und poppige Töne begegnen bei ihm immer wieder. Gelegentlich wird die musikalische Sphäre von Pur & Co etwas zu heftig gestreift und der weiße Reggae-Sound wirkt seicht und belanglos. Besonders heftig in dem Liebeslied “All das sag ich dir“ und dem Muttersong “Tag für Tag“.

So wirkt sich Nosliws Abnabelung von den großen Vorbildern ambivalent aus. Auf der einen Seite gibt sie ihm Charakter und Eigenständigkeit – und auch ein größere stilistische Bandbreite und damit Abwechslung. Auf der anderen Seite fehlt den weicher vorgetragenen Titeln das Feuer, das sie bei Marley zu dem scharfen Schwert gegen Babylon geschmiedet hat.

Fazit: Mittendrin klingt in Text und Musik authentisch und ist damit ein faszinierender Beweis dafür, dass der Reggae in Deutschland ein Stück heimischer geworden ist. Diese Qualität wurde von deutschem Reggae wohl tatsächlich noch nie erreicht. Nosliw ist mit dieser Scheibe „mittendrin“ auf dem Weg zum Überflieger. Ich erwarte den Nachfolger mit mindestens so großer Neugier wie die Community auf diese Debüt gewartet hat.

Anspieltipps: “Geht es uns an“, „Alarm“, „Königin“, „Manchmal“



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Geht es uns an 4:07
2Musik 4:01
3Königin (feat. Max Herre) 3:52
4Yes 3:13
5Manchmal 4:13
6Wie weit 4:13
7Gar nicht so mies 3:56
8Alarm (Director's Cut) 2:56
9Neben dir 2:43
10Alles wird gut 3:50
11Es ist an der Zeit 5:28
12All das sag' ich dir (feat. Vanessa Mason) 5:39
13Begegnungen (feat. Nattyflo) 3:38
14Tag für Tag 4:24
15Nur dabei 4:34
16Ich geb' nicht auf 4:38

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