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Christafari

Gravity


Info
Musikrichtung: Reggae

VÖ: 10.07.2003

(Lion of Zion Entertainment / Gerth Medien)

Internet:

www.christafari.com


Das hätte ich der Scheibe nach dem ersten Durchlauf gar nicht zugetraut. Aber Gravity ist tatsächlich eine CD, der es gelingt mit der Zeit zu wachsen, indem sie immer neue Feinheiten und musikalische Spielereien enthüllt. Der etwas schlichte erste Eindruck ist also nur eine subtile Art von Understatement. Er lies mich das vorschnelle Urteil "deutlich verwässerter Reggae" ins Diktiergerät lallen, dem anfangs nur das kräftig in die Reggae-Kiste greifende "Hypocritical System" entging.

Aber schon der erste Track, der mich gleich mit diesem Eindruck erfüllt hatte, schmeichelt dem Ohr bei jedem weiteren Mal mit einer ungeheuer entspannten Mischung zwischen Easy Listening und Reggae. Und dann tauchen da plötzlich noch richtig schöne jazzige Saxophone auf, die sich direkt von einer Crusaders-CD verlaufen haben könnten. "Hiding Place" setzt gleich nacheinander Trompeten, Pianos und Saxophone ein, um den erwähnten Effekt zu erzielen.

Ein erstes Highlight ist der "Lion of Zion" zumindest wenn man sich an die gewöhnungsbedürftige Stimme akklimatisiert hat. Der Track ist übrigens nicht identisch mit dem Bob Marley-Song, der vor einigen Jahren posthum veröffentlicht zum Smash-Hit wurde. Auch inhaltlich haben Christafri nicht viel mit Marley zu tun. Die revolutionäre Attitüde der Rastas, die sich für die Rechte der Schwarzen und den Kampf gegen die "babylonische" Weltordnung einsetzt - und dabei auch klare politische Visionen hat, findet man bei den Reggae-Christen nicht. Der Glaube artikuliert sich bei ihnen konservativ im Wesentlichen auf das Seelenheil bezogen. Dabei sind die Texte interessant gebaut Die Band benutzt nicht ein einziges eigenes Wort, sondern setzt die Texte Satz für Satz ausschliesslich aus Bibelzitaten zusammen.

Im weitern Verlauf gibt es wunderbar chillige Nummern, wie "Visions of the Father", das gleich noch in einer instrumentalen Dub-Version wiederholt wird, tanzbare Nummern, wie "Colossians 3:16", das mit orientalischen Elementen arbeitet (passend: Das antike Kolossä lag schliesslich im Westen der heutigen Türkei), aber auch langweilende Ausfälle wie "Rest my Soul". Da hilft es auch nicht, dass der Song mächtig bei Althia & Donnas Klassiker "Uptown top ranking" klaut.

Mein Lob für eine abwechslungsreiche sehr entspannende Reggae-Scheibe mit vielen kleinen versteckten Bonbons bliebt bestehen. Allerdings muß ich zugeben, dass ich bei einer Spielzeit von über 70 Minuten den einen oder anderen Tritt aufs Gaspedal gut vertragen hätte.



Norbert von Fransecky





Trackliste
1 Cannot hide (4:02)
2 Guiltiness (1:00) Intro
3 Hiding Pace (4:45)
4 Lion of Zion (5:00)
5 Gravity (4:32)
6 For the Record (0:17) Intro
7 Visions of the Father (4:39)
8 Dub of the Father (2:43)
9 Rest my Soul (4:10)
10 Rise and shine (0:09) Intro
11 Here comes the Morning (4:02)
12 This is the Day (0:42) Outro
13 Colossians 3:16 (5:09)
14 Kingdoms in Conflict (4:01)
15 The Telephone Game (0:50) Intro
16 Hypocritical System (5:54)
17 On a personal Note... (0:21) Intro
18 Broken-down Communication (4:26)
19 Arise (3:11)
20 Channel Surfing (0:30) Intro
21 Only Way (5:17)
22 My Sustenance (6:14)

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